Die Europäische Zentralbank (EZB) will die Leitzinsen noch lange niedrig halten. Der Schlüsselsatz für die Versorgung der Geschäftsbanken mit Geld werde weit über die Zeit des Anleihen-Kaufprogramms hinaus auf dem aktuellen Niveau von 0,0 Prozent oder sogar noch tiefer liegen, teilten die Währungshüter am Donnerstag in Frankfurt mit. Sie bekräftigten zugleich, dass die Anleihenkäufe bis mindestens Ende 2017 weitergeführt werden sollen. Dabei soll ab April der monatliche Umfang der Transaktionen von derzeit 80 Milliarden Euro auf 60 Milliarden Euro sinken.
Damit werden die Sparer und Versicherer in dem Superwahljahr massiv belastet, während die Staaten sich weiter billig verschulden können. Die EZB will offenbar den Regierungen in Paris, Berlin, Rom und Den Haag Schützenhilfe leisten, um zu verhindern, dass Euro-Gegner die Macht in den wichtigsten Hauptstädten der Welt übernehmen.
Die Entwicklung ist für die Sparer besonders unangenehm, weil die Inflation im Jahr 2017 deutlich anziehen dürfte und daher mit den Nullzinsen eine faktische Enteignung der Sparer stattfindet.
Die extrem niedrigen Zinsen bereiten auch Deutschlands Sozialkassen immer größere Probleme. Der Gesundheitsfonds, der die Krankenversicherungsbeiträge an die Krankenkassen verteilt, habe im vergangenen Jahr bereits 5,1 Millionen Euro Negativzinsen an Banken zahlen müssen, berichtete die "Süddeutsche Zeitung" (Donnerstagsausgabe). Die Rentenversicherung und die Bundesagentur für Arbeit hätten 2016 für ihre Reserven gerade noch eine positive Verzinsung erreicht.
Die Europäische Zentralbank (EZB) erhebt seit Juni 2014 einen negativen Zins von derzeit 0,4 Prozent für Geld, das bei ihr kurzfristig geparkt wird. Die Notenbank will so die Banken animieren, Kredite in die Wirtschaft zu pumpen, statt es bei ihr zu bunkern.
Diese Negativzinsen geben die Banken an ihre Kunden weiter. Somit wird das Geschäft mit der Geldanlage auch für die Sozialkassen, in welche die Milliarden-Beiträge der gesetzlich Versicherten fließen, immer schwieriger.
Der Gesundheitsfonds legt laut "SZ" monatlich zwischen 4,7 Milliarden und neun Milliarden Euro maximal für gut zwei Wochen als Termingeld an. Mit so kurzen Laufzeiten ließen sich aber keine positiven Erträge mehr erzielen.
Etwas besser sehe es bei der Deutschen Rentenversicherung (DRV) aus, die ihre Beiträge und Steuerzuschüsse sofort an die 20,8 Millionen Rentner ausgibt, aber auch über eine Reserve verfügt. Diese Rücklage belief sich Ende 2016 auf 32,4 Milliarden Euro. Bereits ein Viertel der Anlagen werde negativ verzinst, berichtete die Zeitung unter Berufung auf die DRV. Die Vermögenserträge bezifferte die DRV für 2015 mit nur 65.000 Euro.
Die Bundesagentur für Arbeit hatte Ende 2016 eine Rücklage von 11,5 Milliarden Euro. Die Verzinsung habe sich auf plus 0,052 Prozent belaufen, so wenig wie noch nie, heißt es in dem Pressebericht. Die Behörde schließe mittlerweile wegen der Zinspolitik der EZB "die Möglichkeit einer Negativverzinsung nicht mehr gänzlich aus". 2007 und 2008 hatte die Verzinsung noch bei gut vier Prozent gelegen.
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