Italien erhöht in der Flüchtlingskrise den Druck auf andere EU-Staaten und droht nun auch offiziell mit der Erteilung von vorübergehenden Visa, mit denen Migranten weiterreisen können. "Wir werden es nicht hinnehmen, zu einem europäischen Aufnahmelager zu werden", kritisierte Außenstaatssekretär Mario Giro am Dienstag in der Zeitung "Il Manifesto".
Auf die Frage, ob die Behörden Migranten vorläufige Reisepapiere ausstellen könnten, antwortete er, die Regierung prüfe alle Möglichkeiten. Man wolle einseitige Gesten vermeiden. Italien wende sich aber gegen die strenge Umsetzung der Vorschrift, wonach für einen Asylbewerber in der Regel das EU-Land zuständig ist, in dem er zum ersten Mal den Boden der Union betreten hat. Noch am Montag hatte Außenminister Angelino Alfano gesagt, die Erteilung kurzfristiger Visa stehe nicht auf der Tagesordnung.
Italien hat in diesem Jahr 93.000 Migranten aufgenommen, die übers Mittelmeer per Boot vor allem aus Ländern südlich der Sahara sowie aus Bangladesch kommen. Dies ist ein Zuwachs um 17 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Die Regierung in Rom hatte bereits im Jahr 2011 andere EU-Staaten verärgert. Damals stellten die Behörden Neuankömmlingen Aufenthaltserlaubnisse aus.
Wegen der steigenden Migrantenzahlen in Italien gibt es im Nachbarland Österreich Überlegungen, am Brenner wieder Grenzkontrollen einzuführen. Er ist auch eine wichtige Transitstrecke nach Deutschland.