Deutschland

Studie: Zuwanderung kann demografische Krise Deutschlands nicht verhindern

Die demografische Krise und die dadurch ausgelöste Erschütterung des Sozialstaats dürfte zum alles beherrschenden Thema der kommenden Jahre werden.
17.03.2019 17:36
Lesezeit: 2 min

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Mehr Zuwanderer und Kinder allein werden den durch den Altersprozess der Gesellschaft entstehenden finanziellen Druck auf den deutschen Sozialstaat einer Studie zufolge nicht abfedern. Dabei würden die Ausgaben für soziale Sicherung selbst unter "weniger realistischen Szenarien" mit einer hohen Geburtenrate und starker Einwanderung bis 2045 "substanziell" auf 33 Prozent des jährlichen deutschen Bruttoinlandsprodukts (BIP) oder 1,6 Billionen Euro steigen, wie aus Analyse der Bertelsmann-Stiftung hervorgeht.

Im Jahr 2017 betrugen die Ausgaben dafür laut Stiftung 27 Prozent des BIP oder rund 890 Milliarden Euro. Mehr Geburten könnten sich demnach erst mit Zeitverzug und längerfristig ab dem Jahr 2035 vorteilhaft auf die Sozialkassen auswirken, wenn mögliche zusätzliche Kinder das 15. Lebensjahr erreichen sowie erwerbstätig sein sollten. Unmittelbar erhöhen sie zunächst jedoch die Ausgaben für Familien und Bildung.

Potenzielle erhöhte Einwanderung wirkt sich der Untersuchung zufolge zunächst zwar dämpfend auf den gesellschaftlichen Alterungsprozess aus. Allerdings altern auch Zuwanderer mit der Zeit oder wandern wieder ab. So erkennen die ersten Beobachter in der Kinderarmut Deutschlands inzwischen die größte Bedrohung für das Wirtschaftswachstum der kommenden Jahrzehnte.

Eine zusätzliche Verschärfung demografischer Trends ließe sich demnach nur durch dauerhafte hohe Einwanderungssalden vermeiden, behauptet die wirtschaftsnahe Bertelsmann-Stiftung - welche bereits bei der Ausarbeitung von Hatz 4 federführend war.

Die Studie empfiehlt vor diesem Hintergrund eine Abkehr von reinen "Demografieinstrumenten" in Form von Geburtenraten und Zuwanderung. Kurz- und langfristige positive Auswirkungen auf die Sozialfinanzen ließen sich allerdings dadurch erreichen, dass eine moderate Steigerung von Geburten- und Immigrationsraten mit einem höheren Beschäftigungsniveau verbunden werde, betonten die Forscher.

Mögliche Instrumente dafür seien eine an die steigende Lebenserwartung gekoppelte längere Regelarbeitszeit vor der Rente sowie Maßnahmen, die mehr Frauen und mehr Zuwanderer als Erwerbstätige in den Arbeitsmarkt bringen. Auch eine schnellere Arbeitsmarktintegration von Einwanderern sei nötig. Gefordert seien daher komplexere Ansätze unter Einbeziehung von arbeitsmarkt-, sozial- und bildungspolitischen Instrumentarien.

Auch die dadurch entstehenden Veränderungen im Erwerbsverhalten hätten teils zwar lediglich den Charakter von Lastverschiebungen auf der Zeitachse, weil höhere Rentenansprüche erworben werden und später auch in höhere Zahlungen münden. Trotzdem ließe sich den Berechnungen zufolge der Anstieg der Sozialausgaben dadurch bis 2045 um drei Prozentpunkte und bis 2060 um fünf Prozentpunkte senken. Die Auswirkungen auf die Beitragssätze für die Sozialversicherungen wären sogar noch größer.

Ohne solche breiter angelegten Gegenmaßnahmen droht nach Einschätzung der Stiftung ein "massiver Verteilungskonflikt" zwischen den jüngeren und älteren Generationen. Ein 2010 geborener Durchschnittsverdiener müsste im Laufe seines Erwerbslebens etwa 170.000 Euro Sozialbeiträge mehr zahlen als ein Durchschnittsverdiener des Geburtsjahrgangs 1970, wenn weiter allein auf mehr Kinder und mehr Zuwanderung gesetzt werde. Daraus müssten "Konsequenzen" gezogen werden, forderte die Bertelsmann-Demografieexpertin Martina Lizarazo López.

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