Deutschland

Kohle-Ausstieg: RWE fordert Milliarden-Entschädigung vom Steuerzahler

Der Rückzug aus der Kohlekraft wird bei RWE zu einem signifikanten Stellenabbau führen. Der Konzern fordert von der Bundesregierung Milliarden Euro an Entschädigung.
14.03.2019 09:29
Lesezeit: 2 min

Wenige Wochen nach den Empfehlungen der Kohlekommission für einen Ausstieg aus der Verstromung bis 2038 geht der größte deutsche Erzeuger RWE in die Offensive. Der Versorger sei bereit, für den ersten großen Schritt bis 2023 weitere Braunkohlekraftwerke vom Netz zu nehmen, sagte Konzernchef Rolf Martin Schmitz am Donnerstag bei der Vorstellung der Jahresbilanz in Essen. "Uns ist klar, dass RWE den Löwenanteil der rund drei Gigawatt, die allein in der Braunkohle vom Netz gehen sollen, schultern soll."

RWE könne das aber nicht alleine stemmen, sondern benötige Unterstützung durch die Politik. Als Entschädigung seien 1,2 bis 1,5 Milliarden Euro pro Gigawatt angemessen. Auch der umkämpfte Hambacher Forst könne erhalten werden - wenn genügend Geld fließe.

Schmitz will den Versorger umkrempeln und auf Ökostrom trimmen. Hierzu will er die erst 2016 gestartete Tochter Innogy zusammen mit E.ON-Chef Johannes Teyssen noch in diesem Jahr zerschlagen - und RWE mit der Übernahme der Ökstromanlagen von Innogy und der von E.ON zum drittgrößten Produzenten von Ökostrom in Europa wandeln. Doch das Erbe aus dem Kohlezeitalter wird den Konzern, der künftig RWE Renewables heißen soll, noch lange belasten.

"EIN KRAFTAKT"

"Für RWE, unsere Beschäftigten, unsere Partnerfirmen und die Region wird das ein Kraftakt", sagte Schmitz. Die Politik müsse für den Ausstieg dabei so tatkräftig Unterstützung leisten, wie die Kohlekommission es empfohlen habe. RWE beschäftigt in den Tagebauen und Kraftwerken des Rheinischen Reviers knapp 10.000 Mitarbeiter. Davon könnten Schmitz zufolge bereits bis 2023 rund 2700 Stellen gefährdet sein. RWE werde bei dem Stellenabbau wohl nicht allein mit den üblichen sozialverträglichen Maßnahmen auskommen. Er setze aber auch hier auf die Gespräche mit der Bundesregierung.

Entgegenkommen signalisierte Schmitz im Fall des seit Jahren von Umweltschützern gegen den landschaftsfressenden Braunkohletagebau verteidigten Hambacher Forst. "Wir werden prüfen, was technisch mit Blick auf Standsicherheit, Rekultivierung und Wasserwirtschaft möglich ist." Wirtschaftlich und betrieblich wäre es zwar nicht sinnvoll, auf eine Rodung zu verzichten. "Aber Symbole haben eben ihren Preis, dann muss man ihn aber auch bezahlen wollen." Einen Verkauf der Kohleaktivitäten, wie ihn Vattenfall mit seinen ostdeutschen Anlagen an den tschechischen Versorger EPH vorgemacht habe, erwäge er nicht, sagte Schmitz. Er führe auch keine Gespräche darüber.

Im vergangenen Geschäftsjahr schrumpfte der operative Gewinn des Versorgers deutlich - vor allem, weil die Kohle-, Gas- und Kernkraftwerke wegen der gesunkenen Strom-Großhandelspreise weniger einbrachten. Der um Sondereffekte bereinigte Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) sei 2018 bezogen auf die Kennziffer "RWE Stand alone" auf 1,5 von zuvor 2,1 Milliarden Euro geschrumpft. Für 2019 stellt RWE 1,2 bis 1,5 Milliarden Euro in Aussicht.

Den Aktionären will RWE für 2018 eine ordentliche Dividende von 70 Cent je Aktie und für 2019 von 80 Cent je Anteilsschein zahlen. 2017 waren es 1,50 Euro, davon eine Sonderdividende von einem Euro.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Schlupflöcher für Putin: EU-Plan gegen russisches Gas unter Beschuss
24.06.2025

Die EU will russisches Gas bis 2027 verbieten. Doch geheime Schlupflöcher könnten Moskau weiter Milliarden sichern – und Europas...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft E-Auto Prämien: Sozial gestaffelte Zuschüsse für Klimaschutz und Gebäudesanierung
24.06.2025

Das Umweltbundesamt (UBA) fordert in seiner aktuellen Empfehlung eine Neuausrichtung der Klimaschutzmittel: Neben einkommensabhängigen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Investitionspaket beschlossen: Bund und Länder einigen sich auf Steuererleichterungen für Wirtschaft
24.06.2025

Bund und Länder haben eine Einigung über das geplante Investitionspaket erzielt, das der deutschen Wirtschaft neue Wachstumsimpulse geben...

DWN
Politik
Politik Waffenruhe zwischen Iran und Israel: Trump erklärt Nahost-Konflikt für beendet
24.06.2025

US-Präsident Trump verkündet Waffenruhe zwischen Iran und Israel. Nach schweren Angriffen könnte der Zwölftagekrieg beendet sein. Was...

DWN
Politik
Politik Nato-Gipfel: Den Haag wird zur Festung - Sorge vor digitaler Sabotage
24.06.2025

Die Niederlande erwarten die Staats- und Regierungschefs der Nato-Staaten – auch US-Präsident Donald Trump. Wegen der hochkarätigen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Sondervermögen Infrastruktur: Wo gehen die 500 Milliarden Euro hin?
24.06.2025

Deutschland hat Infrastrukturprobleme. Das geplante Sondervermögen Infrastruktur in Höhe von 500 Mrd. Euro soll in den nächsten zehn...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Misserfolg bei Putins Wirtschaftsforum in St. Petersburg: Die marode Kriegswirtschaft interessiert kaum jemanden
23.06.2025

Das Wirtschaftsforum in St. Petersburg sollte Russlands wirtschaftliche Stärke demonstrieren. Stattdessen offenbarte es die dramatische...

DWN
Politik
Politik Zwangslizenzen: EU hebelt den Patentschutz im Namen der Sicherheit aus
23.06.2025

Die EU will künftig zentral über die Vergabe von Zwangslizenzen entscheiden – ein tiefer Eingriff in das Patentrecht, der die...