Hans-Edzard Busemann von Reuters berichtet vom AfD-Parteitag:
Die AfD-Vorsitzende Frauke Petry hat im innerparteilichen Machtkampf eine schwere Niederlage erlitten: Der Parteitag in Köln lehnte am Samstag die von ihr geforderte Grundsatzentscheidung über die Ausrichtung der Partei ab. Zudem votierten die rund 600 Delegierten für ein Spitzenteam zur Bundestagswahl, dem Petry nicht angehören will. Während die 41-Jährige streckenweise mit versteinerter Miene auf dem Podium neben den anderen Vorstandsmitgliedern saß, wurde ihr Kontrahent, Co-Parteichef Jörg Meuthen, mit stehenden Ovationen gefeiert. In unmittelbarer Nähe des Tagungshotels demonstrierten Tausende gegen die AfD. Größere Zwischenfälle blieben zunächst aus.
"Ich glaube, dass die Partei hier einen Fehler macht", sagte Petry nach ihrer Niederlage. Aus ihrer Sicht kämpfen in der AfD ein realpolitischer und ein fundamentaloppositioneller Flügel um Vorherrschaft. Sie wollte von den Delegierten ein Votum für ihren realpolitischen Kurs, damit die AfD nach der Bundestagswahl 2021 Teil der Bundesregierung werden könne. Ihren Gegnern warf sie vor, Vorstandsbeschlüsse zu torpedieren. Aus Angst vor Konflikten verzichte eine Mehrheit in der Partei aber oft auf Widerspruch. Dabei werde übersehen, dass der Schaden für die AfD auch dann entstehe, wenn nur einzelne Vertreter aus Parteikreisen angegriffen würden.
Meuthen widersprach: "Debatten über einen vermeintlichen realpolitischen und einen vermeintlichen fundamentaloppositionellen Flügel, aus meiner Sicht sowieso eine komplett trügerische Wahrnehmung, helfen uns da keinen Jota weiter." Er warf der Mitgliedern der Bundesregierung, aber auch den Grünen vor, wegen einer ungezügelten Zuwanderung "komplett verantwortungslose Deutschland-Abschaffer" zu sein. "Und nein, um daran keinen Zweifel zu lassen, mit diesen Figuren werden wir keine Koalitionen eingehen", sagte Meuthen, und setzte sich damit von Petrys Bereitschaft zu Bündnissen ab.
Parteivize Alexander Gauland, wie Meuthen ein Gegner Petrys, bedauerte ihre Entscheidung, nicht Mitglied des Spitzenteams werden zu wollen. "Die Bundesvorsitzende gehört zu einem Spitzenteam, und man muss jetzt versuchen damit umzugehen", sagte er vor Journalisten. "Denn natürlich ist Frauke Petry ein Gesicht, ein sehr wichtiges, ja vielleicht das wichtigste Gesicht der Partei." Unter den Delegierten wurden als mögliche Mitglieder des Spitzenteams neben Gauland auch die Vorstandsmitglieder Alice Weidel und Beatrix von Storch genannt.
Ihren Verzicht auf einen Platz im Spitzenteam zu überdenken, lehnte die Parteichfin ab: "Solange die Partei nicht erkennen lässt, wohin sie tatsächlich gehen möchte, müssen Protagonisten diesen Wahlkampf anführen, die mit dieser Nichtentscheidung sehr viel besser leben können als ich." Petrys Isolation auf dem Parteitag war streckenweise nicht zu übersehen. Kaum jemand nahm von ihr Notiz, als sie den Saal betrat, ihre Eröffnungsrede wurde mit deutlich weniger Applaus honoriert als die Rede Meuthens. Immer, wenn Petry-Gegner vor einer Spaltung warnten, war die Zustimmung zu dieser auf die Parteichefin gemünzte Kritik besonders kräftig.
Eine Schlappe erlitten Petrys Gegner lediglich mit dem Wunsch, das Parteiausschluss-Verfahren gegen den Thüringer AfD-Chef und Rechtsausleger Björn Höcke zu stoppen. Ein entsprechender Antrag fand keine Mehrheit. Höcke war bundesweit nach abfälligen Äußerungen über das Holocaust-Mahnmal in Berlin in die Kritik geraten. Gegner Höckes werfen ihm zudem eine mangelnde Abgrenzung zur rechtsradikalen NPD vor. Petry setzte das Parteiausschlussverfahren durch. Allerdings wird es von Meuthen und Gauland sowie anderen einflussreichen AfD-Politikern abgelehnt.