Politik

Deutsche Wirtschafts-Experten fürchten sich vor Donald Trump

Die offiziellen Experten der deutschen Wirtschaft erwarten nichts Gutes von Donald Trump als Präsident.
09.11.2016 15:20
Lesezeit: 3 min

Donald Trump und die Wirtschaft - was wird aus Deutschland, wenn Trump wie angekündigt auf Protektionismus setzt?

Rene Wagner von Reuters hat die Stellungnahmen deutsche Wirtschafts-Experten gesammelt und ihre Befürchtungen zusammengestellt:

Der deutschen Wirtschaft drohen nach dem Sieg von Donald Trump bei der US-Präsidentschaftswahl turbulente Zeiten. Experten zufolge wird der Aufschwung hierzulande leiden, sollte der Republikaner seine Wahlkampfversprechen tatsächlich umsetzen. Es folgen einige Fragen und Antworten, welche Folgen ein Präsident Trump für die deutsche Wirtschaft haben kann:

WIRD TRUMPS WAHLSIEG DIE DEUTSCHE WIRTSCHAFT BELASTEN?

Wahrscheinlich ja: "Wir werden unsere Prognosen signifikant nach unten setzen müssen", kündigt der wissenschaftliche Direktor des IMK-Instituts, Gustav Horn, für den Fall an, dass Trump ernst macht. Die "krude Mischung" aus Protektionismus und scharfer Umverteilung von unten nach oben durch Steuersenkungen machten die USA zu einem Epizentrum der Unsicherheit in den internationalen Wirtschaftsbeziehungen. "Im Verbund mit der Wachstumsschwäche in Europa, dem Brexit und den Schwierigkeiten in wichtigen Schwellenländern ist das einfach zu viel", so Horn.

WAS KÖNNTEN DIE DIREKTEN FOLGEN VON TRUMPS SIEG FÜR DIE DEUTSCHE WIRTSCHAFT SEIN?

Die Unsicherheit über Trumps Kurs dürfte sich zunächst in einem spürbaren Rückgang der Investitionen bemerkbar machen, erwartet der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, Dennis Snower: "Von amerikanischen Unternehmen selbst, aber auch Direktinvestitionen aus dem Ausland werden dann sinken, bis mehr Klarheit über die Zukunft herrscht". Rund zehn Prozent der deutschen Exporte gehen in die USA - "insbesondere aus den Bereichen Fahrzeug- und Maschinenbau sowie Pharmazie und Chemie, die ihre Expansionspläne dann wohl zumindest vorerst auf Eis legen werden", erklärt der US-Bürger. Schon in den ersten acht Monaten 2016 schrumpften die deutschen Exporte in die USA um gut fünf Prozent - auch wegen des ungewissen Wahlausgangs.

WIE GEHT ES AN DEN BÖRSEN WEITER?

"Natürlich wird es kurzfristig zu Verwerfungen an den Finanzmärkten kommen", erwartet der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher. "Aber ähnlich wie nach dem Brexit-Votum der Briten werden sich die Wellen wieder glätten." Das sieht man bei Deutsche Asset Management ähnlich, die 715 Milliarden Euro an Kundengeldern verwaltet. "Die Unberechenbarkeit Trumps und seine politische Unerfahrenheit sind Grund genug, die kommenden Monate etwas vorsichtiger anzugehen", sagt der Chefstratege des Vermögensverwalters, Stefan Kreuzkamp. "Allerdings glauben wir, dass die Anleger auch nicht die Nerven verlieren sollten." Er hält für möglich, dass Trump im Kongress ein weitgehend klassisch republikanisch geprägtes Wahlprogramm durchziehen wird.

STEHEN DEUTSCHE JOBS AUF DEM SPIEL?

Ja. "Wenn Trump die Handelsschranken durchsetzen könnte, die er angekündigt hat, wäre der Schaden groß", warnt Ifo-Präsident Clemens Fuest. "In Deutschland hängen 1,5 Millionen Arbeitsplätze vom US-Geschäft ab, die USA sind der wichtigste Handelspartner Deutschlands." Um amerikanische Jobs zu sichern, will Trump etwa die Zölle auf im Ausland hergestellte Produkte anheben und die US-Wirtschaft insgesamt stärker gegen Konkurrenz aus dem Ausland schützen.

KANN DIE DEUTSCHE WIRTSCHAFT AUCH VON TRUMP PROFITIEREN?

Auch das hält mancher Experte für denkbar, zumindest kurzfristig. "Wenn Donald Trump seine Wahlversprechen tatsächlich umsetzt und er ein spürbares Konjunkturprogramm für die US-Wirtschaft initiiert, sollte die US-Konjunktur zunächst profitieren und damit auch die wichtigsten Handelspartner", erwartet der Chefvolkswirt der DZ Bank, Stefan Bielmeier. Sein Kollege von der Targobank, Otmar Lang, schätzt das ähnlich ein: "Positiv auf die Wettbewerbsfähigkeit von US-Unternehmen könnte sich eine zügige Unternehmenssteuerreform auswirken, für die Trump etwa eine Steuersenkung von 35 auf 15 Prozent in Aussicht gestellt hatte."

Kehrt Trump von seiner extremen außenwirtschaftlichen Positionierung ab, blieben Steuersenkungen und eine deutliche Erhöhung der Staatsausgaben als Kernelemente übrig. "Dies wäre dann positiv für die US-Wirtschaft und somit auch für die Weltökonomie als ganzes", sagt der Chefvolkswirt der VP Bank, Thomas Gitzel. HeidelbergCement -Chef Bernd Scheifele kann dem Wahlsieg von Trump auf den zweiten Blick positive Seiten abgewinnen: "Mittelfristig bin ich positiv gestimmt." Es sei damit zu rechnen, dass der Staat unter Trump mehr in Infrastruktur investieren und für Beschäftigung sorgen werde.

TRUMP SUCHT DEN HANDELSKONFLIKT MIT LÄNDERN WIE CHINA. MUSS DAS DIE DEUTSCHE WIRTSCHAFT SORGEN?

Ja, denn daraus kann sich ein weltweiter Handelskrieg zum Schaden des Export-Europameisters Deutschland entwickeln. Trump hat im Wahlkampf Strafzölle gegen China und Mexiko angekündigt. Kommt es so, dürfte das die Inflation in den USA um etwa drei Prozentpunkte nach oben treiben, erwartet Sal. Oppenheim-Chefvolkswirt Martin Moryson. "Dies könnte massive Auswirkungen auf die Verfassung der Weltwirtschaft haben." Den Amerikanern bliebe real weniger Geld in den Taschen, um deutsche Autos und andere Waren "Made in Germany" zu kaufen. China & Co dürften unter Strafzöllen leiden. Die Volksrepublik ist immerhin fünftgrößter Kunde der deutschen Exporteure.

MUSS DIE DEUTSCHE WIRTSCHAFT IHRE HOFFNUNG AUF TTIP BEGRABEN?

Nein, hofft zumindest Regierungssprecher Steffen Seibert. Das Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA soll auch in Deutschland für mehr Jobs und Wachstum sorgen. Trump gilt als ausgesprochener Freihandelsgegner. Die deutschen Autobauer sehen nach dessen Wahl deshalb dunkle Wolken aufziehen. "Es steht zu befürchten, dass die USA unter ihrem neuen Präsidenten ebenso wie China vor allem auf ihre eigene Wirtschaft schauen - zulasten internationaler Beziehungen und Handelsströme", erklärt der Präsident des Branchenverbandes VDA, Matthias Wissmann.

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