Finanzen

Türkei: Wirtschaft abhängig von Investitionen aus Katar

Für die Türkei stellt die Katar-Krise ein ernstes Problem dar.
07.06.2017 01:24
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat laut Al Jazeera Partei für Katar ergriffen und gesagt, "die Sanktionen gegen Katar sind nicht gut". Erdogan: "Die Türkei wird ihre Beziehungen zu Katar fortsetzen und weiterentwickeln, wie bei allen unseren Freunden, die uns in den schwierigsten Momenten unterstützt haben", fügte er in Bezug auf den gescheiterten Putsch des vergangenen Jahres hinzu.

Erdogan rief laut Reuters in Telefonaten mit den Staats- und Regierungschefs von Katar, Russland, Kuwait und Saudi-Arabien zu Zurückhaltung auf. Erdogan sei dafür eingetreten, die Spannungen durch Diplomatie und Dialog zu verringern, verlautet aus dem türkischen Präsidialamt.

Der Grund der Sorge der Türkei liegt in den engen wirtschaftlichen Verflechtungen der beiden Staaten.

Im Jahr 2016 exportierte die Türkei Waren nach Katar im Wert von 400 Millionen Dollar. Im Gegenzug exportierte Katar Waren in die Türkei im Wert von 300 Millionen Dollar, berichtet die Zeitung Aydinlik. Nach Angaben der Zeitung Hürriyet haben türkische Baufirmen bisher katarische Bauprojekt-Aufträge im Wert von 18 Milliarden Dollar bekommen. Katar will für die Ausrichtung der WM 2022 Bauaufträge im Wert von 170 Milliarden Dollar vergeben. Insbesondere türkische Baufirmen sollen Aufträge von Doha erhalten. „Die türkischen Firmen planen, ihren Anteil an den Bauaufträgen zu erhöhen. Wir rechnen damit, dass die türkischen Firmen 15 bis 20 Milliarden an Aufträgen für die WM 2022 erhalten werden“, zitiert Haber 7 das Vorstandsmitglied von Medyacity, Hakan Kurt.

Im vergangenen Jahr sagte der türkische Finanzminister Mehmet Simsek auf einem Treffen des türkischen Foreign Economic Relations Board (DEIK), dass Katar gegenüber der Türkei eine wirtschaftliche „positive Diskriminierung“ vornehme. Türkische Baufirmen würden bevorzugt werden. Die türkischen Baufirmen hätten ihre Fähigkeit vor allem beim Bau der Metro von Doha und bei Flughafenprojekten unter Beweis gestellt.

Die katarische Investmentfonds Mayhoola for Investments hat sich im Jahr 2015 erstmals beim türkischen Textil-Riesen Boyner Group eingekauft. Mittlerweile halten die Kataris 35 Prozent der Anteile an Boyner, so Aydinlik. Investoren aus Katar haben bisher 460 Millionen Dollar in die türkische ABank investiert. Die Qatar National Bank (QNB) hat im Jahr 2016 99,81 Prozent der Anteile an der Finansbank für 2,75 Milliarden Dollar erworben. Das türkische Bezahlfernsehen Digitürk wurde im Jahr 2015 von der katarischen Bein Media Group übernommen. Das Komitee der Streitkräfte von Katar besitzt 50 Prozent der Anteile am türkischen Lastkraftwagen- und Nutzfahrzeuge-Hersteller BMC. Nach Angaben von Defense News plant BMC, 1.000 gepanzerte Fahrzeuge für die katarische Armee zu produzieren.

Katarische Investoren sind unter anderem am türkischen Immobiliensektor interessiert. Hakan Kurt sagte der Hürriyet: „Die Kataris investieren vor allem in den türkischen Immobiliensektor. Es finden insbesondere Investitionen in Bursa, Trabzon, Izmir und Bodrum statt. Der Immobiliensektor ist einer von zwei Sektoren, die katarische Investitionen anziehen. Istanbul ist auch begehrt. Der Quadratmeterpreis ist etwas geringer als in London.“

Der Vorsitzende der Abu Dhabi Investment Group sagte der Zeitung Milliyet im Januar 2017, dass Katar, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate in den kommenden Jahren Investitionen in der Türkei in Höhe von über 100 Milliarden Dollar tätigen wollen.

Katar ist für die Türkei auch aus einer militärisch-strategischen Perspektive wichtig. Ankara ist dabei, einen türkischen Militärstützpunkt in Katar fertigzustellen. Janes Defence berichtet, dass das türkische Parlament Anfang Mai 2017 ein Gesetz verabschiedet hat, wonach zunächst 600 türkische Soldaten in Katar stationiert werden sollen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Experten-Webinar: Ist Bitcoin das neue Gold? – Chancen, Risiken und Perspektiven

Inflation, Staatsverschuldung, geopolitische Unsicherheiten: Viele Anleger fragen sich, wie sie ihr Vermögen in Zeiten wachsender...

DWN
Panorama
Panorama EU-Reform könnte Fluggastrechte deutlich schwächen
01.06.2025

Von Verspätungen betroffene Fluggäste haben in Zukunft möglicherweise deutlich seltener Anspruch auf Entschädigung. Die EU-Staaten...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wettlauf um die Zukunft: Wie die USA ihre technologische Überlegenheit retten wollen
01.06.2025

China wächst schneller, kopiert besser und produziert billiger. Die USA versuchen, ihre Führungsrolle durch Exportverbote und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Freelancer: Unverzichtbare Stütze in flexiblen Arbeitswelten
01.06.2025

Trotz Homeoffice-Boom bleibt die Nachfrage nach Freelancern hoch. Warum Unternehmen auf Projektarbeiter setzen, wo die Vorteile liegen –...

DWN
Politik
Politik „Choose Europe“: Brüssel will Gründer mit Kapital halten
31.05.2025

Die EU startet einen neuen Wachstumsfonds, der Start-ups mit Eigenkapital unterstützen und in Europa halten soll. Doch Geld allein wird...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Energiewende umgekehrt: US-Firmen fliehen vor Trumps Klimapolitik – nach Europa
31.05.2025

Während Trump grüne Fördermittel in den USA kürzt, wendet sich die Clean-Tech-Branche von ihrer Heimat ab. Jetzt entstehen in Europa...

DWN
Politik
Politik Ärztepräsident warnt vor „Versorgungsnotstand“
31.05.2025

Ärztepräsident Klaus Reinhardt warnt vor Beeinträchtigungen im medizinischen Netz für Patienten, wenn nicht bald Reformen zu mehr...

DWN
Finanzen
Finanzen Gesetzliche Erbfolge: Wer erbt, wenn es kein Testament gibt
31.05.2025

Jeder kann selbst bestimmen, wer seine Erben sein sollen. Wer das allerdings nicht durch ein Testament oder einen Erbvertrag regelt und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Datensammeln ohne Richtung: Warum der falsche Analyst Ihrem Unternehmen schadet
31.05.2025

Viele Unternehmen sammeln Daten – doch ohne den richtigen Analysten bleiben sie blind. Wer falsche Experten einsetzt, riskiert...