Ghosn, der auch Chef des französischen Unternehmens Renault ist, wurde am Montag in Tokio nach einer Befragung durch die Staatsanwaltschaft festgenommen. Der japanische Autobauer Nissan wirft ihm jahrelanges "Fehlverhalten" bei der Angabe seiner Einkünfte sowie die private Nutzung von Firmengeldern vor.
Nissan erklärte am Montag, der Autobauer habe nach anonymen Hinweisen vor einigen Monaten eine interne Untersuchung gestartet und festgestellt, dass Ghosn "viele Jahre lang" seine Einkünfte in Wertpapierberichten an die Börse in Tokio falsch angegeben habe. Der Konzern wirft ihm außerdem in mehreren weiteren Punkten "Fehlverhalten" vor - unter anderem die Privatnutzung von Firmenkapital.
Die Untersuchung richtete sich auch gegen den ranghohen Nissan-Manager Greg Kelly, auch ihm wirft der Autobauer Fehlverhalten vor. "Beide Männer wurden nach meiner Kenntnis heute Abend festgenommen", sagte der Geschäftsführer von Nissan, Hiroto Saikawa, bei einer eilig einberufenen Pressekonferenz. Der Verwaltungsrat tagt nun am Donnerstag und will dann über die Trennung von seinem Vorsitzenden entscheiden. Saikawa sprach von einer "dunklen Seite der Ghosn-Ära". Zu viel Macht sei einem einzigen Menschen übertragen worden.
Ghosn ist auch Chef des französischen Autobauers Renault, außerdem führt er die Renault-Nissan-Mitsubishi-Allianz an. Auch der japanische Autobauer Mitsubishi will dem Verwaltungsrat vorschlagen, Ghosn als dessen Vorsitzenden abzusetzen. Das Unternehmen werde "eine eigene interne Untersuchung" starten, um herauszufinden, ob sich Ghosn auch bei Mitsubishi Motors der Veruntreuung schuldig gemacht habe, hieß es in einer Erklärung.
In Japan war die Börse bereits geschlossen, in Paris stürzte die Renault-Aktie nach der Nachricht der Vorwürfe gegen Ghosn zwischenzeitlich allerdings um zwölf Prozent ab. Der Verwaltungsrat von Renault will nun seinerseits auch "so schnell wie möglich" tagen. Das Gremium erklärte in Paris, es erwarte "präzise Informationen" von dem Konzernchef.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sagte zu den Entwicklungen, der Staat werde "als Aktionär über die Stabilität der Allianz und der Gruppe wachen". Der französische Staat hält rund 15 Prozent an Renault. Gewerkschaftsvertreter bei Renault äußerten sich besorgt über die Affäre. Es dürfe keine Lücke an der Firmenspitze entstehen, erklärte ein Vertreter der Gewerkschaft CFE-CGC.
Ghosn ist seit 2005 Vorstandschef von Renault und gilt als einer der erfolgreichsten Manager Frankreichs. Mit Nissan pflegt Renault schon seit 1999 eine enge Partnerschaft. Im April 2017 gab Ghosn die Konzernführung von Nissan ab, blieb aber Vorsitzender des Verwaltungsrats des Autobauers. Bei Mitsubishi ist er ebenfalls Präsident des Verwaltungsrats.