Finanzen

Nachfrage bricht ein: OPEC verliert die Kontrolle über den Erdöl-Markt

Lesezeit: 3 min
13.10.2016 02:23
Das Opec-Abkommen zur Begrenzung der Fördermenge wird die Preise für Erdöl nicht dauerhaft stützen können, analysiert die Internationale Energieagentur. Schuld daran seien die Schwäche der Weltwirtschaft, in deren Folge die Nachfrage deutlich gesunken ist.
Nachfrage bricht ein: OPEC verliert die Kontrolle über den Erdöl-Markt

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Die Internationale Energieagentur (IEA) prognostiziert, dass die Ölpreise auf unabsehbare Zeit niedrig bleiben. Auch die Ende September erzielte Vereinbarung des Förderkartells Opec werde zu keinem nachhaltigen Anstieg des Ölpreises führen, berichtet oilprice.com.  Die Organisation erklärte am Dienstag, dass der Ölmarkt noch mindestens bis zur Jahresmitte 2017 von einem beträchtlichen Überangebot gekennzeichnet sein werde. Zudem lauerten in naher Zukunft einige Unsicherheitsfaktoren, die zu Preiseinbrüchen führen könnten.

Die IEA kappte zum zweiten Mal in Folge ihre Prognosen zur Zunahme der globalen Erdöl-Nachfrage im laufenden Jahr. Aktuell geht sie davon aus, dass die durchschnittliche Nachfrage des laufenden Jahres im Gegensatz zu 2015 um täglich 1,2 Millionen Barrel Öl (159 Liter) höher liegt. Im September sprach die IEA noch von 1,3 Millionen Barrel, im August noch von 1,4 Millionen Barrel. Hauptsächlich dafür verantwortlich sei ein „schwindendes Wachstum in den OECD-Ländern und eine merkliche Wirtschaftsverlangsamung in China.“

Der Rückgang der Nachfrage ist der IEA zufolge auch der zentrale Grund, warum die Ende September von der Opec beschlossene Förderkürzung nicht funktionieren werde. „Das Wachstum der Nachfrage ist zum Halten gekommen, hauptsächlich wegen der Abkühlung in China. Im dritten Quartal ist die Nachfrage auf das Jahr hochgerechnet nur um 0,8 Millionen Barrel gestiegen – so wenig wie seit vier Jahren nicht mehr. Die nachlassende Nachfrage stellt ein großes Problem für die Ölpreise dar, weil der von dem Opec-Entscheid angestoßene Rally kaum mehr Raum bleibt. Die Preise sind seitdem um etwa 15 Prozent gestiegen.“

Die IEA warnt, dass Förderzuwächse von Nicht-Opec-Staaten wie auch einiger Opec-Staaten die Vereinbarung hinfällig machen könnten. Im September stieg die Produktion der Opec ohnehin auf ein Allzeit-Hoch von 33,64 Millionen Barrel am Tag. Die Opec-Mitglieder Libyen, Nigeria und der Iran haben ihre Produktion wieder hochgefahren und sind von dem Abkommen ohnehin ausgenommen. Es ist deshalb sehr fraglich, ob der Entscheid – die Förderung auf maximal 33 Millionen Barrel täglich zu begrenzen, höhere Notierungen bewirken kann.

Ein weiteres Problem für den Erfolg der Produktionskürzung ist aus Sicht von oilprice.com die Strategie Saudi-Arabiens. Die politische Führung in Riad sei nur zu Produktionskürzungen bereit, welche sie ohnehin in den kommenden Wochen durchführen wollte. „In anderen Worten, Saudi-Arabien sagte Kürzungen zu, aber es verabschiedet sich nicht von seiner Strategie der Marktanteilsgewinnung. Es verpackte seine ohnehin geplanten Kürzungen in dem Opec-Abkommen. Dies lässt darauf schließen, dass das Land nicht mehr als 400.000 Barrel täglich kürzen wird – in diesem Fall würde es nur die Produktionsniveaus vom Frühjahr wieder einnehmen“, heißt es bei oilprice.com.

Unklar ist, ob sich Russland tatsächlich an der geplanten Förderbeschränkung beteiligen wird. Spekulationen darüber sorgten für heftige Reaktionen am Ölmarkt. Der Preis für das Nordseeöl Brent stieg sogar auf den höchsten Stand in diesem Jahr. Doch Experten haben Zweifel, ob den Worten der Förderländer auch tatsächlich Taten folgen werden. Dabei dürfte manch einem Ölscheich bei den Äußerungen des russischen Präsidenten Wladimir Putin bei einer Energiekonferenz diese Woche ein Stein vom Herzen gefallen sein. „Ein Einfrieren oder sogar eine Kürzung der Ölförderung ist wohl die einzig richtige Entscheidung“, hatte der Kremlchef in Istanbul gesagt. Russland sei bereit, sich einer Initiative der Opec anzuschließen. Die Chancen auf eine gemeinsame Einigung stünden gut, gab sich der saudi-arabische Ölminister Khalid Al-Falih zuversichtlich.

