Politik

Österreich will Leistungen an Asylbewerber massiv kürzen

Die neue österreichische Regierung will ein restriktives Programm für Asylbewerber und Migranten umsetzen. Damit dürfte der Druck auf Deutschland steigen, weil ein Aufenthalt in Österreich wesentlich unattraktiver wird.
21.12.2017 01:58
Lesezeit: 2 min

Österreichs neuer Bundeskanzler Sebastian Kurz will verstärkt gegen die "illegale Migration" kämpfen und sich für den Schutz der EU-Außengrenzen einsetzen. "Unser Weg wird nicht beendet sein, bevor es nicht wieder mehr Ordnung und Sicherheit in unserem Land gibt", sagte der konservative Politiker am Mittwoch bei seiner ersten Rede im Wiener Parlament.

In den vergangenen Jahren seien die Entwicklungen in Österreich nicht immer positiv gewesen, sagte Kurz. "Gerade die Flüchtlings- und Migrationskrise hat dazu geführt, dass sich die Sicherheitssituation, aber auch das Zusammenleben in Österreich zum Negativen entwickelt hat." In dem 180 Seiten starken Regierungsabkommen haben sich ÖVP und FPÖ unter anderem auf eine härtere Asylpolitik geeinigt. So sollen Geldleistungen für Asylberechtigte gekürzt werden und verstärkt auf Sachleistungen gesetzt werden.

ÖVP-Chef Kurz wurde zu Wochenbeginn als Kanzler vereidigt, nachdem er sich mit der Freiheitlichen Partei (FPÖ) auf eine Koalition geeinigt hatte. Die Koalition will die staatlichen Leistungen massiv kürzen. So soll die Mindestsicherung gekürzt werden. Das Profil berichtet, dass dies Auswirkungen auf die Wohnungssituation von vielen Asylbewerbern haben dürfte: "Von den 45.000 Asylberechtigten, die aktuell in Wien leben und Mindestsicherung beziehen, sind fast 100 Prozent am privaten Wohnungsmarkt untergekommen. Was passiert nun, wenn die Regierung ihr Ziel durchboxt und die Mindestsicherung von 840 Euro pro Person auf 520 Euro zusammenkürzt bzw. den Bezug für Familien bei 1500 Euro deckelt?" Den Asylbewerbern soll das Bargeld abgenommen werden - als Beitrag zur staatlichen Unterstützung, wie die Kronen-Zeitung berichtet: "Allen Migranten soll sofort bei der Asylantragstellung das gesamte Bargeld abgenommen werden. Damit soll ein zumindest kleiner Teil der hohen Grundversorgungskosten finanziert werden."

Interessant: Mit den Fluchtursachen - den Kriegen mit westlicher Beteiligung - hält sich das Regierungsprgramm eher bedeckt. Zwar werden Abrüstung und Neutralität als Werte hervorgehoben. Doch trotz Neutralität will Österreich weiter "am Kampf gegen religiösextremistische Ideologien (z.B. politischer Islam) auftreten". Unter diesem Übertitel läuft aktuell ein großer Teil des "Kriegs gegen den Terror", der maßgeblich zu vielen Fluchtbewegungen aus dem Nahen Osten und aus Nordafrika geführt hat.

Die Pläne im Detail laut Regierungsprogramm:

− Neukodifizierung des gesamten Asyl- und Fremdenrechts

− Auslesen beziehungsweise Wiederherstellen von Handydaten und anderen elektronischen Kommunikationsmitteln (z.B. Soziale Medien) zur Erhebung der Reiseroute und bei unklarer Identität

− Erweiterung der Verordnung sicherer Herkunftsstaaten

− Beschleunigte Aberkennung des Schutzstatus bei Heimreisen

− Ex lege Asylantragstellung für nachgeborene Kinder von Asylwerbern

− Verkürzung der Beschwerdefristen in beschleunigten Verfahren mit Anwaltspflicht

− Negative Feststellung von Identitäten, wenn eine positive Feststellung nicht möglich ist

− Ausschluss der außerordentlichen Revision an den Verwaltungsgerichtshof bei Asylverfahren

− Kompetenzverschiebung für Deutsch für Asylwerber mit hoher Anerkennungswahrscheinlichkeit in das für Integration zuständige Ressort

