Politik

Schwere Niederlage für Renzi in Sizilien

Lesezeit: 2 min
08.11.2017 17:33
Die demokratische Partei hat in Sizilien eine schwere Niederlage erhalten. Gewonnen haben die euroskeptischen Parteien.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Italien  

+++Werbung+++

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Die demokratische Partei (PD) um den früheren italienischen Premierminister Matteo Renzi hat die Regionalwahlen in Sizilien krachend verloren. Mit weniger als 19 Prozent der Stimmen kam der Abgeordnete der PD nur auf Platz drei. Gewonnen hat der von Silvio Berlusconi unterstützte Kandidat mit rund 40 Prozent, gefolgt von dem Kandidaten der 5-Sterne-Bewegung, berichtet der EUObserver. Damit liegen die euro- und EU-skeptischen Parteien in Sizilien klar vorne.

„Sizilien hat, wie ich es gefordert habe, den Weg der Veränderung gewählt“, sagte der 81-jährige Berlusconi in einer Video-Botschaft auf Facebook. Zum Sieg von Nello Musumeci, der nach Auszählung aller Stimmen in der Nacht von Montag auf Dienstag mit 39,9 Prozent zum Gouverneur gewählt wurde, trug Berlusconis konservative Forza Italia entscheidend bei. Sie wurde zweitstärkste Partei auf der Insel – und Berlusconi hatte ordentlich im Wahlkampf mitgemischt, indem er sich als Anführer einer moderaten Mitte-Rechts-Allianz präsentierte, die als einziges Bündnis auch bei nationalen Wahlen die Protestpartei „Movimento 5 Stelle“ übertrumpfen könnte.

Sizilien gehört zu den ärmsten Provinzen Italiens. Die Jugendarbeitslosigkeit ist erschreckend hoch, viele Menschen wandern aus Perspektivlosigkeit in den Norden oder ins Ausland ab. Dazu kommt die veraltete Infrastruktur, Probleme bei der Müllentsorgung und der Einfluss der Mafia. Die Insel steht aufgrund ihrer Nähe zu Afrika außerdem im Mittelpunkt der Flüchtlingskrise. Auf Sizilien arbeiten italienische und nigerianische Mafiagruppen inzwischen bei der Prostitution nigerianischer Frauen zusammen.

Dass die Politik die Probleme nicht in den Griff bekommt, scheint die Politikverdrossenheit zu fördern: Weniger als die Hälfte der rund 4,6 Millionen Wahlberechtigten (46,8 Prozent) gaben ihre Stimme ab –  und das, obwohl die Wahlen als Testlauf für die Parlamentswahlen galten.

Die eurokritische Fünf-Sterne-Bewegung sieht von der Sizilien-Wahl eine Welle ausgehen, „die uns von 35 Prozent auf 40 Prozent auf nationaler Ebene bringt“, sagte Spitzenkandidat Luigi di Maio am Montagabend. Der alleinige Kandidat der Partei, Giancarlo Cancelleri, brachte es auf 34,6 Prozent. Damit ist die Partei die stärkste – und kanzelte die Regierungspartei umgehend als nicht ernstzunehmenden Konkurrenten ab.

In der Tat verschärft der Ausgang der Wahl die Krise der Sozialdemokraten. Nicht nur auf Sizilien ist die PD zerstritten, die Uneinigkeit über einen Kandidaten steht sinnbildlich für das Gezanke auf nationaler Ebene. Fabrizio Micari kam nur auf 18,6 Prozent, was auch darauf zurückgeführt wurde, dass die Linke mit Claudio Fava (6,1 Prozent) einen eigenen Kandidaten aufstellte.

Der Druck auf Parteichef Renzi wächst. Er will zurück auf den Posten des Ministerpräsidenten – dafür braucht er aber auch außerhalb der Partei Verbündete, um in Rom die absolute Mehrheit zu bekommen.

„Es ist unglaublich, wie sich die Gunst Renzis innerhalb von drei Jahren so wandeln konnte“, wird ein Geschichtsprofessor der Römischen Universität LUISS vom EUObserver zitiert. „Zuerst haben die Leute ihre Hoffnungen in ihn gesetzt, jetzt heften sie ihre Frustration an ihn. Wahrscheinlich kann nur ein Massenpsychologe erklären, warum Renzi so schnell vom Hoffnungsträger zum Sündenbock wurde.“


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Zu Weihnachten Zukunft schenken

Gerade zu Weihnachten wünschen sich viele Menschen, etwas von ihrem Glück zu teilen und sich für diejenigen zu engagieren, die es nicht...

DWN
Panorama
Panorama Amokfahrt von Magdeburg: Trauer, Entsetzen und offene Fragen halten Deutschland in Atem
22.12.2024

Fünf Menschen sind tot, 200 verletzt: Nach der folgenschweren Fahrt mit einem Auto über den Weihnachtsmarkt in Magdeburg stellt sich die...

DWN
Politik
Politik Donald Trump hofft: Elon Musk übernimmt (noch) nicht die US-Präsidentschaft
22.12.2024

Kritiker nennen den Tech-Milliardär süffisant «Präsident Musk». Donald Trump stellt klar, wer das Sagen hat - bestreitet aber auch...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Quiet Quitting: Der stille Job-Rückzug mit gefährlichen Folgen
22.12.2024

Ein stiller Rückzug, der Unternehmen erschüttert: Quiet Quitting bedroht die Substanz deutscher Betriebe. Warum immer mehr Beschäftigte...

DWN
Politik
Politik Steuern und Abgaben: Mehrheit der Steuerzahler zahlt 2025 noch mehr – mit oder ohne Ampel!
22.12.2024

Das „Entlastungspaket“ der Ampel ist eine Mogelpackung, denn Steuersenkungen sind nicht vorgesehen. Im Gegenteil: Ab dem 1. Januar 2025...

DWN
Technologie
Technologie DWN-Sonntagskolumne: Künstliche Intelligenz Hype Cycle - Zwischen Revolution und Enttäuschung
22.12.2024

Ist künstliche Intelligenz nur ein Hype oder der Beginn einer Revolution? Zwischen hohen Erwartungen, Milliardeninvestitionen und...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Psychische Gewalt am Arbeitsplatz: Ursachen, Folgen und Lösungen
22.12.2024

So können Unternehmen gegen verbale Übergriffe aktiv werden- Beleidigungen, Drohungen und Beschimpfungen: Rund ein Drittel der...

DWN
Politik
Politik Migrationskrise: Asyl-Rekordhoch in Deutschland und die illegale Migration an den Grenzen geht ungebremst weiter
22.12.2024

In Deutschland leben fast 3,5 Millionen Geflüchtete, von Asylsuchenden über anerkannte Flüchtlinge bis zu Geduldeten. Das ist ein neuer...

DWN
Finanzen
Finanzen Kindergeld beantragen: Tipps und wichtige Infos für 2025
22.12.2024

Wussten Sie, dass Sie Kindergeld bis zu sechs Monate rückwirkend erhalten können? Dies gilt sowohl für Ihr erstes Kind als auch für...