Politik

Iran: Rial im freien Fall, Zentralbank will intervenieren

Der Verfall des Rials hat im Iran eine Immobilien-Krise ausgelöst. Die USA, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate wollen den Iran finanziell schwächen.
31.07.2018 17:16
Lesezeit: 3 min

Angesichts der drohenden Verhängung neuer US-Wirtschaftssanktionen gegen den Iran hat die iranische Währung weiter massiv an Wert verloren, berichtet die AFP. Der Rial fiel am Dienstag auf ein neues Tief und notierte bei 119.000 Rial zum Dollar. Damit büßte die Währung binnen zwei Tagen 18 Prozent ihres Wertes ein, nachdem der Rial am Sonntag erstmals die Schwelle von 100.000 Rial zum Dollar überschritten hatte. Seit Jahresbeginn hat die Währung fast zwei Drittel ihres Werts eingebüßt. Die Regierung von Präsident Hassan Ruhani ist seit Wochen im Krisenmodus und entschied vergangene Woche, den Zentralbankchef auszutauschen. Am Montag versprach die Zentralbank „in den kommenden Tagen” weitere Maßnahmen gegen den Kursverlust des Rial. Notenbankchef Valiollah Seif machte bereits im Januar 2018 internationale Spekulanten für den Absturz des Rials verantwortlich, so der englischsprachige Dienst von Reuters.

US-Präsident Donald Trump hatte im Mai beschlossen, aus dem internationalen Atomabkommen mit dem Iran auszusteigen, und neue Finanz- und Handelssanktionen zu verhängen. Diese sollen in zwei Schritten am 6. August und am 4. November in Kraft treten. Viele ausländische Firmen sind daher gezwungen, sich aus dem Iran zurückzuziehen. Die Zentralbank hatte im April versucht, einen festen Wechselkurs von 42.000 Rial zum Dollar einzuführen. Doch da viele Banken sich weigerten, ausländische Devisen zu diesem künstlich niedrigen Wechselkurs zu verkaufen, wichen viele Iraner auf den Schwarzmarkt aus. Im Juni lockerte die Zentralbank daher ihre Politik und gab gewissen Gruppen von Importeuren erleichterten Zugang zu Devisen.

Immobilien-Krise ausgelöst

Für den Iran kommt erschwerend hinzu, dass die Immobilienpreise drastisch ansteigen. Die Preise für Wohnimmobilien in Teheran sind in den vergangenen zwölf Monaten nach Angaben der Zentralbank im Teheran um 54,4 Prozent gestiegen, so Radio Farda, das ein Gemeinschaftsprojekt von Voice of America (VoA) und Radio Liberty ist. Radio Farda wörtlich: „In seinem jüngsten Bericht über den Wohnungsmarkt der Hauptstadt berichtete die Zentralbank, dass der Preis pro Quadratmeter für Wohneinheiten in Teheran im Vergleich zum Vorjahreszeitraum auf 69,7 Millionen Rial (etwa 1.600 US-Dollar) gestiegen sei.

Der am 26. Juli veröffentlichte Bericht weist darauf hin, dass die Immobilienpreise im Vergleich zum letzten iranischen Kalendermonat (22. Mai - 21. Juni) um 7,1 Prozent pro Quadratmeter gestiegen sind. Der signifikante Anstieg führte zu einem Rückgang der verkauften Wohneinheiten im iranischen Monat Tir (22. Juni bis 22. Juli) um 9,1 Prozent im Vergleich zum Vormonat Khordad (22. Mai - 21. Juni). Im gleichen Zeitraum wurden 13.500 Häuser in der ganzen Stadt verkauft, was einen Rückgang von neun Prozent ausmacht (...) Die Gründe für den gemeldeten Preisanstieg liegen vor allem darin, dass die Landeswährung gegenüber dem Dollar deutlich an Wert verloren hat. Dies hat viele Menschen dazu bewegt, in Immobilien zu investieren, um ihre Ersparnisse zu schützen (...) Dies kann Druck auf die mittleren und unteren Klassen ausüben, deren Einkommen sich nicht stark verbessert haben. Kürzlich berichtete Radio Farda, dass immer mehr Menschen gezwungen seien, in großen Städten in umgebauten Transportcontainern zu leben. Immobilien und Wohnungsbau sind eines der wichtigsten Segmente der iranischen Wirtschaft (...) Aber der Wohnungsmarkt selbst hängt von den Öleinnahmen des Iran und letztlich vom Wert des Rials ab.”

