Politik

China: Schwarze Liste schließt Millionen Menschen vom Zugfahren aus

Lesezeit: 2 min
21.02.2019 15:02
Die chinesische Regierung forciert den Einsatz ihres Sozialkreditsystems. Sie hat Millionen Menschen auf eine schwarze Liste gesetzt, was sie unter anderem vom Fliegen und von Zugreisen ausschließt.
China: Schwarze Liste schließt Millionen Menschen vom Zugfahren aus

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

In China sind Millionen Menschen und Unternehmen auf eine offizielle schwarze Liste gesetzt worden, weil sie als nicht vertrauenswürdig gelten. Die betroffenen Personen sind von einer Reihe von Aktivitäten ausgeschlossen, darunter der Zugang zu den Finanzmärkten sowie das Reisen mit Flugzeug und Zug.

Mit ihrer jährlichen schwarzen Liste will die chinesische Regierung nach eigenen Angaben die „Vertrauenswürdigkeit“ in der Gesellschaft stärken. Die Liste ist eine Erweiterung des Sozialkreditsystems, das jedem der 1,4 Milliarden Chinesen eine persönliche Bewertung zuweist, die auf dem individuellen und unternehmerischen Verhalten basiert.

Laut dem Jahresbericht 2018 des Nationalen Kreditinformationszentrums, das das Rating-System im Auftrag der Nationalen Entwicklungs- und Reformkommission betreibt, sammelten die Behörden mehr als 14,21 Millionen Informationen über das "unzuverlässige Verhalten" von Einzelpersonen und Unternehmen.

Rund 17,46 Millionen "diskreditierte" Menschen durften keine Flugscheine kaufen, und rund 5,47 Millionen "diskreditierte" Menschen  wurden nicht für den Kauf von Fahrscheinen für Hochgeschwindigkeitszüge zugelassen, zitiert die South China Morning Post aus dem offiziellen Bericht.

Die Behörden setzten auch neuartige Methoden ein, um die betroffenen Personen unter Druck zu setzen. So konnten diese Personen keine Premiumversicherungen, Vermögensverwaltungsprodukte oder Immobilien kaufen. Zudem wurden sie durch die Veröffentlichung ihrer Informationen bloßgestellt.

Zu den gesammelten Informationen gehören Anklagen wegen Betruges von Kunden, Versäumnisse bei der Rückzahlung von Krediten, illegale Geldsammlungen, falsche und irreführende Werbung sowie unzivilisiertes Verhalten wie das Besetzen reservierter Plätze in Zügen oder Unruhestiftung in Krankenhäusern.

Laut einem Bericht von Bloomberg belohnt das Kreditsystem in Hangzhou, das Anfang 2018 eingeführt wurde, „pro-soziales Verhalten“ wie ehrenamtliche Arbeit und Blutspenden, während es Verstöße gegen die Verkehrsgesetze und korruptes Verhalten bestraft.

Neben Privatpersonen wurden im letzten Jahr auch rund 3,59 Millionen Unternehmen in die offizielle schwarze Liste zur Kreditwürdigkeit aufgenommen. Sie sind von einer Reihe von Aktivitäten ausgeschlossen, darunter Projektausschreibungen, die Wertpapiermärkte, Landauktionen und die Ausgabe von Unternehmensanleihen.

Und Chinas Sozialkreditsystem zeigt Wirkung. Aufgrund des Drucks des Systems haben im vergangenen Jahr insgesamt 3,51 Millionen "nicht vertrauenswürdige" natürliche und juristische Personen ihre Schulden zurückgezahlt oder Steuern und Geldbußen abgeführt.

Dem Bericht zufolge wurden insgesamt 1.282 Betreiber von Peer-to-Peer-Kreditplattformen auf die schwarze Liste zur Kreditwürdigkeit gesetzt, weil sie Investoren nicht zurückzahlen konnten oder an illegalem Fundraising beteiligt waren.

Zudem wurden die Quanjian Group, ein Hersteller von Gesundheitspflegeprodukten, und der Impfstoffhersteller Changsheng Bio-Technology in die schwarze Liste der Kreditwürdigkeit aufgenommen. Hintergrund ist ihre Beteiligung an Skandalen im Gesundheitssektor, welche die Öffentlichkeit wütend gemacht hatten.

So wurde Quanjian vorgeworfen, falsche Marketing-Aussagen über die Vorteile eines Produkts gemacht zu haben, das ein vierjähriger Krebspatient getrunken hatte. Und Changsheng, der größte chinesische Hersteller von Tollwutimpfstoffen, wurde im Oktober mit einer Geldbuße von 1,3 Milliarden US-Dollar belegt.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

 

DWN
Unternehmen
Unternehmen Tesla Grünheide - Protesttage: Polizei schützt Autofabrik mit Großaufgebot
10.05.2024

Die Kundgebungen gegen den Autobauer Tesla in Grünheide erreichten am Freitag einen neuen Höhepunkt. Während eines...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Der Chefredakteur kommentiert: Deutsche Bahn, du tust mir leid!
10.05.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Technologie
Technologie Kein Erdgas mehr durch die Ukraine? Westeuropa droht erneute Energiekrise
10.05.2024

Eines der größten Risiken für die europäische Erdgasversorgung im nächsten Winter ist die Frage, ob Gaslieferungen weiterhin durch die...

DWN
Finanzen
Finanzen DAX-Rekordhoch: Deutscher Leitindex springt auf Allzeithoch bei über 18.800 Punkten
10.05.2024

Der DAX hat am Freitag mit einem Sprung über die Marke von 18.800 Punkten seinen Rekordlauf fortgesetzt. Was bedeutet das für Anleger und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Streik am Bau: Gewerkschaft kündigt Proteste in Niedersachsen an
10.05.2024

Die IG Bauen Agrar Umwelt hat angekündigt, dass die Streiks am Bau am kommenden Montag (13. Mai) zunächst in Niedersachsen starten...

DWN
Politik
Politik Selenskyj drängt auf EU-Beitrittsgespräche - Entwicklungen im Ukraine-Krieg im Überblick
10.05.2024

Trotz der anhaltenden Spannungen an der Frontlinie im Ukraine-Krieg bleibt Präsident Selenskyj optimistisch und setzt auf die...

DWN
Politik
Politik Corona-Aufarbeitung: Spahn spricht sich für breite Analyse aus mit allen Blickwinkeln
10.05.2024

Im deutschen Parlament wird zunehmend eine umfassende Analyse der offiziellen Corona-Maßnahmen, einschließlich Masken und Impfnachweisen,...

DWN
Politik
Politik Pistorius in den USA: Deutschland bereit für seine Aufgaben
10.05.2024

Verteidigungsminister Boris Pistorius betont in Washington eine stärkere Rolle Deutschlands im transatlantischen Bündnis. Er sieht den...