Politik

Frankreich: Fillon gewinnt überraschend Machtkampf bei Konservativen

Die französischen Konservativen haben sich am Montag überraschend hinter ihren angeschlagenen Spitzenkandidaten Fillon gestellt. Der Grund: Es gibt keinen außer Fillon, der den Job machen möchte.
07.03.2017 02:23
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Der Präsidentschaftskandidat der französischen Konservativen, Francois Fillon, hat den innerparteilichen Machtkampf für sich entschieden. Die Parteispitze stellte sich in einer Krisensitzung am Montag einstimmig hinter Fillon, wie ein Sprecher der Republikaner am Abend mitteilte. Fillon appellierte an seine Parteifreunde, dies zu tun. Wegen Vorwürfen der Scheinbeschäftigung von Familienangehörigen auf Staatskosten ist Fillon in Umfragen deutlich zurückgefallen. Auch in der eigenen Partei ware Rufe nach seinem Rücktritt immer lauter geworden.

Seine Kandidatur sei die einzig legitime, sagte Fillon. „Es ist Zeit, dass sich alle zusammenreißen und wieder zu Verstand kommen.“ Die Debatte über die Kandidatur Fillons sei beendet, sagte der Präsident des politischen Ausschusses der Republikaner, Gerard Larcher, laut Teilnehmern. Larcher habe Fillon aufgefordert, das konservative Lager zu einen. Bis zum 17. März müssen alle Präsidentschaftskandidaten formell bestätigt sein.

Im Streit um den französischen Präsidentschaftskandidaten François Fillon hat Ex-Premierminister Alain Juppé endgültig eine Ersatzkandidatur abgelehnt. „Ich bestätige ein für alle Mal, dass ich nicht Präsidentschaftskandidat sein werde“, sagte der konservative Bürgermeister von Bordeaux am Montag in der südwestfranzösischen Stadt laut der staatlichen Nachrichtenagentur AFP. Zugleich griff er seinen wegen einer Scheinbeschäftigungsaffäre angeschlagenen Rivalen Fillon scharf an und warf ihm „Sturheit“ vor.

Zahlreiche Parteifreunde hatten gehofft, dass Juppé für den in Umfragen inzwischen abgeschlagenen Fillon einspringen könnte. Der bei vielen Medien beliebte Juppé, der Fillon bei der Vorwahl der konservativen Republikaner im November klar unterlegen war, soll Ende vergangener Woche selbst Bereitschaft dazu signalisiert haben. Am Montag schloss er einen solchen Schritt aber endgültig aus.

„Für mich ist es zu spät“, sagte Juppé weniger als sieben Wochen vor der Präsidentschaftswahl. Er sei nicht mehr in der Lage, das konservativ-bürgerliche Lager hinter sich zu vereinen. Mit seinen 71 Jahren stehe er auch nicht für die notwendige „Erneuerung“.

Zugleich warf Juppé Fillon vor, in eine „Sackgasse“ geraten zu sein. Er kritisierte insbesondere Fillons Verteidigungsstrategie, sich als Opfer eines „Komplotts“ und eines versuchten „politischen Mordes“ darzustellen. Der harte Kern der Anhänger des konservativen Präsidentschaftskandidaten habe sich inzwischen „radikalisiert“, sagte Juppé.

Fillon ist durch eine Scheinbeschäftigungsaffäre um seine Ehefrau und zwei seiner Kinder massiv unter Druck geraten: Die Justiz ermittelt, zahlreiche Parteifreunde haben sich von ihm abgewandt, in Umfragen ist er abgestürzt. Die Konservativen, die sich lange als sichere Sieger der Präsidentschaftswahl am 23. April und 7. Mai gesehen hatten, befürchten jetzt eine Niederlage.

Fillon wirkte am Sonntag bei einer Kundgebung vor zehntausenden Anhängern in Paris selbst unentschlossen und legte sein Schicksal in die Hände der Partei – die aber nun über Nacht ohne Alternative dasteht.

