Politik

Ratlosigkeit in der EU nach britischer Abstimmung gegen May

Lesezeit: 2 min
15.01.2019 20:54
Premierministerin Theresa May hat die Abstimmung über ihr Brexit-Abkommen in Parlament verloren.
Ratlosigkeit in der EU nach britischer Abstimmung gegen May

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Nach der deutlichen Ablehnung des Brexit-Abkommens im britischen Unterhaus wächst die Sorge vor einem ungeregelten EU-Austritt Großbritanniens. Die Abgeordneten in London stimmten am Dienstagabend mit 432 zu 202 Stimmen gegen den Austrittsvertrag und bescherten Premierministerin Theresa May damit eine historische Niederlage. Die EU warnte, die Gefahr eines Brexits ohne Abkommen sei dadurch gestiegen. Auch Mays Zukunft ist ungewiss: Oppositionschef Jeremy Corbyn beantragte ein Misstrauensvotum gegen ihre Regierung.

"Das Haus hat gesprochen und die Regierung wird zuhören", sagte May direkt nach der Abstimmung in London. "Es ist klar, dass das Haus dieses Abkommen nicht unterstützt, aber die Abstimmung von heute Abend sagt uns nichts darüber, was es denn unterstützt", monierte die Regierungschefin.

Die Ablehnung des mühsam ausgehandelten Vertrags stürzt Großbritannien und die EU vor dem geplanten Brexit am 29. März in eine neue Phase der Ungewissheit. Unmittelbar nach der Abstimmung beantragte Oppositionsführer Corbyn ein Misstrauensvotum gegen Mays Regierung, über das am Mittwoch gegen 20.00 Uhr (MEZ) abgestimmt werden soll. Die Premierministerin habe eine "katastrophale" Niederlage erlitten, sagte der Chef der Labour-Partei.

Einen Rücktritt lehnte May am Dienstag ab, wie das Büro der Premierministerin nach der Abstimmungsniederlage mitteilte. Übersteht die Regierungschefin am Mittwoch das Misstrauensvotum, könnte sie versuchen, weitere Zugeständnisse von der EU zu erreichen und das Abkommen dann erneut zur Abstimmung stellen. May kündigte an, Gespräche mit Abgeordneten aller Parteien zu führen und am Montag einen neuen Plan vorzulegen.

Bekommt May den Deal trotz aller Versuche nicht durchs Parlament, droht ein chaotischer Austritt ohne Abkommen. In Großbritannien gibt es quer durch die Parteien zudem Rufe nach einem zweiten Referendum, was May bisher aber strikt ablehnt. Zudem wäre dann eine Verschiebung des Austrittsdatums erforderlich.

Dem Brexit-Vertrag waren bereits vor dem Votum im Unterhaus kaum Chancen eingeräumt worden. Nach Auszählung der Stimmen stand fest, dass May die heftigste Niederlage erlitt, die ein britischer Regierungschef seit rund hundert Jahren im Parlament hinnehmen musste.

Kurz zuvor hatte die Premierministerin in einer Rede im Unterhaus nochmals eindringlich für das Brexit-Abkommen geworben. "Dies ist eine historische Entscheidung, welche die Zukunft unseres Landes für Generationen bestimmen wird", sagte May.

Die EU reagierte besorgt auf das Brexit-Votum in London. EU-Ratspräsident Donald Tusk forderte Klarheit von Großbritannien. Wenn ein Abkommen unmöglich sei, niemand aber einen Austritt ohne Vereinbarung wolle, "wer wird dann letztlich den Mut haben zu sagen, was die einzig positive Lösung ist?", schrieb Tusk im Kurzbotschaftendienst Twitter.

Auch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker forderte Großbritannien auf, "seine Absichten so bald wie möglich klarzustellen". Die Gefahr eines "ungeordneten Austritts" ohne Abkommen sei durch die Entscheidung des Unterhauses gestiegen, erklärte Juncker in Brüssel.

Die irische Regierung kündigte an, ihre Vorbereitungen auf einen britischen EU-Austritt ohne Abkommen zu intensivieren. Im Falle eines harten Brexits droht die Wiedereinführung von Grenzkontrollen zwischen dem EU-Mitglied Irland und der britischen Provinz Nordirland.

In Deutschland rief die Ablehnung des Brexit-Abkommens enttäusche Reaktionen hervor. Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) sprach von einem "bitteren Tag für Europa". "Wir sind vorbereitet", versicherte der Bundesfinanzminister auf Twitter. "Aber ein ungeregelter Brexit ist die schlechteste aller Möglichkeiten". Das gelte für die EU, "besonders" aber für Großbritannien.

Die CDU-Vorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer erklärte, sie bedauere die Entscheidung sehr. "Ein ungeordneter Brexit ohne Abkommen ist die schlechteste aller Optionen, schrieb sie auf Twitter. Zugleich warnte sie vor Panik: "Jetzt nichts überstürzen."

DIHK-Präsident Eric Schweitzer rief die deutschen Unternehmen derweil auf, sich auf einen ungeregelten EU-Austritt Großbritanniens vorzubereiten. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) erklärte, die Vermeidung eines harten Brexits habe "oberste Priorität".


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Automesse China 2024: Deutsche Autohersteller im Preiskrieg mit BYD, Xiaomi und Co.
25.04.2024

Bei der Automesse in China steht der eskalierende Preiskrieg bei Elektroautos im Vordergrund. Mit hohen Rabatten kämpfen die Hersteller...

DWN
Politik
Politik Bericht: Habeck-Mitarbeiter sollen Kritik am Atom-Aus missachtet haben
25.04.2024

Wichtige Mitarbeiter von Bundesministern Habeck und Lemke sollen laut einem Bericht interne Zweifel am fristgerechten Atomausstieg...

DWN
Finanzen
Finanzen Feiertagszuschlag: Was Unternehmer an den Mai-Feiertagen beachten sollten
25.04.2024

Feiertagszuschläge sind ein bedeutendes Thema für Unternehmen und Arbeitnehmer gleichermaßen. Wir werfen einen genauen Blick auf die...

DWN
Finanzen
Finanzen Teurer Anlegerfehler: Wie der Blick in den Rückspiegel fehlgeht
25.04.2024

Anleger orientieren sich an den Renditen der vergangenen drei bis zehn Jahre, um Aktien oder Fonds auszuwählen. Doch laut Finanzexperten...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Kommunikation im Wandel – Was es für Unternehmen in Zukunft bedeutet
25.04.2024

In einer Ära schneller Veränderungen wird die Analyse von Trends in der Unternehmenskommunikation immer entscheidender. Die Akademische...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Lieferdienste in Deutschland: Bei Flink, Wolt und anderen Lieferando-Konkurrenten geht es um alles oder nichts
25.04.2024

Getir, Lieferando, Wolt, UberEats - es fällt schwer, in deutschen Großstädten beim Angebot der Essenskuriere den Überblick zu...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Familienunternehmer in Sorge: Land verliert an Wettbewerbsfähigkeit
25.04.2024

In einer Umfrage kritisieren zahlreiche Familienunternehmer die Politik aufgrund von übermäßiger Bürokratie und Regulierung. Besonders...

DWN
Finanzen
Finanzen So wählt Warren Buffett seine Investments aus
25.04.2024

Warren Buffett, auch als „Orakel von Omaha“ bekannt, ist eine Ikone der Investment-Welt. Doch worauf basiert seine Investmentstrategie,...