Finanzen

Konflikt bei Pharma-Unternehmen Stada eskaliert

Lesezeit: 2 min
30.08.2017 17:05
Der Vorstand von Stada erhebt schwere Vorwürfe gegen die ehemalige Führungsspitze.
Konflikt bei Pharma-Unternehmen Stada eskaliert

Der Streit zwischen dem Aufsichtsrat des Pharmaunternehmens Stada und der ehemaligen Führungsspitze erreicht einen neuen Höhepunkt. Der Aufsichtsrat sieht Anhaltspunkte für „schwerwiegende Pflichtverletzungen“ und schlug der Hauptversammlung am Mittwoch vor, den ehemaligen Stada-Chef Matthias Wiedenfels und den früheren Finanzchef Helmut Kraft nicht zu entlasten. Auch Helmut Retzlaff, der bereits 2016 seinen Hut als Vorstandschef nehmen musste, solle keine Entlastung erteilt werden.

Ein interner Untersuchungsbericht habe „belastbare Erkenntnisse für schwerwiegende Pflichtverletzungen“ der Vorstandsmitglieder im Geschäftsjahr 2016 ergeben, sagte Aufsichtsratschef Carl Ferdinand Oetker. „Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit war nicht mehr gewährleistet gewesen.“ Dies habe auch zur Trennung von Wiedenfels und Kraft im Juli geführt.

Wiedenfels wies die Vorwürfe über seine Rechtsanwälte zurück. Die Entscheidung, dem Vorstand die Entlastung zu vorzuenthalten, sei nicht nachvollziehbar. „Umstände in der Geschäftsführung des Vorstands, die hierzu Anlass geben könnten, liegen nach eigener Erklärung des Aufsichtsrats gegenüber Herrn Dr. Wiedenfels nicht vor.“ Oetker zufolge spielte eine bedeutende Rolle bei einigen Pflichtverletzungen der Abschluss von Beraterverträgen ohne erkennbare Beratungsleistungen. „Der Hintergrund der Verträge war nicht im Unternehmen und schon gar nicht im Aufsichtsrat bekannt.“ In einem Fall sei der Aufsichtsrat sogar über die Leistungserbringung getäuscht worden. Teils hätten die Pflichtverletzungen zu signifikanten Schäden geführt. Externe Rechtsanwälte der Firma hätten Wiedenfels und Kraft dazu schon befragt, Retzlaff habe Gesprächsangebote bislang ausgeschlagen.

Wiedenfels ließ mitteilten, der Aufsichtsrat habe ihm noch bis vor wenigen Tagen Vorschläge zur Beendigung seiner Tätigkeit gemacht, die seine Entlastung durch die Hauptversammlung ausdrücklich beinhalteten. Das habe gerade auch im Hinblick auf die Oetker genannten und „lange bekannten“ geschäftlichen Themen gegolten. „Diese bieten nach gründlicher Prüfung keinen Anhaltspunkt für Pflichtverletzungen von Herrn Dr. Wiedenfels, und solche hat der Aufsichtsrat uns auch bis heute nicht bezeichnet.“

Der neue Vorstand um Vorstandschef Engelbert Tjeenk Willink und Finanzchef Bernard Düttmann beantragte, die Abstimmung zu vertagen. Der Vorstand habe den abschließenden Untersuchungsbericht erst am vergangenen Freitagabend erhalten. Zwar sei der Vorschlag des Aufsichtsrats „nachvollziehbar“. Eine abschließende Bewertung des Berichts im Sinne einer Nichtentlastung sei nach Ansicht des Vorstands aber „nicht sachgerecht.“ Die Untersuchungen sollten erst zum Abschluss gebracht werden und die notwendigen Schlussfolgerungen daraus gezogen werden.

Aktionärsvertreter übten scharfe Kritik. Winfried Mathes von der Fondsgesellschaft Deka sagte, die Vorgänge um Stada glichen einer Seifenoper. „Stada ist für uns alle ein Lehrstück darüber, was schlechte Corporate Governance anrichten kann. Eine zu große Machtfülle, Gehaltsexzesse und Vetternwirtschaft in der Führungsetage unter Duldung des Aufsichtsrats.“ Viele Angelegenheiten seien bei Stada nicht sauber gelaufen und müssten aufgeklärt werden, selbst wenn das Unternehmen nun neue Eigentümer habe, forderte Peter Barth von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz.

Oetker selbst war vor einem Jahr durch eine Aktionärsrevolte an die Spitze des Stada-Aufsichtsrats gekommen, dem er seit 2009 angehört. Er und vier weitere Aufsichtsratmitglieder hatten in der vergangenen Woche angekündigt, ihre Ämter am 25. September niederzulegen. Damit soll in dem Gremium Platz für Vertreter der neuen Mehrheitsaktionäre Bain Capital und Cinven gemacht werden. Den beiden Finanzinvestoren war Mitte August die 5,3 Milliarden Euro schwere Übernahme von Stada im zweiten Anlauf knapp gelungen.

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