Finanzen

Bank of England propagiert die virtuelle Weltwährung

Lesezeit: 3 min
26.08.2019 17:27  Aktualisiert: 26.08.2019 17:27
Der britische Zentralbankchef Mark Carney hat auf dem Notenbanktreffen von Jackson Hole für Aufsehen gesorgt. Er erwartet das Ende des US-Dollar als Weltleitwährung. Doch weil ein Übergang zum chinesischen Yuan riskant sei, schlägt er eine globale digitale Reservewährung vor.

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Am vergangenen Freitag auf der alljährlichen Notenbank-Konferenz in Jackson Hole sorgte der britische Notenbankchef Mark Carney für Aufsehen, als er die "destabilisierende" Rolle des US-Dollars für die Weltwirtschaft kritisierte und den Aufbau einer neuen, übernationalen Reservewährung vorschlug.

Trotz des Wandels der Weltwirtschaft sei die US-Währung noch immer "so wichtig wie zum Zeitpunkt des Zusammenbruchs von Bretton Woods" Anfang der 1970er Jahre, sagte Carney. Daher seien Staaten weltweit den Verwerfungen der US-Wirtschaft ausgeliefert.

Der beste Ansatz, um den Dollar zu ersetzen, sei eine gemeinsame, virtuelle, multipolare Reservewährung, sagte der ehemalige Goldman-Banker Carney. Ein "Netzwerk von Währungen der Zentralbanken" könne so die beherrschende Stellung des Dollar beim Handel einschränken.

Das Ende des US-Dollars als Weltreservewährung ist seit Jahren ein Thema in Finanzkreisen. Kürzlich mahnte auch die Investmentbank JPMorgan Investoren dazu, sich auf den Umbruch vorzubereiten. Doch mit Mark Carney warnt erstmals einer der angesehensten Zentralbanker der Welt in aller Öffentlichkeit, dass das derzeitige Weltfinanzsystem nicht aufrechtzuerhalten sei.

In seiner Rede mit dem Titel "Die wachsenden Herausforderungen für die Geldpolitik im aktuellen Internationalen Währungs- und Finanzsystem" beschreibt der britische Zentralbankchef, warum die Zeit des US-Dollars als Weltleitwährung enden muss und warum die Zentralbanken gemeinsam eine neue Reservewährung schaffen sollten.

Carney argumentiert, dass die Dominanz des Dollars im globalen Finanzsystem eine Liquiditätsfalle mit extrem niedrigen Zinsen und schwachem Wachstum auszulösen drohe. Der Dollar habe jahrzehntelang davon profitiert, die Reservewährung der Welt zu sein. Doch nun schade dieser Status nicht nur der US-Wirtschaft, sondern auch dem Rest der Welt.

Die Schwellenländer hätten ihren Anteil an der Weltwirtschaft von rund 45 Prozent vor der Finanzkrise auf zuletzt 60 Prozent erhöht hatten. Dennoch hätten ihre Währungen nicht an Bedeutung gewonnen. Der Dollar werde immer noch für mindestens die Hälfte der Rechnungen im internationalen Handel verwendet. Das ist fünfmal so viel wie der Anteil der USA an den weltweiten Warenimporten. Dies erhöhe die Nachfrage nach US-Vermögenswerten und habe infolge der Schwankungen der US-Wirtschaft schädliche Auswirkungen auf viele Länder.

Wechsel der Weltleitwährung wird in der Regel durch Krieg ausgelöst

Als Alternative zum Dollar nennt Carney den chinesischen Yuan/Renminbi - "den wahrscheinlichsten Kandidaten für den Status einer echten Reservewährung". Dieser habe allerdings noch einen langen Weg vor sich, bevor er dafür bereit sei. "Darüber hinaus lehrt die Geschichte, dass der Übergang zu einer neuen globalen Reservewährung möglicherweise nicht reibungslos verläuft", so Carney.

So hätten die durch den Ersten Weltkrieg verursachten Störungen es den USA ermöglicht, ihre Präsenz auf den bisher von europäischen Produzenten dominierten Märkten auszubauen. Der Handel zwischen den Staaten, der zuvor in Pfund Sterling abgewickelt worden war, notierte die Preise nun in Dollar, und die Nachfrage nach in Dollar notierten Vermögenswerten sei dieser Entwicklung gefolgt.

"Darüber hinaus wurden die USA zu einem Nettogläubiger und vergaben Kredite an andere Länder in auf Dollar lautenden Anleihen", so Carney weiter. "Mit der Schaffung des Federal Reserve System wurde erstmals ein Market-Maker und Liquiditätsmanager für den US-Dollar geschaffen. Dies war besonders hilfreich, um die Verwendung des Dollars für Handelskredite zu fördern, was seine Verwendung als Zahlungsmittel und als Rechnungswährung stärkte."

In der Regel werden Wechsel der Weltleitwährung nicht nur durch Krieg begleitet, sondern die daraus resultierenden Turbulenzen haben oft auch katastrophale finanzielle Folgen. Carney sagt im Hinblick auf den letzten Wechsel vom Pfund zum Dollar: "Die daraus resultierende Welt mit zwei konkurrierenden Anbietern von Reservewährungen trug zur Destabilisierung des internationalen Währungssystems bei, und einige würden argumentieren, dass die mangelnde Koordination zwischen den geldpolitischen Entscheidungsträgern damals zur globalen Liquiditätsknappheit beitrug und die Schwere der Weltwirtschaftskrise verschärfte".

Carney warnt vor sozialen Unruhen und vor Chaos, wenn die Politik seine Warnung ignoriert. Zitat: "Wenn die Zinsen in der Vergangenheit sehr niedrig waren, dann kam es in der Regel auch zu Hochrisiko-Ereignissen wie Kriegen, Finanzkrisen und Brüchen in der Geldordnung."

Mark Carney schlägt virtuelle Reservewährung vor und erwähnt Facebooks Libra

Der chinesische Yuan als Weltleitwährung ist nach Ansicht von Mark Carney nur die "zweitbeste Lösung". Besser wäre ein "multipolares System", dessen größter Vorteil die Diversifizierung sei. Zwar scheine ein multipolares internationales Geld und Finanzsystem noch weit entfernt. Doch technologische Entwicklungen hätten das Potenzial, eine solche Welt entstehen zu lassen. Letztendlich denkt Carney dabei an ein komplett digitales Geldsystem, welches ausschließlich durch Vertrauen gedeckt wird und keine ohysischen Komponenten mehr aufweist:

"Eine solche Plattform würde eher auf dem Virtuellen als auf dem Physischen basieren", sagt Carney. Die Leute würden immer mehr online einkaufen und immer mehr elektronisch bezahlen. Neue Technologien würden das Bezahlen kostengünstiger und bequemer machen. Am bekanntesten sei Facebooks virtuelle Währung Libra, die durch einen Korb von Währungen gedeckt werde, darunter US-Dollar, Euro und Pfund Sterling.

Laut Carney gibt es bei Libra noch eine Vielzahl grundlegender Probleme. Und es sei noch unklar, ob eine solche neue "Synthetische Hegemonialwährung" (Synthetic Hegemonic Currency, SHC) am besten vom Staat bereitgestellt wird, "vielleicht über ein Netz digitaler Währungen von Zentralbanken". Möglicherweise wäre eine solche Synthetische Hegemonialwährung besser als der "riskante Übergang zu einer neuen hegemonialen Reservewährung wie dem Renminbi", so Carney.


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