Ex-Staatschef Nicolas Sarkozy, der bei der Republikaner-Vorwahl im November eine vernichtende Niederlage hinnehmen musste, versucht, im Hintergrund die Fäden zu ziehen und hatte noch am Montagmorgen ein Treffen mit Fillon und Juppé vorgeschlagen, um einen „würdevollen und glaubwürdigen Ausweg“ aus der Krise zu finden. Ein solches Treffen ist nach Juppés Ankündigung allerdings hinfällig.

Frankreichs Staatschef François Hollande, dessen Sozialisten überhaupt keine Rolle mehr spielen und der über sein Netzwerk versucht, seinen früheren Wirtschaftsminister Macron als „unabhängigen“ Kandidaten zu lancieren, warnte vor einem drohenden Sieg von Marine Le Pen bei der Präsidentschaftswahl. „Die Gefahr besteht“, sagte Hollande einigen europäischen Zeitungen laut AFP. Die Rechtsextremen in Frankreich seien seit mehr als 30 Jahren nie so stark gewesen wie heute. Die Tatsache, dass in den vergangenen 30 Jahren Sozialisten und Konservative abwechselnd regiert hatten und dass deren auf Nepotismus und Postenschacher ausgerichtete Politik die Ursache des Erstarkens der Rechten sein könnte, erwähnte Hollande nicht.

Seine Warnung vor Le Pen ist allerdings in erster Linie wahltaktisch motiviert: Die aktuellen Stände bei Oddschecker zeigen, dass der FN im Verlauf des Februar an Zuspruch verloren hat.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ostdeutsche Betriebsräte fordern Ende von Habecks Energiewende: Industriestandort gefährdet
11.07.2025

Nach dem Verlust von über 100.000 Industriearbeitsplätzen richten ostdeutsche Betriebsräte einen dramatischen Appell an Kanzler Merz....

DWN
Technologie
Technologie Start-up ATMOS Space Cargo setzt neue Maßstäbe: Deutsche Logistik erobert den Weltraum
11.07.2025

Fracht ins Weltall zu bringen, ist eine Herausforderung. Eine noch größere ist es, sie wieder unversehrt zur Erde zurückzubringen....

DWN
Finanzen
Finanzen JP Morgan-CEO Jamie Dimon rechnet mit Europa ab: „Europa verliert“
11.07.2025

Jamie Dimon, CEO von JP Morgan und einer der mächtigsten Akteure der US-Wirtschaft, warnt europäische Politiker: Der Kontinent droht...

DWN
Immobilien
Immobilien Mietpreisbremse bleibt bestehen: Bundesjustizministerin Hubig kündigt Bußgeldregelung an
11.07.2025

Die Mietpreisbremse wird verlängert – doch ist das genug, um Mieter wirklich zu schützen? Während die Politik nachjustiert, plant das...

DWN
Politik
Politik Trump: Wir schicken Waffen, die NATO zahlt
11.07.2025

Erst Stopp, dann Freigabe: Trump entscheidet über Waffen für Kiew – und kündigt neue Schritte gegen Russland an. Bezahlen will er das...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Shitstorm im Joballtag: Hate Speech am Arbeitsplatz explodiert – was Unternehmen jetzt tun müssen
11.07.2025

Hassrede hat den Mittelstand erreicht – von Social Media bis ins Kundengespräch. Wo endet Meinungsfreiheit, wo beginnt...

DWN
Politik
Politik Milliardenschwere Steuerentlastungen für Unternehmen: Bundesrat macht Weg frei für Wachstumspaket
11.07.2025

Deutschland steht wirtschaftlich unter Druck. Das Wachstumspaket der Bundesregierung soll neue Investitionen anregen und Unternehmen...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis aktuell im Plus: Zwischen Zollstreit, Zinspolitik und charttechnischer Entscheidung
11.07.2025

Der Goldpreis schwankt – zwischen geopolitischer Unsicherheit, robuster US-Wirtschaft und charttechnischen Signalen. Anleger fragen sich:...