Die wirkliche Arbeit gehe für die Opec allerdings erst los, so die IEA. Schließlich muss die Einigung noch formal festgezurrt werden. Bis dahin gebe es noch „kritische Details“ zu klären. Besonders schwierig dürfte die Einigung auf konkrete Länderquoten werden. Denn der Iran, der gerade erst Sanktionen des Westens abgeschüttelt hat, sowie die von Krieg gebeutelten Länder Libyen und Nigeria dürften kaum zu einer Drosselung ihrer Produktion zu bewegen sein. Andere Länder wie Saudi-Arabien müssten daher noch kürzer treten.

Deshalb zweifeln einige Experten daran, dass die Produktionsbeschränkung der Opec wirklich kommt. Eugen Weinberg, Rohstoffexperte bei der Commerzbank, hält zudem eine sinkende Produktion in Russland für „nahezu ausgeschlossen, da sich viele russische Ölunternehmen im Privatbesitz befinden.“ Die Zweifel scheinen berechtigt. Das Land erwäge zunächst ein Einfrieren auf bisherigem Niveau, sagte Russlands Energieminister Alexander Nowak am Dienstag. Von einer Reduktion war keine Rede.

Von Vertretern russischer Ölkonzerne gab es unterdessen unterschiedliche Signale. Der Vizechef des Ölgiganten Lukoil, Leonid Fedun, sagte, dass „alle russischen Ölförderer die Produktion senken werden“, sofern die Regierung dies verlange. Michail Leontjew, Vizechef von Russlands größtem Ölproduzenten Rosneft, sprach dagegen nur von einem möglichen Einfrieren und sein Chef Igor Setschin schlug noch viel zurückhaltendere Töne an. Laut Medienberichten sagte er auf die Frage, ob sein Unternehmen seine Förderung deckeln werde: „Warum sollten wir das tun?“

Besonders problematisch: Spekulative Anleger an den Finanzmärkten hätten zuletzt stark auf steigende Preise gesetzt, so Experte Weinberg. Sollte die Opec ihren Worten keine Taten folgen lassen, drohe daher ein deutlicher Preiseinbruch beim Öl. Für die Förderländer würde dies neben einem empfindlichen Glaubwürdigkeitsverlust dann auch neue schmerzhafte Einnahmerückgänge bedeuten.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Menge sichergestellten Kokains im Hamburger Hafen verdreifacht
06.05.2024

Im Hamburger Hafen werden alle nur erdenklichen Waren umgeschlagen - auch Drogen. Immer mehr Kokain findet durch das Tor zur Welt seinen...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Der internationale Handel und Kriege im Fokus bei Xi-Besuch in Frankreich
06.05.2024

Auf gute Stimmung machen in Europa: Chinas Staatspräsident Xi besucht seit fünf Jahren mal wieder Frankreich und lächelt, als ihn...

DWN
Politik
Politik Neues Gesicht in der CDU: Helmut Kohl-Enkel will in Bundesvorstand gewählt werden
06.05.2024

Die Kinder von Helmut Kohl haben auf eine Karriere in der Politik verzichtet. Jetzt versucht der Enkel des früheren Bundeskanzlers,...

DWN
Politik
Politik Friedrich Merz bleibt Parteichef: CDU zur sofortigen Regierungsübernahme bereit
06.05.2024

Die CDU trifft sich zum dreitägigen Bundesparteitag in Berlin. Es geht um die Verabschiedung des neuen Parteiprogramms der Union und auch...

DWN
Politik
Politik Scholz zu Besuch in Litauen: „Jeden Zentimeter ihres Territoriums verteidigen"
06.05.2024

Mit der anlaufenden Stationierung einer gefechtsbereiten Brigade an der Nato-Ostflanke geht Deutschland im Bündnis voran. Der...

DWN
Politik
Politik Über Fidschi nach Down under: Annalena Baerbock an der Frontlinie der Klimakrise
06.05.2024

Sie zählen zu den kleinsten Klimasündern, haben aber am stärksten unter den Folgen der Erderwärmung zu leiden. Baerbock ist um die...

DWN
Technologie
Technologie Sprunginnovation: In der Lausitz wird das größte Höhenwindrad der Welt errichtet
06.05.2024

Die Sache klingt zunächst irgendwie tragisch. Die Bundesagentur für Sprunginnovationen versucht, in der Lausitz in 365 Metern Höhenwinde...

DWN
Politik
Politik Verstöße gegen EU-Werte: Kommission will Verfahren gegen Polen beenden
06.05.2024

Die EU-Kommission will das Artikel-7-Verfahren gegen Polen beenden. Es war wegen etwaiger Verstöße gegen die Werte der Europäischen...