Politik

Radioaktivität in Europa vermutlich von Pharma oder Medizin-Einrichtung

Die französische Atombehörde gibt Entwarnung: Die deutlichen Jod-131-Werte, die vergangene Woche in ganz Europa gemessen wurden, dürften weder von einem Atomtest noch einem Atomunfall kommen, sondern von einer pharmazeutisch-medizinischen Einrichtung.
23.02.2017 20:46
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

In der vergangenen Woche hat das französische Institut de Radioprotection et de Sûreté Nucléaire (IRSN) Spuren von radioaktivem Jod-131 in Nord-Norwegen, Finnland, der Tschechischen Republik, Deutschland und Frankreich gemessen.

Über die Ursache gab es zahlreiche Spekulationen, etwa eines Atomtests oder eines Atomunfalls in Russland. Doch die französische Behörde gibt Entwarnung – und glaubt, dass die erhöhte Radioaktivität von der Pharmaindustrie kommen dürfte.

Auf Nachfrage der Deutschen Wirtschafts Nachrichten beim IRSN, ob ein Unfall in einem Atom-Reaktor, oder ein Nuklear-Test als Ursache für die hohen Jod-131-Werte ausgeschlossen werden kann, antwortete Pascale Portes vom IRSN: „Ja, ganz sicher. Es handelt sich mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit um Jod-131-Elemente aus einer pharmazeutisch-medizinischen Einrichtung.“

Pawel Krajewski, Direktor des Zentrallabors für Strahlenschutz in Polen, sagte den Deutschen Wirtschafts Nachrichten, dass bei Atom-Tests oder nuklearen Unfällen unter anderem auch die Isotope Cs-137, Cs-134 oder Ba-133 freigesetzt werden. Doch durch die europäischen Stationen wurde lediglich Jod-131 gemessen. Die anderen Elemente, die typisch seien für Atom-Tests oder nukleare Unfälle, wurden nicht gemessen.

Der Nuklearforscher Christopher Clement sagte den Deutschen Wirtschafts Nachrichten, ausgehend von den Informationen, die ihm vorliegen würden: „Atomtests und nukleare Unfälle lösen in der Regel eine Mischung aus Radionukliden, und ich habe nur davon gehört, dass Iod-131 gemessen wurde. Darüber hinaus erzeugen Atomtests große Explosionen, die von seismischen Stationen erkannt werden können.“

Astrid Liland von der Norwegian Radiation Protection Authority (NRPA) schließt Nuklear-Tests oder einen Atom-Unfall als Ursache für die Radioaktivität aus. „Ein nuklearer Unfall oder eine Detonation von Atom-Waffen würde dazu führen, dass mehrere radioaktive Elemente zur selben Zeit in die Atmosphäre austreten. Da wir lediglich Jod-131 gemessen haben, denken wir, dass es aus einer pharmazeutischen Einrichtung kommt“, zitiert in-pharmatechnologist.com Liland. Jod-131 wird bei der Produktion radioaktiver Medikamente eingesetzt. Die diesbezüglichen Medikamente kommen in der Krebsbehandlung zum Einsatz. Die Feststellung der in Großbritannien ansässigen Society for Radiological Protection (SRP) ist eindeutig. Die Ursache der Radioaktivität gehe nicht auf einen Vorfall in einem Atomkraftwerk zurück, sondern habe einen „medizinischen Ursprung“, wahrscheinlich ein Krankenhaus oder eine pharmazeutische Einrichtung.

Liland fügt hinzu, dass die Radioaktivität ihren geographischen Ursprung „irgendwo“ in Ost-Europa habe.

Dass das Isotop aufgrund eines Unfalls in irgendeinem Atomreaktor oder möglicherweise in einer medizinischen Einrichtung, wo es verwendet wird, um Hyperthyreose und Schilddrüsenkrebs zu behandeln, freigegeben worden ist, hätten die britischen Medien offenbar als zu banale Erklärung angesehen. Stattdessen lenken sie die Aufmerksamkeit auf viel „spannendere“ Gründe, wie russische Atom-U-Boote oder Atom-Tests am Novaya Zemlya-Archipel in der Arktis, so die staatliche russische Nachrichtenagentur Sputnik.

Die britischen Zeitungen Daily Star und The Sun berichteten zuerst in Großbritannien über die Messung von hohen radioaktiven Werten in Europa und führten dies auf Atom-Tests durch Russland zurück. Doch die Partikel könnten auch von den russischen Atom-U-Booten stammen, so The Sun.

Science Alert zufolge kann keiner genaue Aussagen über die radioaktiven Strahlungen treffen. Allerdings glauben auch hier die Experten, dass der Vorfall im Zusammenhang mit der pharmazeutischen Industrie steht.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Svenska Digitaltolk: Dolmetscher-Gigant kauft KI-Unternehmen – Millionenumsatz prognostiziert
01.07.2025

Schwedens Dolmetscher-Gigant will Europas Übersetzungsmarkt aufrollen – mit KI, Millionenplänen und dem Griff nach Deutschland. Doch...

DWN
Politik
Politik Grenze zu – zumindest teilweise: Polen kontrolliert ab Montag
01.07.2025

Polen wird ab kommendem Montag vorübergehend wieder Grenzkontrollen an der Grenze zu Deutschland einführen. Das kündigte...

DWN
Politik
Politik Krankenkassen schlagen Alarm: Zusatzbeiträge könnten deutlich steigen
01.07.2025

Die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) warnen vor Druck zu neuen Beitragserhöhungen ohne eine rasche Bremse für steigende Kosten....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Thyssenkrupp-Umbau betrifft Tausende – Betriebsräte fordern Klarheit
01.07.2025

Angesichts weitreichender Umbaupläne bei Thyssenkrupp fordern die Beschäftigten klare Zusagen zur Zukunftssicherung. Betriebsräte pochen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Neues Werk für NATO-Kampfjet: Rheinmetall startet Produktion in NRW
01.07.2025

Der Rüstungskonzern Rheinmetall hat in Weeze (Nordrhein-Westfalen) eine hochmoderne Fertigungsanlage für Bauteile des Tarnkappenbombers...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Investitionsstau: Kaputte Straßen, marode Schulen – Kommunen am Limit
01.07.2025

Viele Städte und Gemeinden stehen finanziell mit dem Rücken zur Wand: Allein die Instandhaltung von Straßen, Schulen und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Alt gegen Jung: Wie die Generation Z das Arbeitsleben umkrempelt – und was zu tun ist
01.07.2025

Alt gegen Jung – und keiner will nachgeben? Die Generationen Z und Babyboomer prallen aufeinander. Doch hinter den Vorurteilen liegen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Arbeitsmarkt ohne Erholung im Juni: Warten auf den Aufschwung
01.07.2025

Die erhoffte Belebung des Arbeitsmarkts bleibt auch im Sommer aus: Im Juni ist die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland nur minimal um...