Gemischtes

Bundesbank-Präsident wirbt für lokale Anleihenmärkte in Afrika

Die wirtschaftliche Entwicklung bietet der deutschen Industrie große Chancen. Doch für ein nachhaltiges Wachstum müssen zuerst Investitionen getätigt werden.
26.06.2017 09:45
Lesezeit: 2 min

Bundesbank-Präsident Jens Weidmann hat sich für die Entwicklung lokaler Anleihenmärkte in den afrikanischen Ländern ausgesprochen. „Heimische Kreditmärkte sind der Hauptweg, um private Mittel für Investitionen zu beschaffen“, sagte Weidmann am auf einer Afrika-Konferenz in Berlin Mitte Juni.

Weidmann umriss die Rolle Afrikas für den Welthandel:

„Afrika ist bereit, von einer offenen Weltwirtschaft zu profitieren. Die wirtschaftlichen Aussichten des Kontinents sind positiv. Im Zeitraum von 2009 bis 2014 lag die durchschnittliche Wachstumsrate bei rund 4 Prozent. Seither haben niedrige Rohstoffpreise zu einer geringfügigen Wachstumsverlangsamung geführt. Doch die mittelfristigen Wachstumsperspektiven sind nach wie vor solide.

Dies gilt zumindest bei der Betrachtung der Wachstumsraten insgesamt. Worauf es jedoch beim Bestreben, den Wohlstand zu steigern, wirklich ankommt, ist das Pro-Kopf-Wachstum. Hier ergibt sich ein weniger günstiges Bild. Die Bevölkerung in Afrika wächst schnell. Heute leben dort 1,2 Milliarden Menschen, und die Vereinten Nationen gehen davon aus, dass sich die Zahl bis zum Jahr 2050 verdoppeln wird. Die Wirtschaft wächst zwar rascher als die Bevölkerung, allerdings nur geringfügig. Da die höhere Produktionsleistung auf immer mehr Köpfe aufzuteilen ist, rechnet die Weltbank damit, dass der Anstieg des Pro-Kopf-Einkommens deutlich hinter dem Gesamtwachstum zurückbleiben wird.

Die junge und wachsende Bevölkerung Afrikas kann Segen oder Fluch sein. Die Ansprüche der Jugendlichen steigen von Tag zu Tag, was unter anderem auf die verstärkte Nutzung von Mobiltelefonen und sozialen Medien zurückzuführen ist. In einem ungünstigen wirtschaftlichen und politischen Umfeld können Frustration, Konflikte und eine hohe Auswanderungsbereitschaft die Folge sein. In einem positiven Umfeld jedoch kann mithilfe der jungen Bevölkerung eine demografische Dividende erzielt werden. In diesem Fall würde Afrika auch die Weltwirtschaft stärken.

Doch zur Schaffung einer ausreichend hohen Anzahl an Arbeitsplätzen, um die neuen Arbeitskräfte aufzunehmen, sind Investitionen notwendig. Schätzungen der Weltbank zufolge müssen sich Investitionen in den afrikanischen Ländern auf ein Viertel des Bruttoinlandsprodukts (BIP) belaufen, um ein nachhaltiges und integratives Wachstum zu erlangen. In den vergangenen 15 Jahren lag dieser Wert im Schnitt bei lediglich einem Fünftel des BIP. Es bleibt also noch einiges zu tun.

Zugleich verläuft die demografische Entwicklung in anderen Regionen der Welt nahezu konträr. In Europa ist die Bevölkerung generell älter und dürfte überdies schrumpfen. Deutschland ist ein Paradebeispiel hierfür. Nur in Japan ist das Durchschnittsalter höher als in Deutschland.

Diese demografischen Trends belasten die langfristigen Wirtschaftsaussichten der westlichen Volkswirtschaften bereits heute. Und sie könnten in diesen Ländern auch zu einer geringeren Anlagerendite führen.“

Weidmann plädiert für Anleihen in den nationalen Währungen „Nationale Anleihenmärkte sind das erste Mittel der Wahl, um sich privates Investitionskapital zu beschaffen. Ihr Nutzen steigt sogar noch, wenn dort Kapital in Landeswährung aufgebracht wird, denn dann werden Anlageentscheidungen nicht durch Wechselkursschwankungen gefährdet. Existiert ein solcher Markt für Anleihen in Landeswährung, wird dadurch zudem die Glaubwürdigkeit der nationalen Währung betont.“

Verhältnismäßig gut entwickelte Märkte für in Landeswährung begebene Anleihen gibt es bislang in Südafrika, Ägypten und Nigeria. Zusammen entfallen auf sie knapp 90 Prozent aller ausstehenden in Afrika in Landeswährung begebenen Anleihen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte kürzlich die großen Industrie- und Schwellenländer dazu aufgerufen, Afrika mit Hilfe von Reform- und Investitionspartnerschaften zu mehr Wachstum und Jobs zu verhelfen. Anfang Juli auf dem G20-Gipfel in Hamburg soll eine umfassende Partnerschaft mit Afrika beschlossen werden. Zentrales Element sind Investitionspartnerschaften zwischen einzelnen Ländern Afrikas und der G20 unter dem Namen „Compact with Africa“.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

 

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bundesbank: Deutsche Exportwirtschaft verliert deutlich an globaler Stärke
14.07.2025

Die deutsche Exportwirtschaft steht laut einer aktuellen Analyse der Bundesbank zunehmend unter Druck. Branchen wie Maschinenbau, Chemie...

DWN
Immobilien
Immobilien Gebäudeenergiegesetz: Milliardenprojekt für 1,4 Billionen Euro – hohe Belastung, unklare Wirkung, politisches Chaos
14.07.2025

Die kommende Gebäudesanierung in Deutschland kostet laut Studie rund 1,4 Billionen Euro. Ziel ist eine Reduktion der CO₂-Emissionen im...

DWN
Politik
Politik EU plant 18. Sanktionspaket gegen Russland: Ölpreisobergrenze im Visier
14.07.2025

Die EU verschärft den Druck auf Moskau – mit einer neuen Preisgrenze für russisches Öl. Doch wirkt die Maßnahme überhaupt? Und was...

DWN
Technologie
Technologie Datenschutzstreit um DeepSeek: Deutschland will China-KI aus App-Stores verbannen
14.07.2025

Die chinesische KI-App DeepSeek steht in Deutschland unter Druck. Wegen schwerwiegender Datenschutzbedenken fordert die...

DWN
Finanzen
Finanzen S&P 500 unter Druck – Sommerkrise nicht ausgeschlossen
14.07.2025

Donald Trump droht mit neuen Zöllen, Analysten warnen vor einer Sommerkrise – und die Prognosen für den S&P 500 könnten nicht...

DWN
Politik
Politik Wenn der Staat lahmt: Warum die Demokratie leidet
14.07.2025

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier warnt eindringlich vor den Folgen staatlicher Handlungsunfähigkeit. Ob kaputte Brücken,...

DWN
Politik
Politik Fluchtgrund Gewalt: Neue Angriffe in Syrien verstärken Ruf nach Schutz
14.07.2025

Trotz Versprechen auf nationale Einheit eskaliert in Syrien erneut die Gewalt. Im Süden des Landes kommt es zu schweren Zusammenstößen...

DWN
Finanzen
Finanzen Altersarmut nach 45 Beitragsjahren: Jeder Vierte bekommt weniger als 1300 Euro Rente
14.07.2025

Auch wer sein Leben lang gearbeitet hat, kann oft nicht von seiner Rente leben. Dabei gibt es enorme regionale Unterschiede und ein starkes...