Deutschland

Großinvestor kritisiert Bayer wegen Monsanto-Übernahme scharf

Der erste Großinvestor von Bayer – das Fondshaus Deka – attackiert die Konzernleitung öffentlich. Der Kauf des unbeliebten Konkurrenten Monsanto mit hohen Neuschulden sei ein schwerer Fehler gewesen.
10.04.2019 16:06
Lesezeit: 2 min

Zwei schwere Schlappen vor Gericht wegen der angeblich krebserregenden Wirkung des Unkrautvernichters Glyphosat, der Aktienkurs im Keller. Dennoch bekräftigte Bayer-Vorstandschef Werner Baumann erst jüngst wieder: "Der Monsanto-Kauf war und ist eine gute Idee." Die milliardenschwere Übernahme des Glyphosat-Entwicklers habe Bayer mit "größter Sorgfalt" geprüft. Auch vom Aufsichtsrat kommt Rückendeckung.

Nun geht einer der Top-Investoren bei Bayer mit der Führung des Konzerns hart ins Gericht. "Wenn eine Übernahme in einem so kurzen Zeitraum solche Vermögens- und Reputationsschäden verursacht, ist das schon drastisch", sagt Ingo Speich, Leiter Nachhaltigkeit und Corporate Governance bei dem Sparkassen-Fondshaus Deka, der Nachrichtenagentur Reuters. "Da kann man nicht mehr von einer erfolgreichen Akquisition sprechen."

Die Deka ist der zweitgrößte deutsche Einzelinvestor bei Bayer nach der Fondsgesellschaft DWS und steht nach eigenen Angaben auf Platz zehn der größten Geldgeber des Pharma- und Chemiekonzerns. Speich spricht von einer "desaströsen" Wertentwicklung bei dem Unternehmen. Die 63 Milliarden Dollar schwere Übernahme von Monsanto im vergangenen Sommer hat Bayer gut 37 Milliarden Euro an Börsenwert gekostet. Aktuell ist der Konzern noch knapp 57 Milliarden Euro wert - und damit umgerechnet etwa so viel, wie er für Monsanto gezahlt hat. Zwischenzeitlich war Bayer sogar billiger. "Das Erschreckende ist, dass dem Management im Prinzip die Hände gebunden sind, weil wir jetzt an einer Stelle sind, wo es von den Gerichten abhängt, wie es weitergeht", sagt Speich. Bayer sei derzeit eine "Black-Box".

In den USA sieht sich Bayer mit mehr als 11.200 Klägern wegen des umstrittenen Unkrautvernichtungsmittels Roundup von Monsanto konfrontiert. In zwei Fällen wurde das Unternehmen zu millionenschweren Schadenersatzzahlungen verurteilt. Bayer hat zwar Berufung eingelegt, viele Experten gehen aber bereits von einem teuren Vergleich aus. Speich erwartet vom Management, dass es nun daran arbeitet, wieder Vertrauen am Kapitalmarkt herzustellen. Zur Hauptversammlung am 26. April liegen bereits Gegenanträge vor, gegen die Entlastung der Vorstandsmitglieder zu stimmen. Auch die beiden großen angelsächsischen Stimmrechtsberater ISS und Glass Lewis empfehlen den Aktionären, den Vorstand nicht zu entlasten, unter anderem, weil das Management die mit dem Monsanto-Kauf verbundenen Rechtsrisiken unterschätzt habe.

Speich teilt diese Einschätzung. "Die Annahmen für die Rechtsrisiken waren zu niedrig, das haben sie definitiv unterschätzt." Bayer stehe mit dem Rücken an der Wand. Speich wollte sich nicht äußern, wie die Deka auf der Hauptversammlung abstimmen wird. Eine Entlastung oder Nicht-Entlastung hat keine rechtlichen Folgen, gilt aber als symbolischer Vertrauens- beziehungsweise Misstrauensbeweis. Immerhin hält Speich dem Vorstand zu Gute, "keine eklatanten Verfehlungen im operativen Geschäft" zu sehen. Es bestehe aber die Gefahr, dass das Management so stark auf die Rechtsstreitigkeiten und die Monsanto-Integration konzentriert sei, dass es andere Baustellen erst spät erkenne. Wie auch andere Marktbeobachter sieht Speich zudem ein Risiko, dass Bayer nach dem starken Kurseinbruch ein Spielball von aktivistischen Investoren oder gar selbst ein Übernahmeziel werden könnte. Aufgrund der Rechtsrisiken sei damit aktuell aber nicht zu rechnen. "Das ist eine bittere Pille, so dass da wenig passieren dürfte."

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

 

DWN
Technologie
Technologie Meta trainiert KI mit Ihren Daten – ohne Ihre Zustimmung. So stoppen Sie das jetzt!
09.05.2025

Ab dem 27. Mai analysiert Meta öffentlich sichtbare Inhalte von Facebook- und Instagram-Nutzern in Europa – zur Schulung seiner...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Silicon Valley wankt: Zölle, Zoff und zerplatzte Tech-Träume
08.05.2025

Während Europa auf seine Rezession zusteuert und China seine Wirtschaft auf staatlicher Kommandobasis stabilisiert, gibt es auch im sonst...

DWN
Panorama
Panorama Verkehrswende: Ariadne-Verkehrswendemonitor zeigt Entwicklung auf
08.05.2025

Wie sich die Verkehrswende in Deutschland aktuell entwickelt, ist nun auf einer neuen Onlineplattform des Potsdam-Instituts für...

DWN
Finanzen
Finanzen Inflation bewältigen: 7 Strategien für finanzielle Stabilität, weniger Belastung und einen nachhaltigeren Lebensstil
08.05.2025

Wer die eigenen Ausgaben kennt, kann gezielt handeln. So behalten Sie die Kontrolle über Ihr Geld. Mit Budgetplanung und klugem Konsum...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Maschinenbau: Bedeuten die Trump-Zölle das Ende einer deutschen Schlüsselindustrie?
08.05.2025

Der Maschinenbau befindet sich seit Jahren im Dauerkrisenmodus. Nun droht die fatale Zollpolitik des neuen US-Präsidenten Donald Trump zum...

DWN
Politik
Politik Anti-Trump-Plan: Halbe Milliarde Euro für Forschungsfreiheit in Europa
08.05.2025

Während US-Präsident Trump den Druck auf Hochschulen erhöht, setzt EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auf gezielte Anreize...

DWN
Technologie
Technologie Bitkom-Umfrage: Deutsche kritisieren Abhängigkeit von KI-Anbietern aus dem Ausland
08.05.2025

Die Bevölkerung in Deutschland verwendet zunehmend Anwendungen auf Basis künstlicher Intelligenz. Gleichzeitig nimmt die Sorge über eine...

DWN
Politik
Politik Migrationspolitik: Wie die Neuausrichtung an den deutschen Außengrenzen aussehen könnte
08.05.2025

Das Thema illegale Migration und wer bei irregulärer Einreise an deutschen Landesgrenzen zurückgewiesen wird, beschäftigt die Union seit...