Der russische Präsident Wladimir Putin lehnt eine Einmischung in die Wahlen in anderen Ländern ab. Die Erfahrung habe gezeigt, dass solche Einmischungen nicht erfolgreich seien. Putin sagte, dass die Idee, Russland könne sich in die Wahlen eines befreundeten Staates wie Deutschland einmischen, als „befremdlich“. Er forderte, dass auch andere Länder dieses Prinzip berücksichtigten sollten. In Russland seien politische Aktivitäten von „NGOs und direkt“ von Staaten zu beobachten. Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte in Sotschi, dass sie glaube, dass Deutschland in der Lage sei, seine Wahlen selbst zu entscheiden. Grobe Fehlinformationen wie im „Fall Lisa“ oder den Vorwürfen gegen die Bundeswehr in Litauen müsse mit entschiedener Aufklärung begegnet werden.
In der Ukraine deutete Merkel erstmals eine grundsätzliche Bereitschaft zu Flexibilität an. Sie sagte, alle Konfliktparteien müssten sich an die Vereinbarungen von Minsk halten, dann wäre es auch möglich, dass die Ukraine zu sehr „schmerzhaften“ Entscheidungen zustimmen könnte. Putin sagte, dass die Trennung des Donbass von der Ukraine durch die Regierung in Kiew vorangetrieben werde. Eine Blockade des Donbass durch Kiew zwinge die „nicht anerkannten Republiken“, sich anderweitig zu orientieren. So habe Kiew die Einführung von Banken in der Region abgelehnt, wie dies die EU vorgeschlagen habe. Weil der Donbass von den Zahlungsströmen abgeschnitten worden sei, habe man sich an andere Währungen wie den Rubel angeschlossen. Putin sagte, es sei unerlässlich, dass die Konfliktparteien an einen gemeinsamen Verhandlungstisch gebracht werden müssten. Die Erfahrung zeige, dass ein derartiger Konflikt nur beendet werden könne, wenn beide Seiten direkt miteinander sprechen.
Merkel sagte, sie habe Putin ersucht, sich für die Rechte von Homosexuellen in Tschetschenien einzusetzen. Putin sagte, dass in Russland das Recht der freien Meinungsäußerung im Rahmen der Gesetze gewahrt sei. Er sagte, dass er froh sei, dass die Polizei in Russland nicht mit Tränengas und Schlagstöcken gegen Demonstranten vorgehen müsse.
Merkel sagte, dass der Jugendaustausch zwischen Deutschland und Russland forciert werden solle. Beide Politiker betonten, dass die wirtschaftliche Zusammenarbeit gewisse Fortschritte zeige. In der Frage der Sanktionen hielten sich beide bedeckt: Merkel sagte, dass die Aufhebung der Sanktionen erst nach Umsetzung der Minsker Vereinbarungen möglich sei. Putin erwähnte die Sanktionen in der Pressekonferenz nach dem ersten Treffen mit Merkel nicht ausdrücklich.
Insgesamt war der Auftritt von Merkel und Putin sachlich und nüchtern. Beide bemühten sich, den Gedanken der Partnerschaft in Erinnerung zu rufen. Merkel sagte, das Gespräch müsse aufrechterhalten werden, damit man einander verstehe. Daher habe sie sich immer für die Fortsetzung des Petersburger Dialogs eingesetzt.