Wirtschaft

Afrika: Ein neuer Riesen-Player auf dem Rohstoff-Weltmarkt?

Das Image vom armen Erdteil entspricht überhaupt nicht der Realität, wenn man sich seine Rohstoffindustrien anschaut – beispielsweise die Öl- und Goldproduktion. Es gibt da allerdings ein Problem.
11.08.2019 17:44
Lesezeit: 4 min

 „Unsere nationalen Öl-Gesellschaften in Afrika schlafen derzeit noch“, ereiferte sich Gabriel Mbaga Obiang Lima, der Bergbau-Minister aus Äquatorial-Guinea. „Wir sollten uns regelmäßig zusammensetzen und uns darüber verständigen, wie wir Gemeinschaftsunternehmen gründen können“, forderte der afrikanische Politiker. „Wir müssen die Firmen und die Dienstleister der Branche vereinen“, sagte der 44jährige.

„Unser Land wird dafür eine Vorreiterrolle einnehmen, sagte der Politiker und wies darauf hin, dass Äquatorial-Guinea Anfang Oktober Gastgeber des afrikanischen ‚Öl- und Gas-Tages‘ sein wird – einer Konferenz, an der sich die afrikanischen Staaten über die Entwicklung dieser Industrie auf ihrem Kontinent beraten.

Dass sich ausgerechnet Äquatorial-Guinea so selbstbewusst präsentiert, hat seine Gründe: Mittlerweile gehört das westafrikanische Land, in dem gerade einmal 1,2 Millionen Einwohner leben, zu den aufstrebenden Öl-Nationen – und zwar weltweit. Der relativ junge Staat, der erst 1968 von der Kolonialmacht Spanien unabhängig wurde, verfügt über Ölvorkommen, die bei 100.000 Tonnen liegen. Das sind etwa 0,1 Prozent der Weltreserven. Im vergangenen Jahr lag die Produktion von Äquatorial-Guinea bei knapp neun Millionen Tonnen.

Zahlenmäßig scheint dies natürlich relativ wenig zu sein. Doch muss man berücksichtigen, dass Äquatorial-Guinea noch vor 20 Jahren zu den ärmsten Ländern der Welt gezählt hat. Dank des Öl-Reichtums hat sich innerhalb der vergangenen zwei Jahrzehnte die Gesamtwirtschaftsleistung auf fast 14 Milliarden Dollar verzwanzigfacht.

Mittlerweile liegt es beim Bruttoinlandsprodukt pro Kopf mit knapp 10.400 Dollar auf der Liste der reichsten afrikanischen Nationen auf dem dritten Platz – nur Mauritius (11.300 Dollar) und die Seychellen (rund 16.400 Dollar) befinden sich noch davor. Interessant: Das Land hängt sogar Südafrika (6.300 Dollar) ab, das aufgrund seiner reichen Goldverkommen in den westlichen Ländern das Image eines relativ vermögenden Staates hat.

Afrika stellt mittlerweile die Hälfte der OPEC-Staaten

Dadurch hat sich der westafrikanische Staat auch den Respekt bei den weltweit führenden Öl-Nationen verschafft. Das ist deswegen so wichtig, weil dieser Rohstoff nach wie vor global dominierend bleibt, auch wenn andere Energieträger Prognosen zufolge zulegen werden. Auch bei der Autoproduktion spielen die klassischen Verbrennungsmotoren weiterhin die größte Rolle – egal, ob die Branche in Zukunft auf E-Autos setzt.

Und wie groß das Ansehen von Äquatorial-Guinea in dieser globalen Schlüsselindustrie gestiegen ist, wird auch an folgendem deutlich: So wurde das Land im Mai 2017 sogar Bestandteil der mächtigen OPEC, das derzeit 14 Mitglieder umfasst – die Hälfte davon stammt aus Afrika. Die Entwicklung von Äquatorial-Guinea ist stellvertretend für den gesamten schwarzen Kontinent, der ein immer größeres Gewicht innerhalb der Branche bekommen hat.

Sieben Prozent aller Welt-Öl-Reserven liegen auf dem schwarzen Kontinent

Selbstverständlich reichen die Länder nicht an die weltweit führenden Nationen aus Nordamerika, dem Mittleren Osten und der GUS heran, die nach wie vor die Szenerie beherrschen. Doch muss man berücksichtigen, wie arm sie früher gewesen sind und welches Image der gesamte Kontinent nach wie vor hat. Afrika gilt nach wie vor als sehr armer Erdteil.

Dass dieses Bild grundsätzlich so nicht mehr stimmt, wird an dem Beitrag deutlich, den die afrikanischen Länder für die weltweite Gesamtproduktion leisten. Der Anteil liegt bei neun Prozent, womit sie die Südamerikaner (7,5 Prozent), die Asiaten (acht Prozent) und die Europäer (3,6 Prozent) hinter sich lassen. Das geht aus dem aktuellen „Statistischen Bericht über die Welt-Energie 2019“ von BP hervor. Doch das ist noch nicht alles: Ende 2018 verfügte Afrika über 16,6 Millionen Tonnen an Reserven – das waren 7,2 Prozent aller Volumina, die es schätzungsweise weltweit gibt.

