Nach der Ankündigung des Aufbaus einer eigenen Armee des Kosovo überprüft die NATO ihre Zusammenarbeit mit den Sicherheitskräften des Landes. Viele Bündnis-Mitglieder hielten den Zeitpunkt der Ankündigung für ungünstig, sagte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Mittwoch beim Treffen der Verteidigungsminister der Allianz. Die Nato werde zwar ihr Engagement im Rahmen ihrer KFOR-Mission beibehalten. Die Zusammenarbeit mit den kosovarischen Sicherheitskräften werde nun aber überprüft.
Dabei gehe es um die Unterstützung der Kosovo-Sicherheitskräfte beim Aufbau von Kapazitäten, sagte Stoltenberg in Brüssel. "Wir werden uns mit dem Niveau dieses Engagements befassen." Stoltenberg pochte zugleich auf eine Vereinbarung von 2013, nach der die kosovarischen Sicherheitskräfte ohne KFOR-Genehmigung nicht in den Norden des Landes dürfen. "Wir erwarten, dass diese Vereinbarung weiter gilt."
Deutschland unterstützt ebenfalls den Aufbau einer kosovarischen Armee. Ein Sprecher des Auswärtigen Amts sagte den Deutschen Wirtschaftsnachrichten: “Grundsätzlich ist unsere Position, dass das Kosovo als souveräner Staat das Recht hat, reguläre Streitkräfte zu schaffen. Allerdings haben wir auch immer wieder deutlich gemacht, dass die Umwandlung der sogenannten Kosovo Security Forces, wie sie jetzt heißen, nicht übereilt erfolgen soll, sondern in einem inklusiven Prozess unter Einbeziehung der serbischen Minderheit im Kosovo und in enger Konsultation natürlich vor allem mit der NATO und den NATO-Alliierten. Wir schauen uns die Gesetze jetzt genau an, die, wenn diese Meldungen stimmen, durch das Parlament gegangen sind. Nach unseren bisherigen Informationen handelt es sich dabei um einen Prozess, der über zehn Jahre hinweg aufgesetzt werden soll. Am Ende dieses Prozesses soll Kosovo dann über defensiv ausgerichtete Streitkräfte verfügen. Die Streitkräfte werden zum Beispiel den serbischen um ein Vielfaches unterlegen sein. Eine Fortsetzung der engen Begleitung der Kosovo Security Forces durch die NATO halten wir für wünschenswert, auch mit Blick auf die regionale Stabilität.”
Daniel Serwer, ein Balkanexperte von der John Hopkins University, sagte in einem Interview mit der bosnischen Zeitung Gazeta Express, dass die Gründung einer Kosovo-Armee „eine klare Botschaft von Washington“ sei. „Ich weiß nicht, was uns erwartet. Die neue US-Regierung sagte wenig über die Balkan-Region, und soweit ich weiß, nichts über Bosnien und Herzegowina. Die einzige klare Aussage ist, dass das Pentagon die Gründung der Kosovo-Armee unterstützt“, so Serwer.
Ungeachtet internationaler Mahnungen und scharfer Proteste Serbiens hatte das Parlament in Pristina im Dezember den Aufbau einer eigenen Armee beschlossen. Die bislang für Katastrophenfälle vorgesehene und leicht bewaffnete Kosovo Security Force (KSF) soll dabei in eine richtige Armee umgewandelt werden und die Truppenstärke auf 5.000 Soldaten verdoppelt werden. Bis die neuen Streitkräfte einsatzfähig sind, dürfte es noch Jahre dauern.
Serbien weigert sich bis heute, die Unabhängigkeit seiner früheren Provinz Kosovo anzuerkennen, um die es Ende der 1990er Jahre einen Krieg mit 13.000 Toten führte. Für Sicherheit und Stabilität ist seit 1999 die Nato-geführte KFOR-Mission (KosovoForce) verantwortlich. Grundlage des Einsatzes ist die UN-Resolution 1244. Derzeit umfasst die KFOR mehr als 4.000 Soldaten. Auch die Bundeswehr ist beteiligt.