Politik

EZB will Italiener Enria zum obersten Banken-Aufseher machen

Die EZB hat sich entschlossen, einem Italiener das Amt des obersten Bankenaufsehers anzuvertrauen.
07.11.2018 17:35
Lesezeit: 2 min

Der im Januar 2019 neu zu besetzende Posten soll nach einer Entscheidung des EZB-Rats vom Mittwoch mit Andrea Enria besetzt werden, dem langjährigen Chef der EU-Bankenbehörde EBA. Er setzte sich im Rennen gegen Sharon Donnery aus Irland durch und wird damit neben EZB-Präsident Mario Draghi der zweite Italiener an einem der Schalthebel der EZB sein. Die Aufsicht ist jedoch von der Geldpolitik innerhalb der Zentralbank strikt getrennt.

Draghi hatte Italiens Finanzminister Giovanni Tria nach Informationen aus EU-Kreisen jüngst zu strenger Haushaltsdisziplin gemahnt. Dies sei aus Draghis Sicht wegen der hohen Schulden Italiens und des geringen Wirtschaftswachstums wichtig, sagten zwei EU-Insider der Nachrichtenagentur Reuters. Die EU-Kommission lehnt den italienischen Haushaltsentwurf ab. Er sieht eine höhere Neuverschuldung vor, um kostspielige Wahlversprechen wie Steuersenkungen und ein niedrigeres Renteneintrittsalter zu finanzieren. Der Streit darüber hat an den Finanzmärkten zum Ausverkauf italienischer Staatsanleihen geführt.

Laut Draghi belastet der Kursverfall die Kapitalausstattung italienischer Banken. Diese haben heimische Staatstitel im Wert von insgesamt etwa 375 Milliarden Euro in ihren Bilanzen. Der italienische Vizeregierungschef Matteo Salvini von der rechten Liga geht jedoch nicht davon aus, dass eine heimische Bank in Schwierigkeiten geraten wird. Doch wenn es dazu komme, werden die Regierung blitzschnell "binnen einer Viertelstunde" einschreiten und die Sparguthaben der Bürger schützen.

Kurz bevor die Würfel bei der EZB in der Personalie Enria gefallen waren, hatten sich mehrere EU-Parlamentarier, darunter der CSU-Politiker Markus Ferber und der Grüne Sven Giegold, laut dem Magazin "Politico" in einem Brief an Draghi für Donnery ausgesprochen. Der italienische Chef des Parlamentsausschusses für Wirtschaft und Geldpolitik, Roberto Gualtieri, rügte den Vorstoß umgehend als "unangemessen". Das Komitee hatte keine Präferenzen für einen der beiden Bewerber erkennen lassen. Nach der Entscheidung des EZB-Rats ist nun das EU-Parlament am Zug, das bei der Auswahl ein Mitspracherecht hat. Es muss nach einer Anhörung dem Ernennungsvorschlag der EZB zustimmen, bevor dann die europäischen Regierungen endgültig grünes Licht geben können.

Die bisherige Amtsinhaberin, die Französin Daniele Nouy, scheidet Ende Dezember nach fünf Jahren aus dem Amt. Mehrere mit der Situation vertraute Personen hatten zuletzt gesagt, manche Staaten aus dem Süden seien gegen Donnery wegen ihrer harten Haltung zu faulen Krediten. Banken in der Euro-Zone schleppten zuletzt immer noch ausfallgefährdete Kredite im Volumen von 657 Milliarden Euro mit sich herum. Stark betroffen sind südeuropäische Länder - insbesondere Italien. Länder aus dem Norden würden dagegen sowohl mit Enria als auch mit der Irin gut leben können, hieß es. Es sei zudem kein Stolperstein, dass mit Enria und Draghi dann zwei Italiener für einige Monate Top-Positionen in der Notenbank innehätten. Draghi scheidet Ende Oktober 2019 aus dem Amt.

Die EZB-Bankenaufsicht überwacht die größten Institute des Währungsraums - darunter in Deutschland die Deutsche Bank und die Commerzbank. Insgesamt sind es zur Zeit 118 Banken. Bei den kleineren Geldhäusern haben die nationalen Behörden der Euro-Länder den Hut auf.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage: Mit einem Fondsdepot mehr aus dem eigenen Geld machen

Wer vor zehn Jahren 50.000 Euro in den Weltaktienindex investiert hat, kann sich heute über mehr als 250.000 Euro freuen! Mit der...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Mittelstand gibt auf: Negativrekord an Insolvenzen und kurzfristiger Betriebsschließungen
10.03.2025

So viele mittelständische Betriebe wie noch nie gehen pleite oder erwägen eine Geschäftsaufgabe: Laut einer KfW-Studie stehen mehr als...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutschland wartet auf Aufschwung, erster Hoffnungsschimmer im Maschinenbau
10.03.2025

Die Exportnation Deutschland wartet weiter auf den Aufschwung. Etwas Hoffnung machen eine überraschend starke Industrieproduktion und...

DWN
Finanzen
Finanzen EU-Deregulierung: Gefahr für Stabilität und Wettbewerbsfähigkeit
10.03.2025

Der Wind der Deregulierung bläst über den Atlantik und erfasst die Europäische Union. Die macht es Amerika gleich und startet ihren...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Volkswagen in der Krise – Wie der Autoriese eine ganze Stadt ins Wanken bringt
10.03.2025

Von Dieselskandal bis E-Auto-Desaster: Der Niedergang eines deutschen Industriegiganten gefährdet eine ganze Stadt.

DWN
Politik
Politik Ukraine kann laut Trump nun doch wieder auf US-Geheimdienstinformationen hoffen
10.03.2025

Nach einem vorübergehenden Stopp von US-Militärhilfen, kann die Ukraine im Verteidigungskrieg gegen Russland nun wieder darauf hoffen,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Warnstreiks an 13 deutschen Flughäfen legen Flugverkehr lahm
10.03.2025

Tausende Flugreisende müssen tapfer sein: Wegen eines Warnstreiks der Gewerkschaft Verdi fallen an diesem Montag viele Flüge aus....

DWN
Politik
Politik Trudeau-Nachfolger: Mark Carney soll Kanada führen
10.03.2025

Der ehemalige Zentralbankchef Mark Carney wird neuer Vorsitzender der Liberalen Partei in Kanada. Das ergab eine Abstimmung unter...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Schuldenbremse Wählerbetrug: 500 Milliarden Sonderschulden mit alten Bundestag - Das Ergebnis von CDU und SPD
10.03.2025

Die Wirtschaft sieht für die CDU einen klaren Auftrag für Umsetzung dringende Wirtschaftsreformen. Doch die SPD und auch die Grünen und...