Politik

VW-Chef Diess: Elektro-Autos werden mit Braunkohle fahren

Volkswagen-Chef Diess sieht in der Debatte um die Einführung von Elektro-Autos absurde Tendenzen.
16.10.2018 12:51
Lesezeit: 2 min

Volkswagen-Chef Herbert Diess hält laut Reuters den erwünscht hohen Anteil an Elektroautos in Deutschland für problematisch für die Umwelt, weil der für den Antrieb benötigte Strom die Umweltbilanz eher verschlechtere als verbessere. "Mit ungefähr noch 600 Gramm CO2 in der erzeugten Kilowattstunde Strom rangieren wir im hinteren Mittelfeld in Europa", sagte Diess am Dienstag auf einer VW-Veranstaltung in Wolfsburg laut Redetext. "Und ich sehe derzeit nicht, wie wir bis 2030 unsere Primärenergie CO2-frei bekommen wollen." Gelinge dies nicht, "fahren wir eben anstatt mit Benzin oder Diesel im Prinzip mit Kohle, auch wenn wir elektrisch unterwegs sind, schlimmstenfalls sogar mit Braunkohle", betonte der VW-Chef. "Das treibt die Idee der Elektromobilität ad absurdum!" Dann blieben die CO2-Emissionen in Deutschland gleich hoch wie heute oder stiegen sogar, obwohl in den Strukturwandel hin zur E-Mobilität Milliarden geflossen seien.

Dies mache ihm Sorgen, "nicht unbedingt die Tatsache, dass die Wertschöpfungstiefe bei E-Fahrzeugen geringer ist und somit weniger Personen benötigt werden, um die E-Autos herzustellen." Allen sei klar, "dass der Strukturwandel dazu führt, dass es weniger Arbeitsplätze in der Automobilindustrie in Deutschland geben wird", sagte Diess. Der VW-Chef hatte bereits in der vergangenen Woche vor massiven Jobverlusten wegen der neuen CO2-Grenzwerte gewarnt. In gut zehn Jahren müsse so "etwa ein Viertel der Jobs in unseren Werken wegfallen", insgesamt etwa 100.000 Stellen.

Auch das neue Abgas-Testverfahren WLTP bringe die Industrie "an den Rand Ihrer Leistungsfähigkeit". Diess kritisierte erneut die sich abzeichnenden strengeren EU-Abgasgrenzwerte. "Der jetzige Feldzug gegen die individuelle Mobilität und damit gegen das Auto nimmt jedoch existenzbedrohende Ausmaße an." Er denke dabei "an die beinahe hysterische Stickoxiddiskussion um wenige Problemzonen in unseren Städten, die sich in den nächsten Jahren fast von selbst auflösen werden", oder an die neuen CO2-Grenzwerte, die derzeit in Berlin und Brüssel verhandelt werden, "und die den Automarkt vollständig revolutionieren werden".

Die deutsche Autoindustrie könnte nach Ansicht von Diess in den kommenden Jahren ihre Spitzenposition am Weltmarkt verlieren. "Aus heutiger Sicht stehen die Chancen vielleicht bei 50:50, dass die deutsche Automobilindustrie in zehn Jahren noch zur Weltspitze gehört", sagte Diess. Die Herausforderungen seien enorm, sagte der Manager. Er nannte den Handelskrieg zwischen den USA und China, den Brexit sowie die Beziehungen zu Russland und der Türkei.

Diess betonte, er habe keine Angst vor dem Strukturwandel. Er halte es auch für falsch, ihn aufhalten zu wollen, wie dies in Deutschland beim Kohlebergbau seit Jahrzehnten praktiziert werde. "Unser Ziel muss es sein, bei tiefgreifenden und notwendigen Veränderungen voranzugehen. Denn das wird ein Wettbewerbsvorteil sein", sagte der VW-Chef und verwies auf Elektrifizierung und digitale Vernetzung von Fahrzeugen. "Aber auf die Gestaltung der Geschwindigkeit und der Art des Wandels kommt es an!"

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Politik
Politik Keine Stromsteuersenkung für Verbraucher: "Fatales Signal"
03.07.2025

Die Strompreise bleiben hoch, die Entlastung fällt kleiner aus als versprochen. Die Bundesregierung gerät unter Druck, denn viele Bürger...

DWN
Panorama
Panorama Spritpreis: Wie der Rakete-und-Feder-Effekt Verbraucher belastet
03.07.2025

Die Spritpreise steigen wie eine Rakete, fallen aber nur langsam wie eine Feder. Das Bundeskartellamt nimmt dieses Muster ins Visier und...

DWN
Finanzen
Finanzen Vetternwirtschaft und Machtspiele: So scheitert der NATO-Innovationsplan
03.07.2025

Milliarden für die NATO-Innovation, doch hinter den Kulissen regiert das Chaos: Interessenkonflikte, Rücktritte und Streit gefährden...

DWN
Politik
Politik Trump dreht den Geldhahn zu: Kiew kämpft ohne Washington
02.07.2025

Donald Trump kappt Waffenhilfe für die Ukraine, Europa zögert, Moskau rückt vor. Doch Kiew sucht nach eigenen Wegen – und die Rechnung...

DWN
Panorama
Panorama Köln schafft den Begriff "Spielplatz" ab
02.07.2025

Köln verabschiedet sich vom traditionellen Begriff "Spielplatz" und ersetzt ihn durch "Spiel- und Aktionsfläche". Mit neuen Schildern und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Tusk zieht die Grenze dicht – Spediteure schlagen Alarm
02.07.2025

Grenzkontrollen sollen Sicherheit bringen – doch für Spediteure und Industrie drohen Staus, teurere Transporte und Milliardenverluste....

DWN
Panorama
Panorama EU-Klimapolitik: Soviel Spielraum lässt das 90-Prozent-Ziel
02.07.2025

Die EU-Kommission hat sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Bis 2040 sollen die Emissionen massiv sinken, ein großer Schritt Richtung...

DWN
Technologie
Technologie DeepSeek zerstört Milliardenwerte: China-KI soll aus Europa verschwinden
02.07.2025

Ein chinesisches Start-up bringt Nvidia ins Wanken, Milliarden verschwinden in Stunden. Doch für Europa ist das erst der Anfang: Die...