Finanzen

Cum-Cum-Geschäfte: Deutschen Banken drohen hohe Strafen

Lesezeit: 2 min
19.07.2017 17:13
Deutschen Banken drohen wegen verbotener Aktiengeschäfte möglicherweise hohe Strafen.
Cum-Cum-Geschäfte: Deutschen Banken drohen hohe Strafen

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Den deutschen Banken drohen millionenschwere Nachzahlungen und Strafen wegen unerlaubter Steuertricks mit Dividendenpapieren. Das Bundesfinanzministerium hat in einem Rundschreiben an die Finanzbehörden der Länder klargestellt, dass es die unter dem Schlagwort „Cum-Cum“ bekannten Geschäfte in den meisten Fällen für rechtswidrig hält, wie die Finanzaufsicht BaFin am Dienstagabend laut Reuters mitteilte.

Die Transaktionen mit Aktien rund um den Dividendenstichtag halfen ausländischen Investoren, die auf die Ausschüttung fällige Kapitalertragssteuer zu sparen. Deutsche Banken oder Fondsgesellschaften, die dabei mitspielten und die Aktien bis nach dem Stichtag übernahmen, wurden in der Regel mit einem Teil der Brutto-Dividende belohnt. Von ihnen sollen die Finanzämter die erstatteten Steuern nun zurückholen.

Bei „Cum-Cum“-Geschäften wurden von ausländischen Anlegern gehaltene Anteile kurz vor dem Dividenden-Stichtag an inländische Anteilseigner übertragen, etwa an Banken. An diese wird die Dividende dann ausgeschüttet, darauf wird eine Kapitalertragsteuer fällig. Die inländische Bank konnte sich dann – anders als die ausländischen Investoren – die Kapitalertragsteuer anrechnen beziehungsweise vom Staat erstatten lassen. Danach wurden die Aktien samt Dividende zurückgereicht, die gesparte Steuer zulasten des Staates wurde unter Banken und Investoren aufgeteilt.

Ein Missbrauch der Regelung sei immer dann anzunehmen, wenn klar sei, dass die Transaktionen – von denen es mehrere Spielarten gab – nur dazu dienten, Steuern zu sparen, heißt es in dem zwölfseitigen Schreiben aus Berlin. Davon sei auszugehen, wenn die Aktien 45 Tage vor und nach dem Stichtag hin- und hergereicht wurden. Auch Depotbanken, die die Aktien verwahrten, könnten möglicherweise zur Rechenschaft gezogen werden, erklärte das Ministerium.

Die BaFin befürchtet aus den Strafen und Steuerforderungen offenbar schwerwiegende Konsequenzen für die betroffenen Banken. In einem Fragebogen will sie von allen 1600 deutschen Instituten bis Mitte Oktober wissen, welche Belastungen sie daraus noch erwarten. „Cum-Cum“ galt jahrelang unter vielen Anlegern als legaler Steuertrick. Zwar wurde dieses Steuerschlupfloch Anfang 2016 geschlossen. Es gab bislang jedoch für die Finanzämter keine Anleitung, wie sie mit Transaktionen vor 2016 umgehen sollen.

Die Finanzaufsicht will offenbar vermeiden, dass kleinere Banken unter der Belastung ins Wanken kommen, ohne dass sie es merken. „Die BaFin möchte sich insbesondere ein Bild darüber machen, welche Folgen sich für die Solvenz der Banken ergeben und ob weitere bankaufsichtliche Maßnahmen erforderlich sein könnten“, heißt es in der Mitteilung. Im Streit um ähnliche Steuertricks („Cum-Ex“) mit Aktien war die kleine Maple Bank wegen dreistelliger Millionenforderungen der Finanzbehörden zusammengebrochen.

Der Vorstand des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW), Klaus-Peter Naumann, spricht von einer „Kehrtwende“ aus Berlin. Sie ist das Ergebnis einer Diskussion mit den Bundesländern, allen voran Nordrhein-Westfalen, die auf eine Überprüfung der Altfälle gedrängt hatten.

Ob Banken dafür Rückstellungen bilden müssen, lassen die Prüfer offen. „Die Banken müssen ihre Risikoposition zumindest überdenken. Schließlich geht es für einige durchaus um eine wesentliche Größenordnung“, sagte Naumann der Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch. Das Risiko müsse in den Halbjahresberichten aber „in geeigneter Form transparent“ gemacht werden. Zumindest eine Größenordnung sollten die Banken dort schon nennen können. „Bis wir Rechtsklarheit zum Thema Cum-Cum haben, wird das lange dauern“, sagte Naumann. „Letztlich werden das die Gerichte entscheiden müssen.“

In Verbindung mit „Cum-Cum“-Transaktionen werden unter anderem die Commerzbank, die Deutsche Bank, die Deka und die LBBW gebracht. Sie alle wollen sich nicht äußern. „Wir prüfen das Schreiben noch“, sagte ein Deka-Sprecher nur.

Wie hoch der Schaden für den Staat durch „Cum-Cum“ ist, lässt sich schwer abschätzen. Belastbare Berechnungen gibt es nicht. Der Finanzwissenschaftler Christoph Spengel von der Universität Mannheim kommt für die Jahre von 2001 bis 2016 auf einen Schaden von rund 1,5 Milliarden Euro pro Jahr. Dabei geht er davon aus, dass jeder zweite ausländische Investor auf Cum-Cum-Tricks zurückgegriffen hat.

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