Politik

Afghanistan: Blackwater-Söldner könnten US-Soldaten ersetzen

Lesezeit: 4 min
22.12.2018 01:18
US-Präsident Trump will US-Truppen aus Afghanistan abziehen lassen, um private Militärunternehmen einzusetzen. Der ehemalige Pentagon-Chef Mattis war ein strikter Gegner dieses Plans.
Afghanistan: Blackwater-Söldner könnten US-Soldaten ersetzen

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Neben dem Abzug ihrer Soldaten aus Syrien will die US-Regierung Medienberichten zufolge auch die eigene Truppenstärke in Afghanistan deutlich reduzieren. Das Wall Street Journal meldete am Donnerstagabend unter Berufung auf nicht näher genannte Regierungsbeamte, etwa die Hälfte der 14.000 US-Soldaten in Afghanistan solle abgezogen werden, so die dpa. US-Präsident Donald Trump habe das Verteidigungsministerium bereits angewiesen, den Truppenabzug einzuleiten. Das Pentagon selbst habe sich dazu nicht äußern wollen, hieß es weiter. Auch der Fernsehsender CNN und die New York Times berichteten von entsprechenden Plänen der Trump-Administration.

Der US-Präsident hat schon seit langem vor, US-Truppen aus Afghanistan abzuziehen, hatte sich jedoch von seinem Verteidigungsminister James Mattis davon überzeugen lassen, die Zahl der Soldaten dort zunächst noch aufzustocken. Den Berichten zufolge schlägt Trump nun wieder seinen ursprünglichen Kurs ein.

Im August 2018 hatte NBC News berichtet, dass Trump offenbar plane, reguläre US-Truppen aus Afghanistan abzuziehen, um sie durch private Militärunternehmen und Söldner zu ersetzen. Nach Angaben von aktuellen und ehemaligen US-Regierungsbeamten geht diese Idee auf einen Vorschlag des Gründers von Blackwater (heute Academi), Erik Prince, zurück. Dieser hatte im vergangenen Jahr vorgeschlagen, in Afghanistan reguläre Truppen durch private Militärunternehmen zu ersetzen. Doch dies hatte, so NBC News, "ethische und Sicherheitsbedenken bei hochrangigen Militärs, wichtigen Kongressabgeordneten und Mitgliedern des nationalen Sicherheitsteams von Trump" aufgeworfen.

In einem Interview mit NBC News sagte Prince, er glaube, Trumps Berater würden ein "rosiges" Bild von der Situation in Afghanistan malen, was allerdings nicht den Realitäten entspreche. Trump habe den Beamten des Pentagons alles gegeben, was sie wollten. Doch sie hätten "nicht geliefert". "Ich weiß, dass er frustriert ist", so Prince, dessen Schwester Betsy DeVos US-Bildungsministerin ist.

Der Blackwater-Gründer meint, dass aktuell 15.000 reguläre Truppen und 30.000 "Contractors" (Söldner, Anm. d. Red.) im Einsatz seien.

Mehrere US-Regierungsbeamte des Pentagons sagten NBC News unter der Bedingung der Anonymität, dass der der mittlerweile zurückgetretene US-Verteidigungsminister James Mattis und US-Verteidigungsminister Mike Pompeo sich dem Plan von Prince "widersetzen" würden. Ein Sprecher des US-Außenministeriums meinte, dass es keine Chance gebe, dass der Plan von Prince angenommen und umgesetzt werde.

Syrien

Am Mittwoch hatte der Präsident angekündigt, alle 2.000 US-Soldaten aus dem Bürgerkriegsland Syrien nach Hause zu holen - mit der Begründung, dass die Terrororganisation IS dort komplett besiegt sei. Dies löste im In- und Ausland Irritationen und harsche Kritik aus. Fachleute halten den IS keineswegs für besiegt und einen Abzug aus Syrien für hochgefährlich. Nach Darstellung mehrerer US-Medien hatte Trump den Abzug aus Syrien gegen den ausdrücklichen Rat von Mattis wie auch von Außenminister Mike Pompeo und Sicherheitsberater John Bolton beschlossen. Mattis kündigte am Donnerstagabend seinen Rückzug aus dem Kabinett an - wegen Meinungsverschiedenheiten mit Trump.

Der türkischen Zeitung Milliyet zufolge wird sich zwar ein Teil der regulären US-Truppen aus Syrien und Afghanistan zurückziehen. Doch anschließend sollen die Zuständigkeiten in die Hände von privaten Militärs gegeben werden. Die Zeitung berichtet, dass das US-amerikanische private Militärunternehmen Castle International enge Beziehungen zur Kurden-Miliz PKK/YPG habe. Das gehe aus einem offiziellen Kooperationsdokument hervor, der auf en Oktober 2014 datiert ist, und die Unterschriften von Redur Xelil und Naser Hajimansur (PKK/YPG) und Dan Chirkoff, Ram A. Patten und Michal Qarajouli (Castle International) trägt.