Im Februar 2018 führten iranische Sicherheitsbehörden in Zusammenarbeit mit dem iranischen Finanzministerium Razzien gegen Spekulanten durch. Dabei wurden 100 Devisenhändler festgenommen. Bankkonten mit Einlagen im Wert von umgerechnet 5,3 Milliarden Dollar wurden eingefroren, berichtet die Financial Times. Das Blatt wörtlich: „Das letzte Mal, dass die Behörden auf diese Weise gegen Devisenhändler vorgingen, war 2012, als der Iran mit lähmenden internationalen Sanktionen, einer grassierenden Inflation und einem Währungsverfall zu kämpfen hatte.”

Golf-Staaten und USA gegen den Iran

Im Juli meldete die US-Regierung einen „Schlag” gegen den iranischen Finanzsektor. Der englischsprachige Dienst von Reuters berichtet: „Die Vereinigten Staaten und die Vereinigten Arabischen Emirate haben ein Netzwerk zerschlagen, das illegale Gelder an den Iran weiterleitet, während Washington den Versuch unternimmt, den iranischen Handel und den Zugang zu harter Währung in der Region einzuschränken, sagte ein hochrangiger US-Beamter (...) ,Wir haben gemeinsam ein Währungsnetz gestört, das Millionen Dollar an die Quds-Truppe der Islamischen Revolutionsgarde des Irans überwiesen hat’, sagte Sigal Mandelker, Unterstaatssekretär für Terrorismus und Finanzen beim US-Finanzministerium. Sie sagte, dass das Netzwerk im Mai demontiert wurde. Der Devisenhandel habe das Finanzsystem der Vereinigten Arabischen Emirate genutzt, um Bargeld aus dem Iran zu transferieren und es in US-Dollar umzutauschen, damit die Gelder von den vom Iran unterstützten ,Proxy-Gruppen’ in der Region genutzt werden können (...) Anfang Juni gab die Zentralbank der Vereinigten Arabischen Emirate bekannt, dass sie den Betrieb von sieben Geldumtauschhäusern wegen nicht näher spezifizierter Verstöße gegen Geldwäschegesetze und andere Vorschriften eingeschränkt habe.”

Hochrangige anonyme US-Beamte sagten den Financial Times, dass die USA gemeinsam mit Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten nach „Hebelpunkten” suchen würden, um die finanziellen Möglichkeiten des Irans einzuschränken. „Aus unserer Sicht ist das großartig. Je mehr Konsequenzen mit der regionalen Präsenz des Iran verbunden sind, desto besser ist es. Das wollen wir erreichen”, so ein US-Beamter.

 

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Unternehmen
Unternehmen Lego rüstet auf: Wie der Spielzeugriese mit Industrie 4.0 zum globalen Produktionsvorbild werden will
24.04.2025

Mit KI, Robotik und strategischer Fertigung wird Lego zum heimlichen Vorbild europäischer Industrie – und setzt neue Standards in...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Drittes Jahr in Folge kein Wachstum – Habeck senkt Prognose
24.04.2025

Ein drittes Jahr ohne Wachstum, eine düstere Prognose und ein scheidender Minister, der den Stillstand verwaltet: Robert Habeck...

DWN
Politik
Politik Europa sitzt auf russischem Milliardenvermögen – doch es gibt ein Problem
24.04.2025

Europa sitzt auf eingefrorenem russischen Vermögen im Wert von 260 Milliarden Euro – ein gewaltiger Betrag, der den Wiederaufbau der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ifo-Geschäftsklima: Deutsche Unternehmen trotzen globalen Risiken
24.04.2025

Während weltweit wirtschaftliche Sorgen zunehmen, überrascht der Ifo-Index mit einem leichten Plus. Doch der Aufschwung ist fragil: Zwar...

DWN
Finanzen
Finanzen Aktive ETFs: Wie US-Finanzriesen Europa erobern und was das für Anleger heißt
24.04.2025

Amerikanische Vermögensverwalter drängen verstärkt auf den europäischen Markt für aktiv gemanagte ETFs, da hier im Vergleich zu den...

DWN
Politik
Politik Meloni wird Trumps Brücke nach Europa
24.04.2025

Giorgia Meloni etabliert sich als bevorzugte Gesprächspartnerin Donald Trumps – und verschiebt das diplomatische Gleichgewicht in Europa.

DWN
Politik
Politik Rot-Grüner Koalitionsvertrag für Hamburg steht
24.04.2025

SPD und Grüne wollen in Hamburg weiter gemeinsam regieren – trotz veränderter Mehrheitsverhältnisse. Der neue Koalitionsvertrag steht,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Warum irische Firmen im deutschen Green-Tech-Boom Milliardenwachstum anstreben
24.04.2025

Irlands Green-Tech-Firmen erobern den deutschen Markt – mit strategischem Fokus auf Energie, Infrastruktur und Digitalisierung.