Finanzen

Nervosität: Banken horten Milliarden bei Zentralbanken

Lesezeit: 2 min
08.05.2012 15:04
Angesichts der Zuspitzung der Schuldenkrise horten Europas größte Banken Bargeld bei den Zentralbanken. Sie fürchten einen Bank-Run und eine Kreditklemme. Dadurch jedoch verschlimmert sich die Situation am Interbankenmarkt und in der Privatwirtschaft.

Mehr zum Thema:  
Banken >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Banken  

Einige der größten europäischen Banken horten zunehmend mehr Geld bei den Zentralbanken. Sie fürchten, die Krise könnte sich intensivieren und sie vor noch größere Probleme stellen. Ende März hatten zehn der größten europäischen Banken insgesamt rund 1,2 Billionen Dollar Bargeld bei den Zentralbanken geparkt. Das geht aus einer Analyse des Wall Street Journals hervor, die auf den Bankangaben beruht. Das ist eine Erhöhung um 12 Prozent im Vergleich zum Dezember vergangenen Jahres und um 66 Prozent seit Ende 2010.

Ein Großteil dieses zusätzlich gehorteten Geldes ist auf die EZB-Tender zurückzuführen, so das Wall Street Journal. Eine Geldspritze, die ursprünglich dazu dienen sollte, die Bilanzen der Banken aufzupolieren, der Privatwirtschaft wieder Finanzierungsmöglichkeiten zu geben und durch den vermehrten Kauf von Anleihen durch die Banken, die Refinanzierungskosten der europäischen Staaten zu drücken. Doch in der Privatwirtschaft ist kaum etwas angekommen (hier) und den spanischen und italienischen Banken geht langsam das EZB-Geld aus, um weiter Anleihen kaufen zu können (hier).

Die Banco Santander beispielsweise lieh sich 52 Milliarden Dollar von der EZB. Insgesamt hatte die Banco Santander Ende März 147,09 Milliarden Dollar bei Zentralbanken liegen, so das Wall Street Journal. 126,264 Milliarden Dollar waren es drei Monate zuvor und 111,945 vor einem Jahr. Neben der Banco Santander hat beispielsweise die Deutsche Bank 153,74 Milliarden Dollar bei den Zentralbanken geparkt, Barclays sogar 210,34 Milliarden Dollar. Aber auch die Royal Bank of Scotland, die Société Générale und die Credit Suisse erhöhten ihre Einlagen.

„Die erste Priorität ist es, die Bank vor schroffen Zeiten zu schützen“, erklärt Bruce Van Saun, Finanzchef der RBS. Bei der RBS stiegen die Bargeldreserven Ende März auf 132,4 Milliarden Dollar. Die Banken versuchen, das Geld so anzulegen, dass sie jederzeit Zugang zu den Mitteln haben, wie etwa bei der Refinanzierung ihrer Schulden oder einem möglichen Bank-Run infolge einer Herabstufung durch eine Ratingagentur. Moody’s hat eine Herabstufung etlicher europäischer Banken bereits in Betracht gezogen.

Die Hortung des Geldes begründen die Banken mit der Schwierigkeit, im Notfall schnell an Geld kommen zu müssen, doch dies hat auch Auswirkungen auf den Interbankenmarkt. Indem sie ihr Geld bei den Zentralbanken parken, weil sie fürchten sich am Interbankenmarkt nicht refinanzieren zu können, verschärfen sie die Kreditklemme am Interbankenmarkt nur noch mehr. Die Kredite an spanische Banken aus dem Interbankenmarkt fielen im März um über 66 Milliarden Dollar, an die italienischen Banken um 37,7 Milliarden Dollar, so die Analysten von RBC Capital Markets. Insofern bemühen sich die Banken ihr Bargeld, das sie vor allem durch die EZB-Tender erhalten haben, dort zu parken, wo es schnell zugänglich ist. Immerhin müssen italienische Banken 2012 über 55,9 Milliarden Dollar an Schulden refinanzieren - die spanischen Banken mehr als 79,4 Milliarden Dollar.


Mehr zum Thema:  
Banken >

DWN
Unternehmen
Unternehmen Neue Verträge: Nach dem KaDeWe sind auch Oberpollinger und Alsterhaus gerettet
26.07.2024

Die berühmten Flaggschiffe der deutschen Warenhäuser scheinen nach der Pleite des Immobilien-Hasardeurs René Benko endlich gerettet zu...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Hilfsgelder von Russland: EU gibt Erträge aus dem eingefrorenen Vermögen frei
26.07.2024

Die Europäische Union hat jetzt die ersten Zinserträge aus dem im Westen eingefrorenem russischen Staatsvermögen freigegeben. Die...

DWN
Politik
Politik Der Chefredakteur kommentiert: Islamisches Zentrum Hamburg - ein längst überfälliges Verbot, Frau Faeser!
26.07.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Politik
Politik Bundeskanzler Scholz zu irregulärer Migration: „Die Zahlen müssen runter“
26.07.2024

Erwerbsmigration nach Deutschland sei erwünscht, meint der Kanzler. Problematisch findet er unerlaubte Einreisen. Eine Innenexpertin der...

DWN
Panorama
Panorama ADAC warnt: Es droht schlimmstes Stau-Wochenende der Saison
26.07.2024

Wer nun in den Urlaub fährt, sollte etwas mehr Zeit einplanen und mitunter starke Nerven haben. Der ADAC rechnet mit vielen Staus. Lassen...

DWN
Politik
Politik Außenministerin Baerbock: Seegerichtshof in Hamburg wird an Bedeutung gewinnen
26.07.2024

In Hamburg informiert sich die Außenministerin bei ihrer Sommerreise über die Arbeit des Internationalen Seegerichtshofs. Anschließend...

DWN
Finanzen
Finanzen EZB nach Stresstest: Banken haben Verbesserungsbedarf bei Cyber-Angriffen
26.07.2024

Seit der Finanzkrise 2008 wird genauer hingeschaut bei den Banken. Im Euroraum müssen sich die Institute nach Einschätzung der...

DWN
Politik
Politik Verfassungsschutz weist auf russische Sabotageversuche hin
26.07.2024

Der deutsche Inlandsgeheimdienst beobachtet schon länger verstärkte russische Geheimdienstaktivitäten. Neue Hinweise veranlassen ihn...