Am Donnerstag fand in Berlin der 6. Russland-Tag der Deutsch-Russischen Außenhandelskammer statt. Vertreter der russischen und deutschen Wirtschaft sowie Politiker und Verbandsfunktionäre versuchten eine Standortbestimmmung in einer Beziehung, in der beide Partner klar erkennen ließen, dass sie von einem Dritten an dem Ausbau der Beziehungen gehindert werden.
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier vermied es jedoch, die US-Regierung ausdrücklich zu erwähnen und zitierte statt dessen Bismarck, der seine Generäle davon abgehalten hatte, einen Krieg gegen Russland anzuzetteln. Doch Altmaier ging nicht so weit, sich entschieden gegen die Sanktionen auszusprechen - wohl auch, weil er schon weiß, dass die Sanktionen weiter verlängert und vermutlich von der US-Regierung noch verschärft werden. Vor allem aber wurde aus Altmaiers blumigen Ausführungen klar, dass er gar nichts ändern kann - selbst, wenn er wollte.
Russlands Minister für wirtschaftliche Entwicklung, Maxim Oreschkin, sagte, die Sanktionen richten sich eigentlich gegen die EU und appellierte an die deutschen Vertreter, sich zu überlegen, ob es nicht sinnvoll wäre, die Produktion aus den USA abzuziehen und nach Russland zu verlagern. Von dort sei man auch schneller in China.
Zahlreiche Gesprächspartner, die wegen der Sensibilität des Themas nicht namentlich zitiert werden wollen, sagten, dass sie mit einer langen Eiszeit rechneten. Mindestes 12 Monate, und eher länger, werde es das Sanktionsregime noch geben. Daher zögern viele Unternehmen noch immer, in Russland zu investieren. Einer der Hauptgründe ist die Angst, unter dem Sanktionsregime Fehler zu machen. Daher verursachen Papier- und Sicherheitsüberprüfungen zusätzliche Kosten für Unternehmen. Auch die negative Berichterstattung der Medien über Russland wurde als Grund für deutsche Unternehmen angeführt, sich vor dem Beginn der Geschäftstätigkeit in Russland eher zu überlegen. Der Druck der USA auf die EU, Nord Stream 2 zu stoppen, wird als negativ für das Geschäftsklima empfunden und schadet sogar Branchen außerhalb des Energiesektors.
Deutsche und russische Finanzfachleute wiesen auf die Stabilität der russischen Währung und des russischen Banken-Sektors hin. Roland Boehm von der Commerzbank lobte die Bemühungen der russischen Zentralbank. Der Bank sei es gelungen, das russische Finanzsystem durch schwierige Zeiten zu führen. Die russischen Banken seien stabiler als noch vor wenigen Jahren, sagte Böhm. Oreschkin sagte, der Rubel sei zu einer stabilen Währung geworden, die den Anlegern Vertrauen in die wirtschaftliche Stabilität gibt. Russlands Währungspolitik folgt dem norwegischen Modell, bei dem die Regierung einen Mechanismus zur Veränderung der Ölpreise entwickelt hat, der sehr gut funktioniert, sagte Oreschkin.
In Moskau unterstrich unterdessen Außenminister Lawrow, dass sich der Handel zwischen der EU und Russland positiv entwickle. Der Handelsumsatz zwischen Russland und der Europäischen Union habe im zweiten Jahr in Folge zugenommen, sagte der russische Außenminister, Sergej Lawrow, am Donnerstag, laut TASS. „Im zweiten Jahr in Folge ist der Handelsumsatz zwischen Russland und der Europäischen Union gestiegen - um 20%. Es nähert sich der Marke von 300 Milliarden Dollar “, sagte der Minister.
Lawrow erinnerte daran, dass das bilaterale Handelsvolumen immer noch niedriger ist als 2014 (440 Mrd. USD). "Dennoch beobachten wir tendenziell einen Anstieg des Wachstums des Warenumsatzes", sagte er.
Rainer Lindner von Schaeffler sagte beim AHK-Forum, dass der "globale Druck auf die Unternehmen stetig wächst". Das betrifft nicht nur die Sanktionen, sondern auch die Zinsen. Commerzbank-Mann Boehm wies darauf hin, dass die russischen Unternehmen hohe Zinsen für Investitionen zahlen müssten - während die deutschen Unternehmen von den niedrigen EZB-Zinsen profitieren.