Politik

Frankreich fürchtet um seinen Einfluss im Libanon

Lesezeit: 2 min
19.11.2017 02:08
Der libanesische Premier Hariri ist von Saudi-Arabien nach Paris gereist.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Der zurückgetretene libanesische Ministerpräsident Saad Hariri will am Mittwoch zum Unabhängigkeitstag wieder in Beirut sein und eine öffentliche Erklärung abgeben. "Ich werde an den Feierlichkeiten zur Unabhängigkeit teilnehmen und dort meinen Standpunkt zu sämtlichen Themen bekanntgeben", sagte Hariri am Samstag nach Krisengesprächen mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron in Paris.

"In den kommenden Tagen" werde er in den Libanon reisen und mit Präsident Michel Aoun sprechen, sagte Hariri. Der Libanon begeht am Mittwoch den Tag seiner Unabhängigkeit. Aoun hatte bereits am Samstagmorgen angekündigt, dass Hariri bis dahin nach Beirut zurückkehren wolle.

Dies bestätigte Hariri nun selbst bei seinem Besuch in Paris. Macron hatte Hariri mit seiner Familie in den Elysée-Palast eingeladen, weil er nach eigenen Worten auf eine Entspannung in dem Konflikt hofft. Laut Macron handele es sich dabei nicht um ein Exil-Angebot, sondern lediglich um einen Besuch.

Von Saudi-Arabien aus hatte Hariri am 4. November seinen Rücktritt angekündigt. Als Grund nannte er wachsenden Druck der vom Iran unterstützten Hisbollah-Miliz. Libanons Präsident hatte Saudi-Arabien verdächtigt, Hariri festzuhalten. Saudi-Arabien und der Iran ringen seit Jahren um Einfluss in der Region und insbesondere auch im Libanon. Der Iran steht hinter der Hisbollah. Hariri wurde bislang von Saudi-Arabien gestützt.

Im vergangenen Jahr wurde der christlich-libanesische Politiker Michel Aoun, der der Hisbollah-Miliz nahesteht, zum Präsidenten des Libanons gewählt. Seit Mai 2015 war die Wahl eines neuen Präsidenten insgesamt 45 Mal gescheitert, weil sich die Parteien nicht auf einen Kandidaten einigen konnten. Die Wahl von Aoun war nur möglich, weil ihm Premier Saad Hariri seine Unterstützung zugesagt hatte. Zuvor hatte sich der damalige französische Präsident Francois Hollande mit Hariri getroffen, um ihn zu überzeugen, den Wunschkandidaten der Hisbollah zu unterstützen.

Der US-Informationsdienst Stratfor führt in einer Analyse vom 10. Juni 2016 aus: „Während eines Treffens mit Hariri riet ihm der französische Präsident Francois Hollande, den Präsidentschaftskandidaten der Hisbollah, Michel Aoun, zu unterstützen. Frankreich weiß, dass den Libanon mehr Instabilität erwartet, wenn das Bündnis vom 14. März nicht einigen Wünschen der Hisbollah entspricht. Für die sunnitische Gemeinschaft im Libanon ist ein Kompromiss jedoch keine Option mehr. Und für Riad ist auch Hariri keine Option mehr – zumindest vorerst.”

Im September 2017 besuchte Aoun Frankreich. Während eines Treffens mit seinem französischen Amtskollegen Emmanuel Macron sicherte auch Macron Aoun seine Hilfe zu. Frankreich werde den Libanon unterstützen, um seine Grenze zu Israel zu sichern, zitiert The Daily Star Macron.

Im November 2017 führte Macron angesichts der Regierungskrise im Libanon ein Telefongespräch mit Aoun. „Während des Telefongesprächs wiederholte Macron Frankreichs Verpflichtung, die Einheit, Souveränität und Stabilität des Libanon zu unterstützen (...). Macron versprach auch, dem Libanon bei der Aufrechterhaltung der politischen und Sicherheitsstabilität im Land zu helfen”, so die libanesische Nachrichtenagentur NNA.

Aouns Beziehungen zu Frankreich sind eng. Während des libanesischen Bürgerkriegs flüchtete Aoun im Jahr 1990 in die französische Botschaft in Beirut, beantragte Asyl und lebte bis zum Jahr 2005 in Frankreich. Im Jahr 2006 kehrte er in den Libanon zurück und unterzeichnete als Chef der Freien Patriotischen Bewegung (FPM) gemeinsam mit der Hisbollah eine Absichtserklärung, wonach die FPM mit der Hisbollah kooperieren und eine Allianz eingehen werde.


Mehr zum Thema:  

DWN
Politik
Politik Israel billigt Waffenruhe mit Hisbollah: Umsetzung in der Nacht
26.11.2024

Über ein Jahr nach Beginn des Konflikts mit der libanesischen Hisbollah-Miliz hat das israelische Sicherheitskabinett laut dem Büro von...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Minijob-Grenze 2025 steigt wegen Mindestlohnerhöhung - was heißt das für Arbeitgeber und Minijobber?
26.11.2024

Ab 2025 können Minijobber mehr Einkommen erzielen, denn wenn zum 1. Januar der Mindestlohn auf 12,82 Euro steigt, steigt auch die...

DWN
Politik
Politik Angela Merkel: Schuldenbremse-Reform notwendig für deutsche Zukunftsinvestitionen
26.11.2024

Vor Kurzem sind die Merkel-Memoiren erschienen, in denen sich die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel unter anderem für eine Reform der...

DWN
Politik
Politik Habeck für schnelle Maßnahmen zur Entlastung der Industrie - auch mit der Union
26.11.2024

Die deutsche Industrie soll schnellstens bei den Energiekosten entlastet werden. Das schlägt Wirtschaftsminister Robert Habeck von den...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Kurs: Wieder im Minus - 100.000 Dollar bleiben in Reichweite
26.11.2024

Der Bitcoin-Kurs hatte sich nach den teils erheblichen Verlusten des Vortages kurzzeitig gefangen, doch nun tendiert die wichtigste...

DWN
Politik
Politik Fünfer-Runde mit Polen und Italien: Nato-Länder stützen ukrainische Rüstungsindustrie
26.11.2024

Die jüngste Eskalation im Ukraine-Krieg bringt Kiew weitere Unterstützung der Nato. In der Nacht werden erneut Drohnenangriffe auf Kiew...

DWN
Politik
Politik Brombeer-Koalition in Thüringen vorm Aus? SPD übt Kritik am Koalitionsvertrag
26.11.2024

Erst am Freitag stellten CDU, BSW und SPD den fertigen Koalitionsvertrag für Thüringen vor. Doch jetzt regt sich Widerstand: Der linke...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Lebensmittelkennzeichnung: Warum und wie Verbraucher oft in die Irre geführt werden
26.11.2024

Die Kennzeichnung von Lebensmitteln in der EU steht in der Kritik: Der Europäische Rechnungshof bemängelt fehlende Standards,...