Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Was steht Ihrer Ansicht nach hinter dem Abwurf der größten nicht-nuklearen Bombe in Afghanistan?
Ernst Wolff: Das ist einerseits eine Drohgebärde gegen Nordkorea, Russland und China. Andererseits ist es ein Akt der Verzweiflung einer Regierung, die mit aller Macht von der eigenen Zerstrittenheit und den eigenen Misserfolgen ablenken will.
Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Sind das, was wir in Washington sehen, nicht normale Anfangsschwierigkeiten während der „ersten 100 Tage“?
Ernst Wolff: Nein, das geht viel tiefer. Grund für die Konflikte und das Versagen ist die Tatsache, dass Trumps zentrales Wahlversprechen nicht einzuhalten ist. „Make America great again“ ist eine Illusion. Das Land befindet sich im Abstieg, und dieser Abstieg ist nicht aufzuhalten.
Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Hat Trump also zu viel versprochen?
Ernst Wolff: Vor allem hat er Dinge versprochen, die nicht einzuhalten sind. Die „gut bezahlten Jobs“ zum Beispiel, die er ins Land zurückholen will, werden sich als schlecht bezahlte Niedriglohnjobs erweisen.
Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Heißt das, dass Trump seine Basis verliert?
Ernst Wolff: Ein Teil seiner Wähler ist bereits enttäuscht, aber nicht nur, weil er seine Versprechen nicht einlöst, sondern auch, weil sie merken, dass er den Sumpf nicht trockenlegt, sondern ihn begünstigt – dass er kein Teil der Lösung, sondern Teil des Problems ist.
Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Trump hatte ein besseres Verhältnis zu Russland versprochen. Das Gegenteil ist eingetreten. Woran liegt das?
Ernst Wolff: Zum einen am Konflikt in Syrien: Dort sind die Gegensätze unüberbrückbar. Aber es gibt noch einen wichtigeren Grund, warum das Verhältnis zwischen den USA und Russland sich verschlechtert und auf Dauer nicht mehr zu retten ist: Der Petro-Dollar. Jedes Land, das Öl kaufen will, muss zuerst einmal auf dem Devisenmarkt gegen eine Gebühr US-Dollar kaufen – eine ständige Einnahmequelle für die USA und außer dem Militär das letzte wirksame Druckmittel der USA in der Phase des Abstiegs. Aber dieses Druckmittel ist seit 2000 in Gefahr und wir haben ja schon mehrmals gesehen, wie die USA auf seine weitere Schwächung reagieren.
Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Saddam Hussein hatte begonnen, sein Öl in Euro zu verkaufen....
Ernst Wolff: ... und Gaddafi plante die Einführung eines goldgedeckten nordafrikanischen Dinars. Beide mussten dafür mit ihrem Leben bezahlen. Der Iran wechselte im Januar 2002 die Hälfte seiner Währungsreserven von Dollar in Euro, Nordkorea tauschte seine Dollar im Herbst desselben Jahres in Euro. Beide wurden umgehend zur „Achse des Bösen“ erklärt. D.h.: Wer in Amerika als Freund oder Feind gilt, entscheidet sich durch die Haltung zum Dollar.
Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Wie genau bedroht Russland den Dollar?
Ernst Wolff: Auf jeden Fall nicht durch aggressives Verhalten. Es hat sich zum einen an der BRICS-Bank und der Asiatischen Infrastrukturinvestmentbank (AIIB) beteiligt, zum anderen wickelt es seinen Energiehandel mit China zum Teil in Rubel und Yuan ab. Außerdem hat Russland seine Goldbestände in den vergangenen Jahren kräftig erhöht.
Deutsche Wirtschafts Nachrichten: China ist in dieser Richtung noch weiter vorgeprescht...
Ernst Wolff: Deswegen sollte man sich nicht von den Freundlichkeiten täuschen lassen, die Trump und Chinas Präsident Xi letzte Woche ausgetauscht haben: China ist für den US-Dollar die weltweit größte Bedrohung, denn es hat die USA als Handelsmacht bereits überflügelt. China ist der größte Handelspartner von 120 Ländern, während die USA es nur noch auf 70 Länder bringen. China hat gewaltige Goldreserven angelegt. Was China von einer direkten Konfrontation mit den USA abhält, ist die große Menge an US-Staatsanleihen, die es hält, aber das wird sich bei dem Tempo, in dem die Chinesen sie seit einiger Zeit loszuwerden versuchen, ändern.
Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Wenn sich China und Russland zusammentäten und ihre Währungen mit Gold decken würden...
Ernst Wolff: ... dann wäre die globale Vorherrschaft des US-Dollars mit Sicherheit beendet. Das würde eine Serie von Abwertungen des Dollars nach sich ziehen, die den Lebensstandard in den USA auf ein seit dem Bürgerkrieg vor 150 Jahren nicht gekanntes Niveau senken würden.
Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Welche Entwicklungen erwarten Sie in den vor uns liegenden Wochen und Monaten?
Ernst Wolff: Der wirtschaftliche Niedergang der USA wird sich fortsetzen, die Schulden werden wachsen, die Importe die Exporte weiter übertreffen. Trump wird zusätzlich an Boden verlieren und deshalb vor allem auf das in seiner Regierung reichlich vertretene Militär setzen, um von seinen Misserfolgen abzulenken.
Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Gibt es für Trump keine Chance, wenigstens in Teilbereichen Erfolge zu erzielen?
Ernst Wolff: Trump hat mit den USA ein Flugzeug übernommen, dem mitten im Flug der Treibstoff ausgeht. Vielleicht bleibt ihm als Pilot noch genug Zeit, um ein paar Bonbons an die Passagiere zu verteilen. Dem Absturz werden weder er noch die Passagiere entgehen.
Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Wird er in dieser – Ihrer Ansicht nach - aussichtslosen Lage einen Atomkrieg riskieren?
Ernst Wolff: Einstein hat einmal gesagt: „Ich weiß nicht, mit welchen Waffen der dritte Weltkrieg ausgetragen wird, aber im vierten werden sie mit Stöcken und Steinen kämpfen.“ Ich bin nicht sicher, ob Donald Trump weiß, wer Einstein war, aber es wäre an der Zeit, dass ihm jemand die Bedeutung von Einsteins Aussage klar macht.
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Ernst Wolff schrieb den Bestseller „Weltmacht IWF. Chronik eines Raubzuges“. Ernst Wolff arbeitet als Journalist, Dolmetscher und Drehbuchautor. Er beschäftigt sich seit vier Jahrzehnten mit geopolitischen Themen. Wolff zeigt in seinen Arbeiten die Zusammenhänge der globalen Finanzkrise mit aktuellen politischen Entscheidungen auf. Er vertritt die Auffassung, dass das System des Dollars als Weltwährung in einer multipolaren Welt nicht aufrechterhalten werden kann. Wolff: „Inflationäres Gelddrucken, Zinssenkungen bis in den Negativbereich, Blasenbildungen an allen Finanzmärkten – und das bei gleichzeitiger Stagnation der Weltwirtschaft: Das globale Finanzsystem scheint derzeit auf dem direkten Weg in seine dritte existenzielle Krise.“