Unter dem Eindruck wochenlanger Straßenproteste signalisiert Frankreichs Präsident Emmanuel Macron neue "Zugeständnisse". Denkbar sei, die geplanten Erleichterungen bei der Vermögensteuer wieder rückgängig zu machen, sagte Regierungssprecher Benjamin Griveaux am Mittwoch. "Wenn eine von uns ergriffene Maßnahme, die die Bürger Geld kostet, sich als nicht tauglich herausstellt, wenn es nicht gut läuft, sind wir nicht dumm - wir würden es ändern", sagte Griveaux dem Sender RTL Radio.
Am Tag zuvor hatte Ministerpräsident Edouard Philippe nach gewalttätigen Protesten der gelbe Warnwesten tragenden Anti-Macron-Demonstranten eine Kursänderung angekündigt. So soll die geplante Erhöhung der Ökosteuer um mindestens sechs Monate verschoben werden. In Frankreich haben unterdessen Videos für Empörung gesorgt, die den brutalen Einsatz von Schlagstöcken durch die Polizei zeigen:
Des #GilletsJaunes se réfugient dans un KFC, des CRS les tabassent gratuitement à terre. Ce président est prêt à tout pour les faire taire. Bienvenue en France, dans la dictature Macron. #MacronDemission #MacronDegage #GiletsJaunes #YellowJackets #YellowVest pic.twitter.com/iARKC2anKo
— LarryGiletJaune ? (@LarryLeChanceux) December 4, 2018
Mit der Aufgabe der Erleichterung bei der Vermögenssteuer haben die Demonstranten der Regierung allerdings auch einen Gefallen erwiesen: Diese kann nun weiter auf eine bewährte Einnahmequelle setzen.
Der Unmut im Land gegen die Reformvorhaben des Präsidenten ist groß, da die Franzosen im internationalen Vergleich unter 34 Staaten bereits die größte Steuerlast zu schultern haben. Dies hat Macron nun schwarz auf weiß: In der aktualisierten Statistik der Industriestaaten-Organisation OECD hat Frankreich den Spitzenplatz von Dänemark übernommen. 2017 entsprach das Steueraufkommen insgesamt 46,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Im Durchschnitt der Länder liegt dieser Wert nur bei 34,2 Prozent des BIP.
Macron sieht sich mit dem Vorwurf konfrontiert, ein "Präsident der Reichen" auf Kosten der Ärmeren zu sein. Dazu beigetragen hat auch die Einschränkung der Vermögensteuer auf lukrative Immobiliengeschäfte sowie Immobilienanlagen. Nach Einschätzung von Reuters werden damit vor allem vermögende Bürger entlastet. Allerdings treffen die Steuern in Frankreich vor allem kleine und mittlere Einkommen, weil die Freibeträge im europäischen Vergleich sehr niedrig sind.
Der seit Wochen anhaltende Protest der sogenannten "Gelbwesten" hatte sich vor allem an der geplanten Steuererhöhung auf Treibstoff entzündet, die am Dienstag ausgesetzt wurde. Mittlerweile fordern die Demonstranten nicht nur Erleichterungen bei den Lebenshaltungskosten, sondern auch den Rücktritt Macrons. Die Beliebtheitswerte des Präsidenten sind auf einem Tiefpunkt.