Finanzen

Lidl expandiert: Preiskampf in die USA eröffnet

Lidl expandiert mit Preiskampf in die USA.
28.05.2017 00:39
Lesezeit: 2 min

Die deutsche Supermarktkette Lidl wird ab Mitte Juni in die USA expandieren. Besonders für den Branchenführer Wal Mart dürften dies schlechte Nachrichten sein – Beobachter gehen davon aus, dass Lidl den bereits bestehenden Preiskampf zwischen den US-Supermärkten weiter anheizen könnte.

Lidl plant, die ersten 20 Filialen am 15. Juni in den Bundesstaaten North Carolina, South Carolina und Virginia zu eröffnen, wie Reuters in seinem englischsprachigen Dienst unter Berufung auf einen Lidl-Repräsentanten berichtet. Im Laufe des Jahres sollen dann weitere acht Filialen eröffnet werden. Insgesamt sollen im ersten Jahr rund 5.000 Arbeitsplätze geschaffen werden.

Die Expansion der deutschen Lebensmittel-Größe dürfte dazu führen, dass der ohnehin zwischen den Supermärkten in den USA ausgetragene Preiskampf eskaliert. Der Chef des USA-Ablegers, Brendan Proctor, kündigte an, dass Lidl die Preise der Konkurrenz in den ersten Monaten um bis zu 50 Prozent unterbieten werde. „Jetzt ist der richtige Zeitpunkt für uns gekommen, den US-Markt zu betreten. Wir vertrauen unserem Geschäftsmodell. Wir können uns gut anpassen, also geht es nicht so sehr darum, ob der amerikanische Markt uns liegt, sondern darum, dass wir in diesem aus eigener Kraft erfolgreich sein können.“

Die Ankündigung massiver Preissenkungen sind verständlich, wenn man bedenkt, dass Lidl auf Wettbewerber trifft, die versuchen, sich gegenseitig zu unterbieten. Aldi beispielsweise geht mit einem milliardenschweren Investitionsprogramm auf Expansionskurs und verschärft den Preiskampf mit Wal-Mart. Um dem Weltmarktführer im Einzelhandel auf seinem Heimatmarkt Kunden abzujagen, nimmt die in den USA bereits mit 1600 Filialen vertretene deutsche Discount-Kette 1,6 Milliarden Dollar in die Hand. US-Chef Jason Hart will damit nach eigenen Angaben bis Ende nächsten Jahres 400 neue Aldi-Märkte vor allem in Florida und Texas sowie an der Ost- und Westküste eröffnen. 1300 bestehende Geschäfte sollen zudem erweitert und modernisiert werden. In die Regale will Hart zugleich mehr günstige Eigenmarken stellen, deren Preise problemlos und schnell weiter gesenkt werden können – wenn beispielsweise Wal-Mart versucht, Aldi zu unterbieten.

Interne Studien zeigen dem US-Aldi-Chef zufolge, dass seine Supermärkte die Preise auch der günstigsten Rivalen – darunter Wal-Mart – bereits jetzt im Schnitt um gut ein Fünftel unterbieten. Mit der neuen Offensive wollen die Deutschen den ebenfalls für Billig-Shopping bekannten Branchenriesen aber noch stärker unter Druck setzen. Schon zuletzt lief es nicht schlecht für Aldi Inc. Zwar hält das Unternehmen am US-Lebensmittelmarkt gerade einmal rund 1,5 Prozent, während Wal-Mart etwa 22 Prozent kontrolliert. Doch der seit mehr als 40 Jahren in den USA vertretene Aldi-Ableger mit Sitz im Großraum Chicago kann eine Wachstumsrate von jährlich 15 Prozent aufweisen, während Wal-Mart seinen Umsatz 2017 nach Analystenschätzungen nur um rund zwei Prozent erhöhen dürfte.

Wal-Mart ist bereits aufgeschreckt. Der Konzern prüft in elf Bundesstaaten systematisch die Preise der Konkurrenz und drängt seine Filialleiter dazu, die Deutschen und andere Konkurrenten zu unterbieten. Experten zufolge könnte der Riese rund sechs Milliarden Dollar für Maßnahmen springen lassen, um seinen Titel als Discount-Primus zurückzuerobern.

