Politik

Niederlande verweigern türkischem Außenminister Landeerlaubnis

Lesezeit: 2 min
11.03.2017 16:56
Die Niederlande haben dem türkischen Außenminister Mevlüt Cavusoglu die Einreise zu einem Werbeauftritt für das Präsidialsystem in der Türkei verwehrt. Sein Flugzeug erhielt keine Landeerlaubnis.
Niederlande verweigern türkischem Außenminister Landeerlaubnis

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

+++WERBUNG+++

[vzaar id="2845103" width="600" height="338"]

Grund für die Verweigerung der Landeerlaubnis sei, dass die türkischen Behörden öffentlich Sanktionen angedroht hätten, sollte Cavusoglu nicht in den Niederlanden auftreten dürfen, teilte die niederländische Regierung am Samstag mit. Türkische Politiker werben bei ihren Landsleuten, die in Westeuropa leben, für die Annahme der Verfassungsänderung, mit der am 16. April die Macht Erdogans ausgeweitet werden soll. In mehreren Staaten wurden solche Werbeauftritte abgesagt, vor allem unter Hinweis auf Sicherheitsbedenken. Der niederländische Außenminister Bert Koenders hatte einen Auftritt seines türkischen Kollegen in den Niederlanden am Donnerstag als unerwünscht bezeichnet.

Dennoch beharrte die Regierung in Ankara auf dem Auftritt. "Ich fahre heute nach Rotterdam", sagte Cavusoglu am Samstagmorgen in einem Interview mit dem Fernsehsender CNN-Türk. Sollten die niederländischen Behörden seinen Besuch behindern, werde die Türkei "schwere Strafmaßnahmen" gegen die Niederlande verhängen. Die Maschine Cavusoglus war allerdings noch nicht gestartet, als das Einreiseverbot ausgesprochen wurde. In den Niederlanden leben rund 400.000 Menschen türkischer Abstammung.

Auch Erdogan drohte bei einer Veranstaltung in Istanbul mit Vergeltung. Das Einreiseverbot für Cavusoglu sei ein "Relikt" des Nationalsozialismus, sagte der türkische Präsident. Er drohte mit Landeverboten für niederländische Flugzeuge in der Türkei. "Sie sind Faschisten", sagte Erdogan. "Hindert unseren Außenminister am Fliegen soviel Ihr wollt, aber von nun an werden wir sehen, wie Eure Flüge in der Türkei landen!" Er warf den Niederlanden vor, dass sie "Terroristen unterstützen".

Wiederholt äußerten Erdogan und andere türkische Politiker in den vergangenen Wochen den Vorwurf, gegen sie würden Nazi-Methoden eingesetzt. Nach der Verkündung des Einreiseverbots für Cavusoglu bestellte die türkische Regierung den Geschäftsträger der niederländischen Botschaft ein.

Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte hat Nazi-Vorwürfe des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan gegen seine Regierung als "verrückt" und "unangebracht" zurückgewiesen. Rutte sagte am Samstag am Rande einer Wahlkampfveranstaltung in Breda vor Journalisten, er verstehe, dass die türkische Regierung über das von den Niederlanden ausgesprochene Einreiseverbot für ihren Außenminister Mevlüt Cavusoglu erzürnt sei. Dennoch seien Erdogans Äußerungen "unangebracht".

In Deutschland hatten in den vergangenen Tagen Kommunalbehörden mehrfach Wahlkampfauftritte von türkischen Ministern abgesagt. Erdogan warf auch Deutschland deswegen Nazi-Methoden vor. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte dazu am Donnerstag im Bundestag: "Diese Vergleiche der Bundesrepublik Deutschland mit dem Nationalsozialismus müssen aufhören." Sie nannte die unter anderem von Erdogan gezogenen Vergleiche "traurig und deprimierend" und "so deplatziert, dass man es nicht ernsthaft kommentieren kann".

Das Bundesverfassungsgericht verwies in einem am Freitag veröffentlichten Beschluss darauf, dass sich ausländische Regierungspolitiker in Deutschland zumindest in amtlicher Funktion nicht auf das Einreise- und Rederecht berufen könnten. Schon die Genehmigung zur Einreise in Deutschland falle in die Zuständigkeit der Bundesregierung.

In der Schweiz und in Österreich wurden am Freitag kurzfristig Auftritte türkischer Politiker abgesagt, die dort ebenfalls für die Einführung des Präsidialsystems in der Türkei werben wollten.

Die Leitung der türkischen Regierung soll nach der Annahme der Verfassungsänderung auf den Präsidenten übertragen werden, der bisher eine vorwiegend repräsentative Funktion hatte. So soll er die Minister ernennen und entlassen können. Das Amt des Ministerpräsidenten soll abgeschafft werden. Künftig soll der Staatschef Dekrete mit Gesetzeskraft erlassen und im Fall eines Aufstands oder einer Bedrohung der Einheit der Nation den Ausnahmezustand verhängen können.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft OWZE-Prognose 2024: Minimales Wirtschaftswachstum für Deutschland erwartet
02.05.2024

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OWZE) geht von einem minimalen Wirtschaftswachstum für Deutschland...

DWN
Finanzen
Finanzen Deutschland im Investitionstief: Rückgang setzt Wirtschaft unter Druck
02.05.2024

Deutschlands Attraktivität für ausländische Investitionen schwindet weiter: 2023 markiert den niedrigsten Stand seit 2013. Manche...

DWN
Politik
Politik 1.-Mai-Demonstrationen: Gewerkschaften fordern dringend Gerechtigkeit
02.05.2024

Am Tag der Arbeit kämpfen Gewerkschaften für bessere Arbeitsbedingungen. Ihre Spitzenvertreter betonten die Notwendigkeit von...

DWN
Politik
Politik Militärhistoriker Lothar Schröter im DWN-Interview: Die Folgen des Massenmords von Odessa 2014
02.05.2024

Der Militärhistoriker Lothar Schröter ordnet im DWN-Interview den Massenmord in Odessa vom 2. Mai 2014 ein. Dabei geht er auch auf die...

DWN
Politik
Politik DWN-Interview: Ukraine-Krieg - Zehn Jahre nach dem Massenmord von Odessa
02.05.2024

Am 2. Mai 2014 ist es in der ukrainischen Stadt Odessa zu einem Massenmord gekommen, bei dem fast fünfzig Menschen qualvoll ums Leben...

DWN
Technologie
Technologie Infineon vor herausforderndem Quartal: Augenmerk auf Zukunftsaussichten
02.05.2024

Der Chiphersteller Infineon sieht schwieriges Quartal voraus, mit moderaten Rückgängen und angespanntem Automobilmarkt. Wie geht es...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin als Geldanlage: „Das ist gleichzusetzen mit einem Besuch im Casino“
02.05.2024

Bitcoin entzweit trotz neuer Kursrekorde die Anlegergemeinschaft. Die einen halten große Stücke auf den Coin, die anderen sind kritisch....

DWN
Immobilien
Immobilien Balkonkraftwerk mit Speicher: Solarpaket könnte Boom auslösen - lohnt sich der Einbau?
01.05.2024

Balkonkraftwerke aus Steckersolargeräten werden immer beliebter in Deutschland. Insgesamt gibt es aktuell über 400.000 dieser sogenannten...