Südafrika fast überall dominant

Darüber hinaus spielt Afrika bei der Förderung von Gold eine gewichtige Rolle, das nach wie vor als Währungsreserve für die nationalen Notenbanken und bei der Schmuckherstellung wichtig ist. So stammen drei der größten Minengesellschaften der Welt aus Südafrika, die gemeinsam fast zwölf Millionen Unzen pro Jahr produzieren. Ihre jährlichen Verkäufe haben derzeit einen Marktwert von 16,5 Milliarden Dollar. Das entspricht einem satten Drittel des gesamten Weltmarktes. Die Minen befinden sich allerdings nicht nur in Südafrika, sondern über den ganzen Kontinent verstreut – beispielsweise in den westafrikanischen Staaten Ghana und Burkina Faso.

Doch nicht nur bei der Goldproduktion, sondern auch bei der Herstellung von Platin sind die Afrikaner führend. Südafrika mit 133.000 Kilogramm und Simbabwe mit 15.100 Kilogramm haben 2016 rund 80 Prozent des Weltmarktes kontrolliert. Der Gesamtwert der globalen Produktion lag bei 5,2 Milliarden Dollar, wie sich aus den Statistiken des Berichtes „World Mining Data 2018“ errechnen lässt, den unter anderem das Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus herausgegeben hat. Darüber hinaus sind die Afrikaner bei der Produktion von Diamanten als Edelsteine führend. Hier haben sie 40 Prozent des Weltmarktes unter Kontrolle, der pro Jahr zwischen 75 und 76 Millionen Karat produziert. Allen voran wieder Südafrika, aber auch Länder wie der Kongo, Simbabwe und Botswana befinden sich weltweit auf den vordersten Plätzen.

Auch bei Eisen- und Bauxit-Herstellung führend

Von allen Rohstoffen bleibt Eisen immer noch derjenige, der am meisten verwendet  wird. So sind die Volumina auf der ganzen Erde zwischen 2012 und 2016 um fast 16 Prozent geklettert. Ein sehr wichtiger Hersteller ist wieder einmal Südafrika, das weltweit die Nummer eins ist. Das Land am Kap hat 2016 Eisen im Wert von mehr als 61 Milliarden Dollar gefördert. Damit haben die Südafrikaner, Australien (38,6 Milliarden Dollar) und China (30 Milliarden Dollar) weit hinter sich gelassen. Doch das ist noch nicht alles: Die Eisenproduktion steuert generell knapp 17 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) des Landes bei.

Darüber hinaus liefern die afrikanischen Staaten einen bedeutenden Beitrag für die Herstellung von Bauxit, aus dem sich größtenteils Aluminiummetalle gewinnen lassen. Hier haben erneut Südafrika, aber auch Nigeria und Algerien 2016 zwischen fünf und sechs Prozent des globalen Marktes kontrolliert. Die Umsätze, die die afrikanischen Unternehmen mit dem Verkauf des Rohstoffes erzielt haben, lagen bei insgesamt 156 Milliarden Dollar.

Der Welt-Markt für Bauxit ist generell von einem starken Wachstum gekennzeichnet. So ist die Weltproduktion zwischen 2012 und 2016 um zehn Prozent gestiegen. Dieser Rohstoff ist in den vergangenen Jahren weltweit immer wichtiger geworden. Derzeit ist es das Nichteisen-Metall, das am meisten produziert wird.

Problem: Beim Wohlstand auf den letzten zehn Plätzen

Allerdings gibt es da ein gewichtiges Problem: Der potenzielle Reichtum des Kontinents kommt manchmal nur den internationalen Konzernen oder einer kleinen Elite des Landes zugute wie im Fall von Äquatorial-Guinea. Der Bevölkerung geht es in der Regel weniger gut, wie man am "Index der menschlichen Entwicklung" ablesen kann. Dieses Barometer misst anhand bestimmter Faktoren den Wohlstand in den Staaten. Dazu gehören das Bruttonationaleinkommen pro Kopf, die Lebenserwartung und die Dauer der Ausbildung im Schulsystem.

Und hier schneiden Äquatorial-Guinea und die Afrikaner im Weltvergleich sehr schlecht ab. Der westafrikanische Staat befindet sich auf dem 141. Platz von 189 Ländern. Doch das noch nicht alles: Auf den letzten zehn Plätzen liegen nur afrikanische Staaten. Der afrikanische Kontinent ist zwar potenziell reich. Doch hat diese bislang kaum dazu geführt, dass sich der Wohlstand genauso stark entwickelt hätte. Insofern stimmt das stereotype Bild vom "armen Erdteil" dann doch.

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