Politik

Bundesregierung: Angemessenes Willkommen für Erdogan in Deutschland

Die Bundesregierung schlägt wieder freundlichere Töne in Richtung Türkei ein. Dies könnte auch mit der neuen US-Regierung zusammenhängen.
24.02.2017 17:48
Lesezeit: 2 min

Der Bundesregierung liegen nach eigenen Angaben keine Erkenntnisse über einen geplanten Besuch des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in Deutschland vor. Es gebe "keinerlei konkrete Anzeichen dafür", dass Erdogan in "absehbarer Zeit" nach Deutschland kommen wolle, sagte der Sprecher des Auswärtigen Amts, Martin Schäfer, am Freitag in Berlin. Er bezog sich dabei auf die "nächsten sechs Wochen oder bis zum Verfassungsreferendum" in der Türkei.

Diplomatische Gepflogenheiten sähen vor, dass die Bundesregierung mit "hinreichendem Zeitvorlauf" über solche Reisen informiert werde, sagte Schäfer. Es gebe schließlich Vorbereitungen zu treffen für ein angemessenes Willkommen eines ausländischen Staatsoberhauptes.

Der Sprecher des Auswärtigen Amts betonte die engen Beziehungen beider Länder. Die Türkei sei seit vielen Jahren ein enger Partner, zu dem Deutschland "allerengste Beziehungen" pflege. Die Bundesregierung habe daher "jedes Interesse, auf jeder Ebene" einen "möglichst intensiven Dialog zu pflegen, um Missverständnisse zu verhindern und Probleme schon im Vorhinein aus dem Weg zu räumen".

Dieser vergleichsweise freundliche Ton bestätigt den Eindruck, dass die Spannungen zwischen Deutschland und der Türkei wieder abflauen könnten. Die USA haben eben erst eine Initiative gestartet, um den türkischen Präsidenten Erdogan wieder aus der russischen Umarmung zu lösen. Die US-Regierung will eine Allianz, der neben der Türkei auch Israel und Saudi-Arabien angehören sollen. Es geht um die Positionierung gegen den Iran, der als Brückenkopf Chinas im Nahen Osten und zu Europa gesehen wird.

In den vergangenen Tagen waren Berichte aufgetaucht, Erdogan plane im März einen Auftritt in Nordrhein-Westfalen, um vor dem türkischen Verfassungsreferendum im April für seine umstrittenen Pläne zu werben. Erdogan will in der Türkei ein Präsidialsystem einführen, das seine Befugnisse auf Kosten des Parlaments erheblich ausweiten würde. Bei der Volksabstimmung sind auch in Deutschland lebende Türken wahlberechtigt.

Die Linken hatte die Bundesregierung aufgefordert, einen möglichen Wahlkampfauftritt Erdogan in Deutschland zu verhindern. Es mache "überhaupt keinen Sinn, über Eventualitäten zu sprechen", sagte dazu Schäfer. Wenn die Bundesregierung von einer solchen Besuchsabsicht erfahre, "dann gehen wir damit um".

Der türkische Ministerpräsident Binali Yildirim hatte kürzlich in Oberhausen für die Einführung des Präsidialsystems in der Türkei geworben. Im Vorfeld hatte die Bundesregierung gemahnt, innertürkische Konflikte nicht nach Deutschland zu tragen.

"Ich finde es absolut selbstverständlich, und ich bin sicher, dass das unsere türkischen Partner genauso sehen, dass man sich bei solchen Besuchen an die Regeln freundschaftlichen und partnerschaftlichen Umfangs hält", betonte Schäfer am Freitag. Bei solchen Besuchen gehöre es sich etwa nicht, sich in die inneren Angelegenheiten eines anderen Staates einzumischen.

Die Spannungen zwischen der Türkei und Deutschland rühren aus der Zeit des Putschs. Die Türkei verdächtigte lange und massiv die Gülen-Bewegung, denen sie eine Nähe zur CIA unterstellt.

Nach dem jüngsten Treffen des neuen CIA-Chefs Mike Pompeo bei Erdogan war die Forderung nach Auslieferung Gülens kein Thema mehr. Es ist möglich, dass sich die CIA und die Türkei einigen, ihren Dissens auf andere Weise beizulegen. Dies könnte auch zu einer Entspannung in Deutschland führen, wo es erst vor wenigen Tagen zu Razzien bei Ditib-Predigern gekommen war. Die deutschen Behörden verdächtigen die vom türkischen Staat bezahlten Prediger der nachrichtendienstlichen Agitation.

Bundeskanzlerin Angela Merkel setzt seit der Flüchtlingskrise auf die Zusammenarbeit Erdogan: Die Türkei soll der EU die Flüchtlinge fernhalten. Dazu gibt es einen Deal mit der EU. In den vergangenen Monaten hatte sich Erdogan regelmäßig darüber beschwert, dass die EU ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen und damit gedroht, die Grenzen für die neue Flüchtlingsbewegungen zu öffnen. Von diesem Thema war seit dem Amtsantritt von Donald Trump nichts mehr zu hören.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen EU-Vermögensregister und Bargeldbeschränkungen: Risiko für Anleger

Das EU-Vermögensregister gehört derzeit zu den größten Risiken für Anleger. Daher ist es wichtig, sich jetzt zu überlegen, wie man...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Euro-Kurs wird zur Gefahr: Europas Exporte brechen ein
06.07.2025

Ein starker Euro, schwaches Wachstum, neue US-Zölle – Europas Wirtschaft gerät unter Druck. Die EZB warnt, doch die Lage droht zu...

DWN
Politik
Politik Neuregelung der Vaterschaft: Mehr Rechte für leibliche Väter
06.07.2025

Die Bundesregierung plant eine Reform, die leiblichen Vätern zu mehr rechtlicher Anerkennung verhelfen soll. Der Entwurf aus dem...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohnungstausch: Wie Sie Ihre Ferienwohnung herzaubern und worauf Sie achten müssen
06.07.2025

Der Wohnungstausch boomt – günstig, persönlich und spannend. Doch wie funktioniert das Ganze wirklich, und worauf muss man achten,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Jungmakler mit TikTok: Wie eine Generation den Versicherungsmarkt neu denkt
06.07.2025

TikTok-Reichweite, neue Rollenbilder, klare Erwartungen: Junge Makler treiben die Disruption im unabhängigen Versicherungsvertrieb voran....

DWN
Technologie
Technologie Wäschetrockner: Neues Energie-Label einfach erklärt
06.07.2025

Seit dem 1. Juli gelten für Wäschetrockner strengere Energiekennzeichnungen. Verbraucher sollen Geräte nun besser vergleichen können....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Praktika und Probearbeiten: Rechte, Pflichten und Fallstricke für Berufseinsteiger
06.07.2025

Viele Praktikanten kennen ihre Rechte nicht – und riskieren, ausgenutzt zu werden. Was wirklich erlaubt ist, wann Praktika bezahlt werden...

DWN
Technologie
Technologie Lithium: Schlüssel zur technologischen Unabhängigkeit – doch der Rohstoff ist knapp
06.07.2025

Lithium ist der Treibstoff moderner Technologien – von E-Autos bis Energiewende. Doch was passiert, wenn die Nachfrage explodiert und das...

DWN
Politik
Politik Rückkehr der Wehrplicht trotz Wirtschaftsflaute? Nato-Ziele nur mit Pflicht zum Wehrdienst möglich
05.07.2025

Die Nato drängt: „Um der Bedrohung durch Russland zu begegnen“, hat die Nato ein großes Aufrüstungsprogramm beschlossen. Doch wie...