Das türkische Blatt Takvim führt aus, dass Academi in den kommenden Jahren eine herausragende Rolle im Nahen Osten, aber auch auf Zypern, spielen soll. Es sei geplant, 18.000 Academi-Söldner im griechischen Teil von Zypern zu stationieren. Anschließend soll diese Anzahl schrittweise auf 40.000 aufgestockt werden. Unter den Golf-Staaten haben die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) seit zweieinhalb Jahren Academi insgesamt 16 Milliarden US-Dollar zukommen lassen, damit das Militärunternehmen die Sicherheit der VAE gewährleistet. Academi und weitere private Militärunternehmen sollen mehr denn je im Nahen Osten und im östlichen Mittelmeer zum Einsatz kommen.

Das Blatt berichtet: "Das Pentagon wollte Erik Prince immer in die Bredouille bringen. Derzeit erfolgt dies über den US-Sonderermittler Robert Mueller. Vor der Präsidentschaftswahl fand im Trump Tower ein wichtiges Treffen statt. Erik Prince traf sich mit drei Beratern des Prinzen Mohammed Bin Zayed und mit den Beratern des saudischen Kronprinzen Mohammed Bin Salman. Es waren der Berater von Bin Zayed, George Nader, und der Israeli Joel Zamil anwesend. Mueller hat dieses Treffen in seine Ermittlungen aufgenommen. Wenn Prince versuchen sollte, nur einen Schritt gegen das Pentagon vorzugehen, wird dies dazu führe, dass die Ermittlungen Muellers auf Erik Prince und Donald Trump Junior ausgeweitet werden, um sie festnehmen zu lassen. Dann wären alle Hoffnungen von Michael Flynn und Jared Kushner begraben."

Über das Treffen im Trump Tower hatte auch die New York Times berichtet.

Prince - privater Geheimdienst

CNN berichtet, dass der Gründer von Blackwater, Erik Prince, im Dezember 2017 der US-Regierung den Vorschlag unterbreitet hat, dem US-Geheimdienst private Geheimdienste zur Verfügung zu stellen. Das bestätigte ein Vertreter der US-Regierung dem US-Sender. Allerdings lehnte der Vertreter den Vorschlag ab: “Diese Idee führt nirgendwo hin”. Weder die CIA noch der Direktor der CIA würden diesen Vorschlag von Prince jemals in Betracht ziehen. Der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats, Michael Anton, sagte CNN, dass "das Weiße Haus einen solchen Vorschlag nicht unterstützt und nicht unterstützt werde".

Über den angeblichen Vorschlag von Prince hatte zuerst The Intercept berichtet. Ein Sprecher von Erik Prince sagte in einer Stellungnahme an CNN: “Die Behauptungen, die in dem letzten Artikel von Intercept über Erik gemacht wurden, sind völlig falsch und dies wurde ihnen vor der Veröffentlichung des Artikels klar gemacht. Alle Treffen, die Erik mit Mitgliedern der Geheimdienste hatte, konzentrierten sich auf seinen gut publizierten Plan, damit in Afghanistan 42 Milliarden Dollar an Geldern der US-Steuerzahler eingespart werden.

The Intercept zufolge soll ein neuer privater Geheimdienst unter der Leitung von Erik Prince und Oliver North geheimdienstliche Informationen sammeln, um sie direkt an den CIA-Chef Mike Pompeo und an das Weiße Haus weiterzuleiten. Die regulären Geheimdienst sollen keinen Zugriff auf die Informationen haben. Dabei wolle die Trump-Regierung die CIA und andere US-Geheimdienst umgehen. “Pompeo kann der CIA-Bürokratie nicht vertrauen, also müssen wir dieses Ding schaffen, das direkt an ihn berichtet”, sagte ein ehemaliger hochrangiger US-Agent The Intercept.

Offenbar war Prince bereits zuvor für die US-Regierung im Rahmen eines Geheimauftrags aktiv. Die Washington Post führt aus: “Die Vereinigten Arabischen Emirate haben im Januar dieses Jahres (2017, Anm. d. Red.) ein geheimes Treffen auf den Seychellen zwischen Blackwater-Gründer Erik Prince und einem Russen, der Präsident Wladimir Putin nahesteht, arrangiert.”

Bei dem Treffen sollte es um die Errichtung eines geheimen Kommunikationskanals zwischen Moskau und Washington gegangen sein.

 


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