Politik

Töchter beschäftigt: Französischer Innenminister tritt zurück

Die Regierung der französischen Sozialisten verliert ihren Innenminister, weil dieser seine Töchter auf Steuerzahlerkosten beschäftigt hatte. Das ist schlecht für den Kandidaten Macron, der ebenfalls dem Kabinett von Francois Hollande angehört hatte. Der Eklat ist Wasser auf die Mühlen von Marine Le Pen.
21.03.2017 21:36
Lesezeit: 2 min

[vzaar id="9637901" width="600" height="338"]

Keine 24 Stunden nach einem Fernsehbericht über die Beschäftigung seiner Töchter als parlamentarische Mitarbeiterinnen ist Frankreichs Innenminister Bruno Le Roux zurückgetreten. Die Pariser Finanzstaatsanwaltschaft hatte zuvor vorläufige Ermittlungen gegen ihn wegen einer möglichen Scheinbeschäftigung der Töchter eingeleitet. Nachfolger von Le Roux ist der Deutsch-Franzose Matthias Fekl, wie der Elysée-Palast am Dienstagabend mitteilte.

Er habe bei Präsident François Hollande seinen Rücktritt eingereicht, sagte Le Roux in der Präfektur von Bobigny. Er habe sich nichts zuschulden kommen lassen. Die Verträge seiner Töchter hätten „natürlich alle der wirklich geleisteten Arbeit“ entsprochen.

Laut dem Fernsehsender TMC soll Le Roux als Abgeordneter der Nationalversammlung in den Jahren 2009 bis 2016 seine beiden Töchter als parlamentarische Mitarbeiterinnen beschäftigt haben. Diese hätten als minderjährige Schülerinnen und später als Studentinnen mit befristeten Verträgen im Sommer oder während der Schulferien für ihn gearbeitet. Allerdings überschneiden sich die Arbeitstermine zum Teil mit Praktikums- und Schulzeiten der beiden jungen Frauen, was auf eine illegale Scheinbeschäftigung hinweisen könnte.

Familienmitglieder zu beschäftigen, ist französischen Abgeordneten grundsätzlich erlaubt. Allerdings sollen sich die Verträge von Le Roux' Töchtern in einem Fall mit einem Unternehmenspraktikum und in einem anderen mit Studienzeiten überschnitten haben. Zudem waren die Mädchen zu Beginn der Beschäftigung erst 15 und 16 Jahre alt. Für Minderjährige gelten strenge Auflagen. Laut dem Sender geht es um Einnahmen von insgesamt rund 55.000 Euro.

Der Innenminister selbst sagte dem Sender, es handele sich um einfache „Sommerjobs“, alle Vorschriften seien eingehalten worden.

Le Roux selbst hatte Ende Januar bei Bekanntwerden der Fillon-Affäre im Sender RTL gefordert, die Beschäftigung von Familienmitgliedern zu verbieten. „Es sollte eine einfache Regel geben: Das sollte nicht erlaubt sein, denn es kann zu Unklarheiten und Verdächtigungen führen.“

Le Roux stand in der Nationalversammlung der Fraktion der Sozialisten vor, bevor er Anfang Dezember die Leitung des Innenministeriums von Bernard Cazeneuve übernahm. Dieser rückte als Premier für den zurückgetretenen Regierungschef Manuel Valls nach. Le Roux' Nachfolger, der 39 Jahre alte Fekl, war zuletzt Staatssekretär für Außenhandel.

Die Ermittlungen gegen den konservativen französischen Präsidentschaftskandidaten François Fillon sind nach Angaben aus Justizkreisen ausgeweitet worden. Es gehe um den Verdacht des „schweren Betrugs und der Fälschung“, hieß es am Dienstagabend in Paris. Im Zusammenhang mit der Scheinbeschäftigungsaffäre um seine Ehefrau und zwei seiner Kinder hatte die französische Justiz Mitte März ein Ermittlungsverfahren gegen Fillon unter anderem wegen mutmaßlicher Veruntreuung von Staatsgeldern eingeleitet.

Die Zeitung „Le Monde“ berichtete, die Pariser Finanzstaatsanwaltschaft habe am 16. März den Ermittlungsrichtern zusätzliche Unterlagen übergeben. Die Justiz frage sich, ob die Eheleute möglicherweise falsche Dokumente ausstellten, um die Gehälter für Fillons Frau Penelope zu rechtfertigen. Als Abgeordneter bezahlte Fillon seine Frau jahrelang als parlamentarische Mitarbeiterin, für insgesamt rund 680.000 Euro abzüglich der Sozialbeiträge. Als Senator beschäftigte er außerdem zwei seiner Kinder.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ostdeutsche Betriebsräte fordern Ende von Habecks Energiewende: Industriestandort gefährdet
11.07.2025

Nach dem Verlust von über 100.000 Industriearbeitsplätzen richten ostdeutsche Betriebsräte einen dramatischen Appell an Kanzler Merz....

DWN
Technologie
Technologie Start-up ATMOS Space Cargo setzt neue Maßstäbe: Deutsche Logistik erobert den Weltraum
11.07.2025

Fracht ins Weltall zu bringen, ist eine Herausforderung. Eine noch größere ist es, sie wieder unversehrt zur Erde zurückzubringen....

DWN
Finanzen
Finanzen JP Morgan-CEO Jamie Dimon rechnet mit Europa ab: „Europa verliert“
11.07.2025

Jamie Dimon, CEO von JP Morgan und einer der mächtigsten Akteure der US-Wirtschaft, warnt europäische Politiker: Der Kontinent droht...

DWN
Immobilien
Immobilien Mietpreisbremse bleibt bestehen: Bundesjustizministerin Hubig kündigt Bußgeldregelung an
11.07.2025

Die Mietpreisbremse wird verlängert – doch ist das genug, um Mieter wirklich zu schützen? Während die Politik nachjustiert, plant das...

DWN
Politik
Politik Trump: Wir schicken Waffen, die NATO zahlt
11.07.2025

Erst Stopp, dann Freigabe: Trump entscheidet über Waffen für Kiew – und kündigt neue Schritte gegen Russland an. Bezahlen will er das...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Shitstorm im Joballtag: Hate Speech am Arbeitsplatz explodiert – was Unternehmen jetzt tun müssen
11.07.2025

Hassrede hat den Mittelstand erreicht – von Social Media bis ins Kundengespräch. Wo endet Meinungsfreiheit, wo beginnt...

DWN
Politik
Politik Milliardenschwere Steuerentlastungen für Unternehmen: Bundesrat macht Weg frei für Wachstumspaket
11.07.2025

Deutschland steht wirtschaftlich unter Druck. Das Wachstumspaket der Bundesregierung soll neue Investitionen anregen und Unternehmen...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis aktuell im Plus: Zwischen Zollstreit, Zinspolitik und charttechnischer Entscheidung
11.07.2025

Der Goldpreis schwankt – zwischen geopolitischer Unsicherheit, robuster US-Wirtschaft und charttechnischen Signalen. Anleger fragen sich:...