Die deutschen Stabilitätswächter sehen zunehmend Risiken für das Finanzsystem. Trotz des langen konjunkturellen Aufschwungs hätten sich "Verwundbarkeiten im deutschen Finanzsystem aufgebaut", sagte Bundesbank-Vizepräsidentin Claudia Buch am Freitag nach einer Sitzung des Ausschusses für Finanzstabilität in Berlin. Dazu gehöre auch die Gefahr eines weiter andauernden Niedrigzinsniveaus. In dem Gremium sitzen Vertreter von Bundesbank, Finanzministerium und der Finanzaufsicht Bafin.
EZB-Ratsmitglied Ewald Nowotny hat sich dafür ausgesprochen, die Strafzinsen für Banken rasch abzuschaffen. Seine persönliche Meinung sei, dass diese "so früh als eben volkswirtschaftlich möglich ist" wieder überdacht werden sollten, sagte Österreichs Notenbank-Chef am Freitag auf einer Veranstaltung in Wien. "Das ist auch eine Besonderheit der EZB. Die USA hatten nie einen negativen Zinssatz." Diese Diskussion werde sicherlich weitergeführt werden zu einem geeinigten Zeitpunkt. "Jetzt sicherlich nicht", fügte er hinzu.
Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte auf ihrer Ratssitzung am Donnerstag unter anderem beschlossen, ihren sogenannten Einlagensatz bei minus 0,4 Prozent zu belassen. Auf diesem Niveau liegt er bereits seit März 2016. Wenn Geldhäuser über Nacht bei der Notenbank überschüssige Gelder parken, müssen sie somit weiterhin dafür Strafzinsen zahlen. Banken fordern schon seit längerem, die Negativzinsen zu beenden. Denn dies belastet ihre Ertragslage, die bei vielen Instituten in Europa im Vergleich zu Banken in den USA eher schwach ist.
Im Finanzstabilitätsbericht der Bundesbank hieß es jüngst bereits, die Preise für Wohnimmobilien in den deutschen Städten seien zwischen 15 und 30 Prozent überbewertet. Zwar gebe es derzeit keine Notwendigkeit, Instrumente zur Eindämmung von Gefahren für die Finanzstabilität einzusetzen. Die Bundesbank beobachte diesen Markt aber sehr genau. Finanzstaatssekretär Jörg Kukies sagte zum Thema Immobilien: "Wir sehen keine akuten Anzeichen für Stabilitätsrisiken."