US-Präsident Donald Trump bereitet die Distanzierung ("Dezertifzierung") seines Landes von dem internationalen Atomabkommen mit dem Iran vor. Einen sofortigen Ausstieg aus der Vereinbarung plant Trump allerdings laut überstimmenden Agentur- und Medienbericht jedoch nicht. Vor der für 18.45 Uhr (MESZ) geplanten Rede des Präsidenten stellte das Weiße Haus bereits die Kernpunkte der neuen Iran-Strategie vor: Demnach will Trump dem Kongress die wichtige Entscheidung überlassen, ob die suspendierten Sanktionen gegen den Iran wieder in Kraft gesetzt werden.
Außenminister Rex Tillerson sagte laut dem israelischen Nachrichtenportal i24News, dass die USA keine neuen Sanktionen planen: "Dies käme der Aufkündigung des Deals gleich", sagte Tillerson in Washington.
Bermerkenswert: Trump verzichtet laut Weißem Haus auf die angedrohte Einstufung der iranischen Revolutionsgarden als Terrorgruppe. Stattdessen werde der Präsident begrenzte Sanktionen gegen die Revolutionsgarden verkünden.
Dieser Punkt hatte die Führung in Teheran besonders aufgebracht. Der Iran hatte angekündigt, in diesem Fall alle US-Truppen mit dem IS gleichzusetzen und entsprechend zu bekämpfen. Der Iran kämpft derzeit an der Seite Russlands in Syrien, wo auch US-Truppen und Spezialeinheiten der CIA im Einsatz sind.
Den Angaben aus dem Weißen Haus zufolge will Trump die Abkehr von dem Abkommen verdeutlichen, indem er ihm die erneute "Zertifizierung" verweigert. Gemeint ist damit die per Gesetz alle 90 Tage anstehende Bestätigung des Präsidenten gegenüber dem Kongress, dass der Iran sich an die vereinbarten Auflagen zu seinem Atomprogramm hält und das Abkommen weiter im Interesse der USA ist.
Die Frist für die Erneuerung der "Zertifizierung" läuft am Sonntag ab. Den Ausstieg der USA aus dem Abkommen würde es allerdings noch nicht bedeuten. Vielmehr würde dann eine Frist von 60 Tagen anlaufen, in welcher der Kongress über eine Wiederaufnahme der Sanktionen gegen den Iran zu entscheiden hat. Der Kongress muss diese Sanktionen nicht zwingend verhängen. Sollte er es aber tun, würde dies den Fortbestand des Atomabkommens akut gefährden - auch ohne formale Ausstiegserklärung der USA.
Seine Iran-Ansprache am Freitag will Trump nach Angaben des Weißen Hauses erneut zu heftiger Kritik an Teheran nutzen: Er werde dem Iran einen "destabilisierenden Einfluss" im Nahen Osten vorwerfen - insbesondere durch die "Unterstützung von Terroristen und Extremisten".
Die Informationen aus dem Weißen Haus legen aber auch nahe, dass die USA trotz der Abkehr weiter auf eine Umsetzung der Atomvereinbarung setzen. Das Abkommen müsse "strikt umgesetzt" werden, und die Internationale Atomenergiebehörde IAEA müsse - wie in dem Abkommen vorgesehen - "ihren Inspektionsauftrag voll ausschöpfen", heißt es in einem vom Weißen Haus vorgelegten Papier mit Eckpunkten zu Trumps Iran-Strategie.
Bei seiner Iran-Entscheidung hatte der US-Präsident widerstrebende Interessen zu berücksichtigen. Im Wahlkampf hatte er die Vereinbarung als "schlechtesten Deal" kritisiert und bei seinen Anhängern die Erwartung auf einen Ausstieg geschürt.
Die Bundesregierung warb am Freitag für ein Festhalten an dem Atomabkommen. Dieses sei "ein wichtiges Instrument, um eine nukleare Bewaffnung des Iran zu verhindern", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) telefonierte am Donnerstagabend mit seinem US-Kollegen Rex Tillerson, wie eine Sprecherin mitteilte.
Auch Chinas Außenminister Yang Jiechi telefonierte mit Tillerson, wie in Peking mitgeteilt wurde. Das Abkommen trage zu "Frieden und Stabilität in der Region", erklärte die chinesische Regierung, die es mit ausgehandelt hatte.