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Italien und Frankreich: Der lange Abstieg in die Depression

Lesezeit: 2 min
28.02.2013 01:16
Seit dem zweiten Weltkrieg ist das Wirtschaftswachstum in Frankreich und Italien immer weiter zurückgegangen. Real wächst die Wirtschaft in beiden Ländern heute überhaupt nicht mehr. Der Euro bringt diesen Ländern zusätzlich mehr Probleme als Lösungen.
Italien und Frankreich: Der lange Abstieg in die Depression

Die Eurozone befindet sich in der Rezession. Die französische Wirtschaft wächst so langsam wie seit mehr als 80 Jahren nicht mehr. Italien ist seit seiner Gründung im Jahr 1861 nicht so schleppend gewachsen wie in den letzten Jahren. Damit hat sich Italien seit 1991 so schlecht entwickelt wie kein anderes Industrie-Land der Welt, zitiert der Finanzblog Zero Hedge einen aktuellen Bericht von JPMorgan-Investor Michael Cembalest.

Das reale italienische Wirtschaftswachstum ist seit dem zweiten Weltkrieg immer weiter zurückgegangen (siehe Grafik oben). Und aufgrund der sozialen Folgen haben die Italiener die Kürzungen satt, was auch die Parlamentswahlen gezeigt haben. Der so erfolgreiche Movimento 5 Stelle von Beppe Grillo unterstützt eine Neuverhandlung der italienischen Schulden, ein Referendum über den Euro und eine Zerschlagung der großen staatlichen Konzerne (mehr hier).

Doch die Kürzungspolitik in Italien wird nicht so bald enden, denn das Land ist mit einer Staatsschuldenquote von 120 Prozent der drittgrößte Schuldnerstaat der Welt. Der ESM und die Versicherung von EZB-Chef Mario Draghi, Staatsanleihen wenn nötig direkt zu erwerben (OMT), vermindern das Risiko von Staats- oder Bankenpleiten in Europa erheblich, schreibt Cembalest. Doch es wird immer schwieriger, die sozialen und politischen Kosten des Euro im Süden Europas zu ignorieren.

Das alte System, das dem Süden Inflation und Abwertung der eigenen Landeswährungen erlaubte, war auch nicht perfekt. Doch es funktionierte besser, denn der Süden ist nun mal nicht so wettbewerbsfähig wie der Norden. Während andere an eine weitere Integration in der EU glauben, hält Cembalest es für ebenso wahrscheinlich, dass Teile Europas langsam erkennen werden, dass die  Einheitswährung langfristig mehr Kosten als Nutzen mit sich bringt.

Das reale französische Wirtschaftswachstum ist – wie das italienische – seit dem zweiten Weltkrieg immer schwächer geworden (siehe Grafik unten). Das Land hat ein sehr arbeitnehmerfreundliches Umfeld. Die Franzosen haben kurze Arbeitszeiten und können kaum gefeuert werden. Und wenn sie doch gefeuert werden, dann erhalten sie ein hohes Arbeitslosengeld. Sie haben viel Urlaub, verdienen relativ viel Geld und gehen früh in die Rente. Frankreich habe ein Traumland für Arbeiter geschaffen, sagt Cembalest.

Dadurch hat Frankreich seit der Einführung des Euro gegenüber Deutschland viel an Boden verloren. Die Konzerngewinne in Frankreich gehen stetig zurück. Um ihren Shareholdern jedoch gute Renditen und den Managern satte Boni zu verschaffen, produzieren immer mehr französische Unternehmen in Niedriglohn-Ländern. Während Deutschland seinen Anteil an den Weltexporten aufrechterhalten konnte, hat Frankreich seit Euro-Einführung ein Drittel seines Anteils verloren. Frankreich hat ein Leistungsbilanzdefizit von 6 Prozent bei Konsumrückgang und steigender Arbeitslosigkeit. Die Jugendarbeitslosigkeit hat inzwischen sogar 25 Prozent erreicht (mehr hier).

Bei Investitionen in der Eurozone ist Vorsicht geboten, sagt Cembalest. Die Probleme werden steigern, lohnende Investments seien kaum in Sicht.

 

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