Finanzen

Lira sackt ab: Türkische Notenbank tastet Leitzinsen nicht an

Die türkische Zentralbank hat die Leitzinsen trotz einer starken Inflation nicht angetastet.
24.07.2018 13:29
Lesezeit: 1 min

Die türkische Notenbank hat überraschend ihre Leitzinsen unverändert gelassen. Der geldpolitische Schlüsselsatz bleibe bei 17,75 Prozent, teilten die Währungshüter am Dienstag mit.

Die türkische Landeswährung Lira verlor daraufhin umgehend an Wert. Der Dollar verteuerte sich zeitweise um 3,7 Prozent auf 4,9133 Lira. Seit Jahresbeginn büßte die Lira damit fast 23 Prozent ein, auf Sicht der vergangenen 12 Monate rund 36 Prozent.

Zum Euro gab es sogar Verluste von rund 4,3 Prozent auf fast 5,80 Lira. Vor 12 Monaten lag der Wechselkurs noch bei rund 4,20 Lira.

Volkswirte hatten mit einer Anhebung der Zinsen gerechnet, nachdem die Inflation zuletzt im Juni mit etwa 15,4 Prozent so hoch war wie seit 14 Jahren nicht mehr. Sie wird derzeit von der schwächelnden Landeswährung noch angeheizt. Recep Tayyip Erdogan hatte angekündigt, als Präsident eine stärkere Kontrolle über die Zentralbank ausüben zu wollen. Das schürte bei Investoren Sorgen, die Unabhängigkeit der Notenbank könnte in Gefahr geraten.

Der überraschende Verzicht der Zentralbank auf eine Zinserhöhung sendet Schockwellen durch die dortigen Börsen. Der Istanbuler Leitindex stürzte ab. Er steuerte mit einem Minus von mehr als fünf Prozent auf den größten Tagesverlust seit zwei Jahren zu.

Türkische Dollar-Staatsanleihen flogen ebenfalls in hohem Bogen aus den Depots. Dies Trieb die Rendite der bis 2030 laufenden Papiere binnen Minuten auf 7,436 von 7,178 Prozent. Die 2034 auslaufenden Titel rentierten bei 7,745 statt 7,474 Prozent.

"Zwar ist die Zentralbank nominell unabhängig, aber es ist unwahrscheinlich, dass diese Entscheidung nicht politisch beeinflusst wurde", sagte Paul McNamara, der beim Vermögensverwalter GAM Investments in London für Schwellenländer zuständig ist. Der Schaden durch eine schwächere Lira sei viel größer als es eine Zinsanhebung gewesen wäre. Devisenstratege Piotr Matys von der Rabobank sagte, der Beschluss sei angesichts der beschleunigten Inflation enttäuschend. Die Lira gerate damit wieder unter Verkaufsdruck.

Der türkische Finanzminister Berat Albayrak, ein Schwiegersohn des Präsidenten, kündigte am Dienstag entschlossene Schritte zur Bekämpfung der Inflation an. Maßnahmen seien bereits eingeleitet worden, teilte er nach einem Treffen mit Geschäftsleuten schriftlich mit.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Politik
Politik Warum sprechen diese Woche alle über Trumps „Big Beautiful Bill“?
01.07.2025

Es ist Trumps größtes Prestigeprojekt. Doch welche Vor- und Nachteile hat das Gesetzespaket, das am Freitag unterschriftsreif auf dem...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kernenergie-Aktien explodieren um 542 Prozent: Anleger warnen vor Blasenbildung
01.07.2025

Kernenergie-Aktien feiern ein spektakuläres Comeback – befeuert durch den steigenden Strombedarf für Rechenzentren. Die Branche erlebt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Svenska Digitaltolk: Dolmetscher-Gigant kauft KI-Unternehmen – Millionenumsatz prognostiziert
01.07.2025

Schwedens Dolmetscher-Gigant will Europas Übersetzungsmarkt aufrollen – mit KI, Millionenplänen und dem Griff nach Deutschland. Doch...

DWN
Politik
Politik Grenze zu – zumindest teilweise: Polen kontrolliert ab Montag
01.07.2025

Polen wird ab kommendem Montag vorübergehend wieder Grenzkontrollen an der Grenze zu Deutschland einführen. Das kündigte...

DWN
Politik
Politik Krankenkassen schlagen Alarm: Zusatzbeiträge könnten deutlich steigen
01.07.2025

Die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) warnen vor Druck zu neuen Beitragserhöhungen ohne eine rasche Bremse für steigende Kosten....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Thyssenkrupp-Umbau betrifft Tausende – Betriebsräte fordern Klarheit
01.07.2025

Angesichts weitreichender Umbaupläne bei Thyssenkrupp fordern die Beschäftigten klare Zusagen zur Zukunftssicherung. Betriebsräte pochen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Neues Werk für NATO-Kampfjet: Rheinmetall startet Produktion in NRW
01.07.2025

Der Rüstungskonzern Rheinmetall hat in Weeze (Nordrhein-Westfalen) eine hochmoderne Fertigungsanlage für Bauteile des Tarnkappenbombers...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Investitionsstau: Kaputte Straßen, marode Schulen – Kommunen am Limit
01.07.2025

Viele Städte und Gemeinden stehen finanziell mit dem Rücken zur Wand: Allein die Instandhaltung von Straßen, Schulen und...