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28.10.2018 18:01
SPD und CDU müssen bei der Landtagswahl in Hessen empfindliche Verluste hinnehmen.

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In Hessen haben die Parteien der Bundesregierung die erwartete deutliche Niederlage hinzunehmen. CDU und SPD verlieren um die zehn Prozentpunkte, die Grüne gewinnen zwar, aber doch etwas weniger als zuletzt erhofft.

Laut Hochrechnung der ARD von 23.27 Uhr kommen die Parteien auf folgende Werte:

CDU: 26,9 (2013: 38,3)

SPD: 20,1 (30,7)

Grüne: 19,6 (11,1)

AfD: 13,2 (4)

FDP: 7,7 (5,0)

Linkspartei: 6,2 (5,2)

Nach den Zahlen von ARD und ZDF gegen 21.45 Uhr reichte es knapp nicht für eine Mehrheit von Schwarz-Grün. Laut ZDF hätte nur ein Jamaika-Bündnis aus CDU, Grünen und FDP eine Mehrheit, laut ARD wären daneben auch Bündnisse aus CDU und SPD sowie SPD, Grünen und FDP möglich.

Bouffier hatte sich zuletzt offen für Jamaika gezeigt, die Grünen waren zurückhaltender, die Liberalen warben offen dafür. Grüne und FDP in Hessen haben allerdings unter anderem in der Energiepolitik und beim Ökolandbau Differenzen. FDP-Chef Christian Lindner hatte mit Blick auf eine Ampel ein Bündnis seiner Partei mit Grünen und SPD als «inhaltlich vollkommen abwegig» bezeichnet.

Den Hochrechnungen zufolge ergibt sich folgende Sitzverteilung: CDU 35 bis 36, SPD 26, Grüne 25 bis 26, AfD 17, FDP 10 und die Linke 8 bis 9. In die Zahlen sind jeweils Überhangs- und Ausgleichsmandate eingerechnet. Die Wahlbeteiligung lag demnach bei 67,6 bis 67,8 Prozent - 2013 waren es 73,2 Prozent gewesen, damals fielen Bundes- und Landtagswahl allerdings auf einen Tag. Wahlberechtigt waren 4,38 Millionen Männer und Frauen, darunter 62 000 Erstwähler.

Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) macht das Erscheinungsbild der großen Koalition in Berlin für die Verluste der CDU bei der Landtagswahl verantwortlich. Das Ergebnis sei bitter und mache «demütig», sagte der Regierungschef in der ARD: «Wir haben eine Situation, wie wir sie noch nie erlebt haben, die bundespolitische Kulisse hat durchgeschlagen.» Der Streit zwischen den Koalitionären in Berlin habe im hessischen Landtagswahlkampf «alles überlagert». Dennoch sei es der CDU gelungen, dass in dem Bundesland nicht gegen sie regiert werden könne.

Dass die CDU klar vor den anderen Parteien liege, sei ein klarer Auftrag, die künftige Regierung in Wiesbaden anzuführen. Bouffier kündigte an, den Parteigremien am Montag vorzuschlagen, zu entsprechenden Gesprächen mit den anderen Parteien einzuladen. Dies gelte jedoch nicht für die Linken und die AfD.

Der hessische SPD-Spitzenkandidat Thorsten Schäfer-Gümbel hat offengelassen, ob er persönliche Konsequenzen aus der historischen Wahlniederlage bei der Landtagswahl ziehen wird. «Der heutige Abend ist bitter für die hessische SPD und er ist es auch für mich persönlich», sagte Schäfer-Gümbel am Sonntagabend.

Persönliche Konsequenzen habe die Parteiführung bereits erörtert. «Das haben wir heute schon besprochen, wir werden es auch morgen besprechen», sagte er. Aber: «Sie wissen, dass ich niemand bin, der einfach aus der Verantwortung flieht.» Er habe die hessische SPD in den vergangenen zehn Jahren aus einer schweren Krise geführt. «Jetzt sind wir an einem Punkt, wo wir darüber erneut reden müssen. Und das werden wir auch.»

Schäfer-Gümbel führte die schweren Verluste der SPD allein auf den Bundestrend zurück. In Hessen habe die Partei in der Opposition die Themen des Wahlkampfes gesetzt und in allen Umfragen hohe Kompetenzzuschreibungen erhalten. «Aber gegen diesen Bundestrend waren wir völlig hilflos und machtlos», sagte er. «Die SPD ist in einer schweren Vertrauens- und Glaubwürdigkeitskrise.» Dies sei eine langfristige Entwicklung. «Deshalb muss sich vieles verändern.»

SPD-Chefin Andrea Nahles hat sich bestürzt über die Stimmenverluste ihrer Partei bei der Wahl in Hessen gezeigt. «Zu den Verlusten der SPD in Hessen hat die Bundespolitik erheblich beigetragen», sagte sie in Berlin. «Der Zustand der Regierung ist nicht akzeptabel.» Die Koalitionspartner CDU und CSU müssten ihre inhaltlichen und personellen Konflikte in der großen Koalition schnell lösen, forderte Nahles.

Sie wolle das Schicksal der SPD jedoch nicht in die Hände ihres Koalitionspartners legen, betonte die SPD-Vorsitzende. «Es muss sich in der SPD etwas ändern.» Die SPD habe eine Menge Arbeit vor sich. Es müsse geklärt werden, wofür die Partei jenseits der Regierungspolitik stehe. «Wir haben uns für diese Klärung mehr Zeit nehmen wollen. Ich stelle fest: Diese Zeit haben wir nicht.»

Die Koalition in Berlin müsse nun einen klaren, verbindlichen Fahrplan vorlegen für eine Politik im Interesse der Bürgerinnen und Bürger, fügte Nahles hinzu. «An der Umsetzung dieses Fahrplans bis zur vereinbarten Halbzeitbilanz können wir dann klar ablesen, ob wir in dieser Regierung noch richtig aufgehoben sind.»

Zu beiden Punkten, den Koalitionszielen und der Ausrichtung der SPD, wolle sie am Montag zusammen mit dem SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil dem Parteivorstand einen Vorschlag vorlegen.


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