Politik

Bundesregierung erschwert Firmen-Übernahmen durch Chinesen

Die Bundesregierung will in Zukunft die Übernahme deutscher Unternehmen durch chinesische Investoren schärfer kontrollieren und gegebenenfalls verbieten.
27.12.2018 17:41
Lesezeit: 2 min

Jahrelang gingen chinesische Investoren in Deutschland ungehindert auf Einkaufstour. Auslöser des Expansionsdrangs war der 2015 von Peking verabschiedete Plan „Made in China 2025“, der Chinas Weltmarktführerschaft in zahlreichen Technologiefeldern zum Ziel hat. Im Jahr 2049, wenn sich das Bestehen der Volksrepublik zum hundertsten Male jährt, soll sie dann die führende Industrie-Nation der Welt sein, so das von Premierminister Li Keqiang und dem Staatsrat ausgerufene Ziel.

Im Zuge von „Made in China 2025“ investierten die Chinesen gewaltige Summen, um sich in deutsche Unternehmen einzukaufen beziehungsweise sie ganz zu übernehmen. Für drei Milliarden Euro kauften sie sich bei der Deutschen Bank ein, für über sieben Milliarden Euro sicherte sich der Milliardär Li Shufu fast zehn Prozent der Anteile bei Daimler. Die wohl spektakulärste Übernahme war die des Augsburger Roboterbauers „Kuka“ für 4,5 Milliarden Euro. Weitere aufsehenerregende Aufkäufe waren die des Essener Energie-Dienstleisters Ista (4,5 Milliarden Euro), des Abfallkonzerns „Energy from Waste“ (EEW) aus dem ost-niedersächsischen Helmstedt (1,44 Milliarden Euro) sowie des Produzenten von Kunststoff-Spezialmaschinen „Krauss-Maffei“ (925 Millionen Euro). Von 2015 (900 Millionen Euro) bis 2016 (11,1 Milliarden Euro) stieg das Engagement der Chinesen um mehr als das Zwölffache. 2017 betrug die gesamte Investitionssumme 12,1 Milliarden Euro, wobei die Zahl der Übernahmen von 44 auf 39 zurückging: Ein klares Anzeichen dafür, dass die Chinesen verstärkt auf den Kauf größerer Unternehmen setzen.

Die Bundesregierung setzte dem Kaufrausch aus dem Reich der Mitte lange wenig bis gar nichts entgegen. Sie sang das Hohelied der freien Marktwirtschaft, fragte in Peking gelegentlich nach, ob es nicht Zeit sei, Handels- und Eintrittsbeschränkungen für deutsche Unternehmen zu lockern, und hielt sich ansonsten zurück. Doch mittlerweile hat ein Umdenken eingesetzt. Eine Szene wie die im Jahr 2016 in Peking, als Angela Merkel zusammen mit Li Keqiang die Vertragsunterzeichnung für den Kauf des Nordsee-Offshore-Windparks „Meerwind“ (1,2 Milliarden Euro) begeistert beklatschte, dürfte in Zukunft eher selten zu sehen sein.

Inzwischen ist nämlich auch Berlin klargeworden, dass es sich bei den Investoren aus dem Reich der Mitte größtenteils nicht um reine Privatinvestoren handelt. Fast alle sind mehr oder weniger mit der chinesischen Regierung verbandelt, viele werden teilweise oder auch vollständig von ihr kontrolliert. Und für Peking ist Außenwirtschaftspolitik stets auch Geopolitik. Mit der Übernahme ausländischer Unternehmen sichert sich China Präsenz in konkurrierenden Staaten – genauso wie mit dem Projekt der „Neuen Seidenstraße“ sowie mit der Etablierung des Telekommunikations-Giganten „Huawei“ im Wirtschaftsgefüge westlicher Nationen (der Konzern wird mittlerweile von den Regierungen der USA, Großbritanniens, Australiens und Neuseelands an einer weiteren Ausbreitung erheblich gehindert). Und so hat die Bundesregierung im zweiten Halbjahr dieses Jahres gleich zwei geplante Engagements chinesischer Investoren verhindert.

Im Juli blockierte sie zunächst den Einstieg des chinesischen Staatskonzerns „SGCC“ beim deutschen Netzbetreiber „50Hertz“. Das Berliner Unternehmen betreibt rund 10.000 Kilometer Stromnetz in Nord- und Ostdeutschland, über das 18 Millionen Menschen versorgt werden. Im August kündigte sie dann an, die Übernahme des Maschinenbauers „Leifeld Metal Spinning“ aus dem westfälischen Ahlen zu verhindern. Leifeld ist Weltmarktführer bei hochfesten Materialien, die in der Luft- und Raumfahrt-Industrie zum Einsatz kommen sowie im Nuklear-Bereich verwendet werden können. Nach der Ankündigung der Regierung trat der chinesische Investor von seinem Angebot zurück.

Die Verhinderung der Einstiege bei 50Hertz und Leifeld wurde durch die Verschärfung der außenwirtschaftsrechtlichen Investitionsprüfung erleichtert. Diese beinhaltet längere Prüffristen und neue Meldepflichten, wobei der Fokus auf Unternehmen liegt, die besonders sensible Schlüsseltechnologien liefern, die Änderungen jedoch rein rechtlich für alle Branchen gelten. Im Dezember 2018 hat Berlin noch einmal nachgelegt: Jetzt kann die Bundesregierung einen Anteilserwerb durch einen Nicht-EU-Investor schon ab einer Beteiligung in Höhe von zehn Prozent prüfen und unter Umständen verhindern. Bisher hatte die Grenze bei 25 Prozent gelegen.

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