Finanzen

Uniper fordert Abwehr von US-Gasimporten nach Europa

Der Chef des deutschen Energieunternehmens Uniper fordert eine Abkehr europäischer Kunden von US-amerikanischen Gasimporten.
09.08.2017 17:15
Lesezeit: 2 min

Der Chef des deutschen Energieunternehmens Uniper, Klaus Schäfer, ist der Ansicht, dass die europäischen Gasversorger angesichts der Bemühungen der USA, Flüssiggas (LNG) nach Europa zu liefern, eine stärkere Rolle auf dem europäischen Energiemarkt einnehmen müssen. Uniper ist eines von fünf europäischen Unternehmen, die in das deutsch-russische Pipelineprojekt Nord Stream 2 investiert haben. Das Projekt könnte aufgrund der jüngsten US-Sanktionen gegen Russland allerdings in Schwierigkeiten geraten.

„Der Hauptgrund (für die Sanktionen) sind strategische ökonomische Interessen, d.h. die gezielte Dominanz der USA auf den Energiemärkten (…). Die Bereitschaft von Uniper, das Nord Stream 2-Projekt mit anderen europäischen Partnern zu finanzieren, ergibt sich aus der Überzeugung, dass diese zusätzliche Gasverbindung wirtschaftlich sinnvoll ist und dass unser Beitrag zur Finanzierung rentabel sein wird“, zitiert der englischsprachige Dienst von Reuters Schäfer. Der Bau von Nord Stream 2 soll eigentlich im Jahr 2019 abgeschlossen werden. Die Fertigstellung würde den Anteil an russischem Gas auf dem europäischen Markt erhöhen.

Folglich würden US-amerikanische Produzenten von LNG einen Wettbewerbsnachteil erleiden. Nach eigenen Angaben hat Schäfer die Preise für LNG verglichen. Er meint, dass amerikanisches LNG im US- Binnenmarkt zwar günstig, doch als Exportprodukt relativ teuer sei. Nach Berücksichtigung der Gebühren für Versand, Verflüssigung und Vergasung steige der LNG-Preis enorm. Schäfer schlägt in diesem Zusammenhang vor, dass die europäischen Gasversorger neue Wege zur Herstellung von synthetischem Gas aus überschüssiger erneuerbarer Energie finden müssen.

Die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten haben verschiedene Ansichten über die Absichten der USA und Russlands auf dem europäischen Energiemarkt. Während Bundeskanzlerin Angela Merkel Nord Stream 2 als rein wirtschaftliches Projekt darstellt, sind die Polen der Ansicht, dass Russland über Nord Stream 2 auch politischen Einfluss in Europa ausüben möchte. Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries hatte die neuen Sanktionen gegen Russland als „völkerrechtswidrig" eingestuft. Ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWI) bestätigte dies den Deutschen Wirtschafts Nachrichten: „Extraterritoriale Sanktionen verstoßen nach unserer Auffassung gegen das Völkerrecht. Wir lehnen diese daher ab.“

Polen hingegen will sich aktiv von der russischen Gasabhängigkeit lösen und US-LNG in großen Mengen importieren. Das importierte Gas soll dann nicht nur für den Eigenverbrauch, sondern auch für den Weiterverkauf in weitere europäische Länder dienen.

Zuvor hatten Europas Energiekonzerne vor den negativen Folgen der neuen US-Sanktionen im Hinblick auf die Energieversorgung Europas gewarnt. Die Befürchtungen der deutschen Wirtschaft, dass die US-Sanktionen auch Firmen in Europa treffen könnten, nähren sich aus der exterritorialen Wirkung der US-Bestrafungspläne. Dies bedeutet, dass auch Firmen aus dem Ausland mit Aktivitäten in den USA, die gegen diese Sanktionen verstoßen, in den USA mit Strafen rechnen müssen.

Ciarán Burke, Professor für Internationales Recht an der Friedrich-Schiller-Universität Jena, erläuterte im Gespräch mit den Deutschen Wirtschafts Nachrichten die rechtliche Lage: „Vorausgesetzt, die Sanktionen der Vereinigten Staaten gegenüber Russland sind rechtmäßig, stellt sich die Frage, welche Wirkung sie gegenüber Dritten entfalten. Gemäß Art. 22 ARS ist bei rechtmäßigen Gegenmaßnahmen die Rechtswidrigkeit im Völkerrecht ausgeschlossen; eigentlich rechtswidrige Akte werden somit zu rechtmäßigen Handlungen. Allerdings greift dies dem Wortlaut nach nur in Verhältnis zum ersten Staat. Berührt die Gegenmaßnahme also die Rechte dritter Staaten, ist hier die Rechtswidrigkeit nicht ausgeschlossen. Dies hätte eine Entschädigungsverpflichtung des reagierenden Staates zur Folge. Ausgeschlossen ist eine nur indirekte Verletzung oder eine Beeinträchtigung, die nur eine Konsequenz der Maßnahmen gegen den Adressaten der Repressalie ist.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Arbeiten nach der Schule: Warum viele keine Ausbildung beginnen
19.07.2025

Schnell Geld verdienen statt jahrelang pauken – das klingt für viele junge Menschen verlockend. Doch wer direkt nach der Schule in den...

DWN
Politik
Politik Militär statt Frieden? Was das EU-Weißbuch 2030 wirklich bedeutet
19.07.2025

Mit dem Weißbuch „Bereitschaft 2030“ gibt die EU ihrer Sicherheitspolitik eine neue Richtung. Doch Kritiker warnen: Statt...

DWN
Politik
Politik Nordkoreas Kronprinzessin: Kim Ju-Ae rückt ins Zentrum der Macht
18.07.2025

Kim Jong-Un präsentiert die Zukunft Nordkoreas – und sie trägt Handtasche. Seine Tochter Kim Ju-Ae tritt als neue Machtfigur auf. Was...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Birkenstock: Von der Orthopädie-Sandale zur globalen Luxusmarke
18.07.2025

Birkenstock hat sich vom Hersteller orthopädischer Sandalen zum weltweit gefragten Lifestyle-Unternehmen gewandelt. Basis dieses Wandels...

DWN
Politik
Politik 18. Sanktionspaket verabschiedet: EU verschärft Sanktionsdruck mit neuen Preisobergrenzen für russisches Öl
18.07.2025

Die EU verschärft ihren wirtschaftlichen Druck auf Russland: Mit einem neuen Sanktionspaket und einer Preisobergrenze für Öl trifft...

DWN
Politik
Politik China investiert Milliarden – Trump isoliert die USA
18.07.2025

China bricht alle Investitionsrekorde – und gewinnt Freunde in aller Welt. Trump setzt derweil auf Isolation durch Zölle. Wer dominiert...

DWN
Finanzen
Finanzen Energie wird unbezahlbar: Hohe Strom- und Gaskosten überfordern deutsche Haushalte
18.07.2025

Trotz sinkender Großhandelspreise für Energie bleiben die Kosten für Menschen in Deutschland hoch: Strom, Gas und Benzin reißen tiefe...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzen: Deutsche haben Angst um finanzielle Zukunft - Leben in Deutschland immer teurer
18.07.2025

Die Sorgen um die eigenen Finanzen sind einer Umfrage zufolge im europäischen Vergleich in Deutschland besonders hoch: Acht von zehn...