− Konsequente Rückführung abgelehnter Asylwerber

− Keine weiteren aufenthaltsverfestigenden Maßnahmen bis zum rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens

− Nur mehr Sachleistungen, keine individuelle Unterbringung, eigenverantwortliche

Haushaltsführung

− Abnahme von Bargeld bei Asylantragstellung zur Deckung der Grundversorgungskosten

− Einschränkung der ärztlichen Verschwiegenheitspflicht bei grundversorgungsrelevanten Erkrankungen oder Einschränkungen

− Verbot, Ehemänner von Kinderbräuten mit der Obsorge zu betrauen

− Im Familiennachzug werden Kinderehen, Zwangsehen und Mehrfachehen nicht anerkannt

− Schaffung von Brückenklassen zur Erlangung von Deutschkenntnissen in Grundversorgungseinrichtungen

− Gesetzliche Klarstellung, dass ein Wohnsitz in einer Grundversorgungseinrichtung

keinesfalls ein fester Wohnsitz im Sinne von § 173 Strafprozessordnung ist

− Einführung eines elektronisch überwachten Hausarrests für straffällig gewordene Personen in Grundversorgungseinrichtungen als gelinderes Mittel zur Verfahrenssicherung

− Erleichterte Einbringung von Geldleistungen aus Schadenersatzansprüchen im Wege eines Sonderexekutionsrechts analog der Gehaltsexekution bei Drittstaatsangehörigen, die öffentliche Unterstützungsleistungen beziehen (GVS, BMS, Kindergeld)

− Bis Ende 2018 Durchgriffsrecht nur mehr auf Bundeseigentum in Anspruch nehmen

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen Vonovia-Aktie: Warum die Wohnungskrise für die nächste Bundesregierung endlich Priorität haben muss
23.01.2025

Diese Woche wird Rolf Buch, CEO des größten Immobilienkonzerns in Deutschland, die Übernahme der umstrittenen Deutsche Wohnen in Berlin...

DWN
Politik
Politik YouGov-Wahlumfrage: AfD und SPD gleichauf - CDU rutscht ab
22.01.2025

In der neuesten Wahlumfrage von YouGov kann die SPD deutlich zulegen. Die AfD verliert dagegen. Beide Parteien liegen nun gleichauf. Auch...

DWN
Politik
Politik Messerattacke: Aschaffenburg betrauert nach Gewalttat zwei Tote - was wir wissen
22.01.2025

Am Mittwochmittag wurde die Stadt Aschaffenburg von einer schrecklichen Gewalttat erschüttert. Ein 28-jähriger Mann attackierte nach...

DWN
Politik
Politik Wann greift Russland an? Geheimdienste rechnen mit 2028
22.01.2025

Russischer Angriff ab 2028? Geheimdienste warnen davor, dass Russland die EU in den kommenden Jahren an der Ostgrenze angreift. Laut...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bundesbank - Schwäche der deutschen Wirtschaft hält an, aber es gibt Hoffnungsschimmer
22.01.2025

Der Bundesbank zufolge ist ein Aufschwung in der deutschen Wirtshaft ist vorerst nicht in Sicht. Dafür gibt es mehrere Gründe. Doch etwas...

DWN
Technologie
Technologie Projekt "Stargate" - OpenAI und Trump setzen auf KI-Rechenzentren für die Zukunft
22.01.2025

OpenAI und bedeutende Technologie-Partner investieren 500 Milliarden Dollar in neue Rechenzentren für Künstliche Intelligenz (KI). Das...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Mogelpackung des Jahres: Granini Trinkgenuss Orange enttäuscht Verbraucher - wie Sie Mogelpackungen erkennen
22.01.2025

Verbraucher fühlen sich getäuscht: Der "Granini Trinkgenuss Orange" wurde von der Verbraucherzentrale Hamburg zur "Mogelpackung des...

DWN
Politik
Politik Scholz in Paris bei Macron: „Europa wird sich nicht ducken“
22.01.2025

Zwei Tage nach der Vereidigung Trumps stimmen Scholz und Macron sich ab, wie sie mit dem Kurswechsel in der US-Politik umgehen wollen. Sie...