Im Lebensmittelmarkt der USA tobt bereits länger ein Preiskrieg, der seit 2014 schon fast 20 Unternehmen in die Insolvenz getrieben hat. Während Aldis jüngste Offensive den Wettbewerb weiter anheizen dürfte, hält auch der deutsche Erzrivale Lidl in Übersee die Füße nicht still. Ebenfalls für Unruhe im Lebensmitteleinzelhandel sorgt Amazon mit der Ausweitung seines Lieferdienstes „Fresh“ und dem Testlauf von eigenen Geschäften.

„Wir haben so etwas im Lebensmittelhandel der USA vorher noch nicht erlebt“, sagt der auf Preispolitik spezialisierte Analyst Scott Mushkin vom Forschungsinstitut Wolfe Research. Burt Flickinger von der Einzelhandels-Unternehmensberatung Strategic Resource sagt einen gewaltigen Umbruch voraus. Angesichts der Expansion von Aldi, dem Start von Lidl, der Reaktion bei Wal-Mart sowie den wachsenden Amazon-Ambitionen sei in den kommenden Jahren eine deutliche Zunahme von Firmenpleiten zu erwarten. „Aldi stellt die Branche so auf den Kopf, wie Wal-Mart es in seinen Anfängen getan hat“, sagt Flickinger.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
USA
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Experten-Webinar: Ist Bitcoin das neue Gold? – Chancen, Risiken und Perspektiven

Inflation, Staatsverschuldung, geopolitische Unsicherheiten: Viele Anleger fragen sich, wie sie ihr Vermögen in Zeiten wachsender...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Technologie
Technologie Fahrerlose Taxis in Hessen: Chinesische Technik, deutscher Pilotbetrieb
01.06.2025

In Deutschland startet das erste Pilotprojekt für autonome Taxis: Ohne Fahrer, aber mit Überwachung aus der Ferne. Ein Modell mit...

DWN
Technologie
Technologie Goldrausch 2.0: Wie Google KI neu definiert – und Europa zuschaut
01.06.2025

Google I/O 2025 bietet einen tiefen Einblick in die nächste Ära der Künstlichen Intelligenz – von echten 3D-Videocalls bis hin zu...

DWN
Panorama
Panorama Nur noch fünf Minuten: Schlummertaste in Deutschland beliebt
01.06.2025

Mit der Schlummertaste kann man das Aufstehen verzögern. Ärzte raten davon ab, aber die Praxis ist gerade in Deutschland gängig....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Gesundheitscheck vor der Einstellung: Rechte und Grenzen für Bewerber
01.06.2025

Ein Vorstellungsgespräch ist erfolgreich verlaufen, doch bevor der Arbeitsvertrag unterschrieben wird, fordert der potenzielle Arbeitgeber...

DWN
Technologie
Technologie SaaS ist tot – die Zukunft gehört der KI, nicht Ihrer Plattform
01.06.2025

Niemand will die Nutzung Ihrer Plattform lernen – Unternehmen wollen Ergebnisse. Künstliche Intelligenz ersetzt Tools durch fertige...

DWN
Panorama
Panorama EU-Reform könnte Fluggastrechte deutlich schwächen
01.06.2025

Von Verspätungen betroffene Fluggäste haben in Zukunft möglicherweise deutlich seltener Anspruch auf Entschädigung. Die EU-Staaten...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wettlauf um die Zukunft: Wie die USA ihre technologische Überlegenheit retten wollen
01.06.2025

China wächst schneller, kopiert besser und produziert billiger. Die USA versuchen, ihre Führungsrolle durch Exportverbote und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Freelancer: Unverzichtbare Stütze in flexiblen Arbeitswelten
01.06.2025

Trotz Homeoffice-Boom bleibt die Nachfrage nach Freelancern hoch. Warum Unternehmen auf Projektarbeiter setzen, wo die Vorteile liegen –...