Politik

Merkels Kehrtwende: Euro-Rettung in Griechenland auch ohne IWF denkbar

Lesezeit: 2 min
16.02.2017 01:55
Wichtige Merkel-Politiker verkünden überraschend, dass die Euro-Rettung in Griechenland auch ohne den IWF möglich sei. Der IWF verlangt – wie alle denkenden Ökonomen – einen Schuldenschnitt. Die CDU will einen solchen keinesfalls vor den Bundestagswahl.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

In der Union wächst offenbar die Bereitschaft zu einer Kursänderung in der Rettungspolitik gegenüber Griechenland. Der Vorsitzende der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament, der CSU-Politiker Manfred Weber, sagte der SZ, dass die CDU nicht mehr auf einer Beteiligung des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Griechenland zu beharre.

„Wenn der IWF auf einem Schuldenschnitt besteht, sollte man ihn ziehen lassen“, sagte Weber der Zeitung. „Europa kann jetzt auf eigenen Füßen stehen.“

Der Vorstoß Webers ist mit Sicherheit nicht ohne Abstimmung mit Bundeskanzlerin Merkel erfolgt. Denn der Europa-Politiker, der auch CSU-Vizechef ist, wendet sich damit von der bisherigen deutschen Position ab, wonach der IWF unbedingt am laufenden dritten Kreditprogramm beteiligt sein müsse. Dafür hatten sich Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble (beide CDU) stets eingesetzt.

Üblicherweise werden solch spektakuläre Kurswechsel über enge Parteifreunde lanciert, um die Öffentlichkeit vorzubereiten. Dass es sich hier um eine von Merkel abgesegnete, von oben veranlasste, konzertierte Aktion handeln muss, zeigt auch die die Tatsache, dass sich auch in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ein Umdenken durchzusetzen beginnt. „Für uns ist wesentlich, dass Griechenland seine Zusagen und strukturellen Reformen umsetzt“, sagte Vizefraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) der „SZ“.

Unter „strukturellen Reformen“ versteht man radikale Austeritätsmaßnahmen. Die Troika fordert zum Beispiel die 12. Kürzungsrunde bei den Renten.

Griechenlands Regierungschef Alexis Tsipras hat neue Sparauflagen für seine Regierung im Zuge der laufenden Reform-Überprüfungen allerdings abgelehnt. Eine Debatte darüber wäre destruktiv, sagte er am Mittwoch. Gegenüber EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici gerichtet, der nach Athen gereist ist, plädierte er daher für eine „Allianz der Vernunft“.

Moscovici äußerte, mit etwas mehr Anstrengungen beider Seiten sollte sich eine Einigung in der Reform-Prüfrunde erzielen lassen. Griechenland habe seine Finanzziele 2016 übertroffen und könnte dies auch 2017 und 2018 tun. Die EU wolle, dass Griechenland im Herzen der Eurozone wieder wachse und stärker werde. Derzeit geht es darum, ob Griechenland seine Austeritätszusagen im Rahmen des neuen Kreditrahmens von bis zu 86 Milliarden Euro eingehalten hat. Vom Ausgang dieser Runde sind weitere Zahlungen abhängig.

Viele Abgeordnete der Union hatten 2015 ihre Zustimmung zum laufenden dritten Programm wegen Bedenken gegen die Rettungsversuche von der Zusage der Bundesregierung abhängig gemacht, dass der IWF sich im Verlauf des Programms beteiligen werde. Dazu sagte nun EVP-Fraktionschef Weber: „Man kann nicht gleichzeitig für den IWF sein und gegen einen Schuldenschnitt.“

Weber sagte, die Mitwirkung des IWF sei unter den bisherigen Bedingungen wegen dessen Kenntnissen bei der Sanierung von hoch verschuldeten Staaten sehr sinnvoll gewesen. Nun aber hätten sich die Voraussetzungen geändert.

So beharrt der IWF als Bedingung für seine Mitwirkung auf einem Schuldenschnitt für Griechenland, was die Union ablehnt. Ein solcher Schritt wäre gegenüber der Öffentlichkeit in Deutschland nicht zu rechtfertigen: „Die Steuerzahler erwarten völlig zu Recht, dass Griechenland seine Schulden komplett zurückzahlt.“

Diese Position ist volkswirtschaftlicher Harakiri, weil Griechenland seine Schulden niemals zurückzahlen können wird. Der deutsche Steuerzahler weiß übrigens längst, dass die etwa 70 Milliarden, mit denen Deutschland in Griechenland haftet, unwiederbringlich verloren sind.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Zu Weihnachten Zukunft schenken

Gerade zu Weihnachten wünschen sich viele Menschen, etwas von ihrem Glück zu teilen und sich für diejenigen zu engagieren, die es nicht...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Stromnetz als Supergau - Dunkelflaute macht Wahnsinnspreise kurzfristig real
23.12.2024

Der Strompreis an der Pariser Strombörse erreichte letzte Woche einen außergewöhnlich hohen Stand. Wie Energieexperten dies erklären -...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Ex-VW-Chef Winterkorn lehnt Richter als befangen ab
23.12.2024

Im Strafverfahren zur Dieselaffäre hat der frühere VW-Chef Martin Winterkorn den Vorsitzenden Richter für befangen erklärt. Er...

DWN
Panorama
Panorama Russland: Ölkatastrophe könnte 200.000 Tonnen Boden verseuchen
23.12.2024

Zwei Tanker sind vor mehr als einer Woche im Schwarzen Meer verunglückt, seither läuft Öl aus. Die Folgen für die Umwelt zeigen sich...

DWN
Finanzen
Finanzen EU: 13,5 Milliarden Euro für Deutschland
23.12.2024

Mehr saubere Energie und Digitalisierung: Deutschland erhält 13,5 Milliarden Euro aus Brüssel – und weitere Finanzhilfen könnten...

DWN
Panorama
Panorama Privater Gebrauchtwagenmarkt: Diese Vorteile bieten Privatkäufe für Käufer und Verkäufer
23.12.2024

In einer aktuellen Analyse haben die Experten des Internetportals AutoScout24 den Privatmarkt für Gebrauchtwagen untersucht. Laut einer...

DWN
Politik
Politik Steuerverschwendung: Regierung verschleudert massiv Steuergelder auch ans Ausland - ohne jede Prüfung
23.12.2024

Angeblich muss die Politik künftig unbegrenzt Schulden machen, weil der Staat zu wenig Geld hat: Doch Deutschland hat kein...

DWN
Politik
Politik Trump will Panama-Kanal und Grönland
23.12.2024

Trump zeigt sich auf dem AmericaFest kampfbereit. In einer Rede voller provokanter Forderungen greift er zentrale Themen seiner kommenden...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Industrien retten: Hubertus Heils Strategien gegen Konjunkturkrise und Arbeitsplatzverlust
23.12.2024

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sieht in der aktuellen Konjunkturkrise eine massive Gefahr für die industrielle Basis...