Europas Gaspreise legen wieder zu – Entspannung bleibt fragil
Die Erdgaspreise in Europa haben sich von ihrem Acht-Wochen-Tief bei 33 Euro pro Megawattstunde (MWh) erholt. Händler reagieren damit auf veränderte Wetter- und Angebotsbedingungen, wie das Analyseportal Trading Economics meldet. Am Mittwochnachmittag lag der Preis für die wichtige europäische Referenzgröße, den Title Transfer Facility (TTF) an der niederländischen Börse, bei 34 Euro je MWh. In den kommenden Tagen wird ein Rückgang der Temperaturen in weiten Teilen Europas erwartet, was die Nachfrage nach Klimaanlagen und somit nach Erdgas senken dürfte. Gleichzeitig könnte eine steigende Windstromproduktion in Nordwesteuropa den Gasverbrauch weiter entlasten.
Noch im Februar sagte Francisco Blanch, Rohstoffstratege der Bank of America, zu den Gaspreisen Folgendes: „Europa hat aktuell eine Rückwärtskurve.“ Händler hatten damals kaum Anreize, Lagerbestände anzulegen. Die gesetzlichen Vorgaben erhöhten die Preise zusätzlich, sodass die Lagerung von Gas an Attraktivität verlor. Das könnte sich nun ändern. Blanch sieht nur in der Preisvolatilität eine Möglichkeit, dennoch Gewinne zu erzielen.
Angebot stabil – geopolitische Risiken bleiben
Die Versorgungslage am Gasmarkt gilt derzeit als stabil. Sowohl die Pipeline-Lieferungen aus Norwegen als auch die Importe von Flüssigerdgas (LNG) verlaufen weiterhin ohne Störungen. Noch in der vergangenen Woche hatten die Großhandelspreise für Gas in Europa rund 18 Prozent nachgegeben. Grund war die Deeskalation zwischen dem Iran und Israel, die Sorgen über mögliche Unterbrechungen der Schifffahrt in der Straße von Hormus zunächst dämpfte.
Hinzu kam die schwache Nachfrage aus China, die aufgrund der dortigen wirtschaftlichen Probleme anhält. Dadurch wurden zusätzliche LNG-Lieferungen nach Europa umgeleitet, was das Angebot stärkte.
Bedeutung für Deutschland – Versorgung bleibt trügerisch stabil
Auch für deutsche Haushalte und Unternehmen bleibt der Gasmarkt ein kritischer Faktor. Zwar profitiert Deutschland kurzfristig von den günstigen LNG-Strömen und der stabilen Versorgung aus Norwegen. Doch die jüngste Preisbewegung zeigt, wie anfällig der Markt für Wettereffekte und geopolitische Entwicklungen bleibt.
Insbesondere energieintensive Industrien in Deutschland beobachten die Gaspreise genau. Steigende Kosten könnten mittelfristig die Produktion belasten. Für private Verbraucher bleibt die Hoffnung auf stabile Preise – doch neue Unsicherheiten, etwa bei globalen Konflikten oder Lieferrouten, können den Markt jederzeit wieder drehen.