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Elektro-Mobilität: Hohe Risiken für deutsche Autobauer

Lesezeit: 2 min
22.10.2017 19:27
Der Trend hin zur Elektromobilität bedroht den Erfolg deutscher Autobauer, bietet jedoch auch Chancen.
Elektro-Mobilität: Hohe Risiken für deutsche Autobauer

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Der Trend hin zu einer stärkeren Verbreitung der Elektro-Mobilität gefährdet in Deutschland hunderttausende Arbeitsplätze, die mit dem Verbrennungsmotor zusammenhängen. Die Entwicklung bietet jedoch auch einige Chancen.

Noch vor wenigen Monaten hatten sich Manager und Betriebsräte aus der Automobilindustrie dahingehend geäußert, dass sich die Branche darauf einstellen müsse, dass die Kehrtwende in Richtung batteriebetriebene Fahrzeuge eine große Zahl von Arbeitsplätzen kosten könnte. Dies wurde damit begründet, dass Elektroautos weder komplexe Motoren mit Katalysatoren oder Abgasbehandlung noch aufwendige Getriebe benötigten. Die Folge: Entwicklung und Produktion erfordern weniger Personal. Hierzu hatte sich der Gesamtbetriebsratsvorsitzenden von BMW, Manfred Schoch, geäußert: „Ein Achtzylindermotor hat 1.200 Teile, die montiert werden müssen, ein Elektromotor nur 17 Teile.“

Noch vor wenigen Monaten malte eine Studie des VDA (Verband der Automobilindustrie) ein düsteres Bild. Denn, wenn wie gefordert ab dem Jahr 2030 nur noch sogenannte emissionsfreie Fahrzeuge als Neuwagen auf die Straße kommen würden, hätte dies unmittelbar oder mittelbar Einfluss auf etwa 900.000 Arbeitsplätze der Branche. Der VDA betrachtete bis zu 436.000 Stellen – vor allem bei kleinen und mittelständischen Zulieferern – als gefährdet.

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel malte bereits im Sommer dieses Jahres ein düsteres Bild in Bezug auf die Zukunft der deutschen Vorzeige-Industrie. Alle Beteiligten gingen davon aus, dass die Autoindustrie in ihrer derzeitigen Form nicht überleben werde. Sämtliche hiervon betroffenen Länder sollten sich darauf vorbereiten, um die Umstrukturierung in den kommenden Jahren zu begleiten und zu kompensieren. Merkels Einschätzung zur Zukunft gipfelte darin, dass Deutschland bei dieser Schlüsselindustrie Wettbewerbsvorteile verliere.

Ganz im Gegensatz zur Analyse des VDA kommt eine kürzlich veröffentlichte Studie der ECF, der European Climate Foundation zu dem Schluss, dass die Elektro-Mobilität bis 2030 insgesamt 145.000 neue Arbeitsplätze schaffen könnte. Die neue Studie, an der neben führenden Automobilherstellern und Gewerkschaften auch Umweltverbände mitgearbeitet haben, wurde von britischen Ökonomen der Cambridge Econometrics erstellt.

Wie Christoph Wolff von der European Climate Foundation erklärt, habe sein Institut nicht nur untersucht, welche Folgen ein Umstieg für die Autoindustrie hat. „Wir haben auch berücksichtigt, was in anderen Branchen passiert.“ Dadurch seien neben den Verlierern auch die möglichen Gewinner der Energiewende im Automobilsektor in die Berechnung eingeflossen. Die Umstellung auf Elektro-Mobilität dürfte besonders der Dienstleistungs- und der Energiebranche Auftrieb geben. Immerhin nutzten die Elektrofahrzeuge anstelle von importiertem Öl Strom.

Genau hier stellt sich allerdings die Frage, wie Millionen von Elektroautos mit in Deutschland erzeugtem Strom betrieben werden sollen. Beobachter gehen davon aus, dass die zusätzlich benötigte Strommenge aus dem Ausland hinzugekauft werden müsste.

Auch wenn es in der Entwicklung und Produktion von Antrieben und weiterer Fahrzeugtechnik zu einem Abbau von Arbeitsplätzen kommen sollte, erfordert vor allem der Aufbau, die Wartung sowie der Unterhalt der notwendigen neuen Infrastruktur die Rekrutierung einer größeren Zahl von Beschäftigten. Darüber hinaus wird die neue Technologie auch größere Anstrengungen der Industrie hinsichtlich der Aus- und Weiterbildung der Fachkräfte fordern. Bestehende Angebote zur Qualifizierung müssten unter dem Aspekt Kompetenz in Elektrik/Elektronik stark erweitert werden.

Durch die Kehrtwende zur Elektromobilität werden sogar neue Arbeitsplätze im Bausektor oder Dienstleistungsbereich erwartet. Andere Felder der Wirtschaft könnten davon profitieren, dass die Ausgaben für Ölimporte sich verringerten. Wenn man der Analyse Glauben schenken darf, seien durch den schwindenden Bedarf an Benzin und Diesel im Jahr 2030 Einsparungen bei den Spritkosten zwischen 58 bis 83 Milliarden Euro pro Jahr im Bereich des Möglichen – abhängig allerdings vom Anteil alternativer und effizienterer Antriebe an der gesamten europäischen Fahrzeugflotte.

 


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