Die Währungshüter der Europäischen Zentralbank wollen angeblich bei der Gestaltung ihrer Wiederanlagepolitik von Anleihe-Geldern "Marktturbulenzen" unbedingt vermeiden. Das soll auch nach der Neufassung des Kapitalschlüssels, der den Anleihekäufen als Grundgerüst dient, gewährleistet werden, sagten mehrere Personen der Nachrichtenagentur Reuters. Der Kapitalschlüssel orientiert sich an der Wirtschaftsleistung und Bevölkerungszahl eines Landes. Die jetzt anstehende Neuberechnung könnte laut Reuters bei den großen Euro-Ländern zur Folge haben, dass das Gewicht Italiens sinkt und das Deutschlands steigt.
Man kann davon ausgehen, dass die EZB mit der Neuberechnung Deutschland günstig stimmen will - unter Umständen auch, um Zeit zu gewinnen und den Ausstieg in einem Tempo durchzuführen, der auch Italien entgegenkommt.
Zugleich passen die anonymen Andeutungen in das aktuelle Bild, in dem der italienischen Regierung und ihrem Plan, kein Austeritätskonzept zu fahren, alle möglichen Schwierigkeiten angedroht werden.
Die italienische Regierung will ein Defizit von 2,4 Prozent, laut Maastricht-Vertrag sind 3 Prozent möglich. Frankreich hat aktuell 2,9 Prozent.
Die angeblichen EZB-Insider von Reuters geben als Grund für die Neuberechnung an, die Märkte nicht beunruhigen zu wollen: "Wir wollen keine Verzerrungen auf dem Anleihenmarkt auslösen", sagte einer der fünf "Insider". Die Euro-Notenbank will nach mehr als drei Jahren die eigentlichen Anleihenkäufe zum Jahresende einstellen. Sie werden dann ein Volumen von 2,6 Billionen Euro erreicht haben. Ab Januar 2019 sollen dann nur noch fällig werdende Titel wie bisher wieder nachgekauft und ersetzt werden. Sollte das Gewicht Italiens im neuen Schlüssel sinken, könnte dies dazu führen, dass weniger italienische Papiere ersetzt werden. Ihre Renditen könnten dann steigen. Für das hoch verschuldete Land käme dies zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt.
Ein Sprecher der EZB wollte sich zu den Informationen nicht äußern.