Finanzen

Duisburg wird zu Logistik-Hub für Chinas Seidenstraße

Für das chinesische Projekt der Neuen Seidenstraße wird in Deutschland besonders Duisburg eine wichtige Rolle spielen.
13.01.2018 22:46
Lesezeit: 4 min

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Die Stadt Duisburg wird auf der Route der neuen chinesischen Seidenstraße als Knotenpunkt eine wichtige Rolle spielen. Die Stadt mit einer halben Million Einwohner in der Nähe des Zustroms von Rhein und Ruhr und in der Nähe von Flughäfen, Autobahnen, Eisenbahnverbindungen und Seehäfen war über Jahrhunderte hinweg ein Handelszentrum. China ist darum bemüht, Duisburg als Knotenpunkt zu nutzen, um chinesische Waren in Europa abzusetzen.

„Duisburg ist mit Abstand der wichtigste europäische Dreh- und Angelpunkt für chinesische Züge (...). Auf jeder Karte, die man in China sieht, sind zwei Städte für Deutschland abgebildet: Berlin und Duisburg – sehr oft ist Duisburg ein bisschen größer gedruckt”, zitiert Politico Erich Staake, den Vorsitzenden der Duisburger Hafen AG.

Wöchentlich passieren rund 25 chinesische Züge den Bahnhof Duisport – beladen mit Konsumgütern aus Städten wie dem Elektronik-Zentrum Chongqing oder Yiwu, wo schätzungsweise zwei Drittel aller Weihnachtsdekorationen der Welt hergestellt werden.

Einige fahren weiter nach London oder Madrid, während andere in Duisburg entladen werden. Der 2,1 Millionen Quadratmeter große Warehouse-Komplex von Duisburg bietet Logistikunternehmen die Möglichkeit, Waren für die Distribution zu lagern. Die Deutsche Bahn fährt viele der China-Züge quer durch Europa und schätzt, dass 2016 40.000 Container entlang der Seidenstraße transportiert wurden. Bis 2020 sollen es 100.000 werden. Das ist immer noch ein Bruchteil des Seeverkehrs – wo ein einzelnes großes Schiff ungefähr 20.000 Container transportieren kann.

Jacopo Maria Pepe von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik sagt, dass der chinesische Transit Duisport dabei geholfen habe, sich von einem inländischen Versandzentrum für den lokalen Handel zu einem „kontinentalen Konsolidierungs- und Verteilungszentrum für Mittel- und Osteuropa” zu entwickeln.

Dies habe dazu beigetragen, die Beschäftigung in einer vom Abschwung der Stahl- und Kohleindustrie in Deutschland stark betroffenen Stadt anzukurbeln. „In den 1990er und frühen 2000er Jahren haben die hohe Arbeitslosigkeit und die Deindustrialisierung die Stadt und den Hafen besonders hart getroffen”, so Pepe. Staake meint, dass seit der Übernahme von Duisport durch die Duisburger Hafen AG im Jahr 1998 die Beschäftigungszahl in Duisport von 19.000 auf 50.000 gestiegen sei.

„Seit der chinesische Staatspräsident Xi Jinping 2014 in Duisburg war, hat sich die Zahl der chinesischen Unternehmen, die sich hier niedergelassen haben, erhöht”, so Ralf Meurer, Geschäftsführer der Beratungsgesellschaft GFW Duisburg. YXE International Container Train, der Betreiber des regulären Zuges, der Duisburg mit Yiwu verbindet, eröffnete im Sommer ein Büro in Duisburg, um den Ausbau der Verbindungen zwischen Duisburg und Yiwu ausbauen zu können.

Nach Angaben von Pepe ist der Duisburger Hafen die einzige erfolgreiche Geschichte im Verlauf des Strukturwandels in Deutschland.

Eine Fracht kann per Bahnlinie doppelt so schnell wie über den Seeweg versendet werden. Zudem ist der Bahntransport wesentliche günstiger als der Transport auf dem Luftweg.

Die neue Seidenstraße umfasst zwei Routen. Eine Route verläuft über den Landweg und die andere über den Seeweg. Die Landroute beginnt im chinesischen Xian und verläuft über Zentralasien nach Duschanbe in Tadschikistan. Von da aus verläuft die Route über Turkmenistan, den Iran, Nordirak, Nordostsyrien, Türkei, Bulgarien, Rumänien, Ukraine, Russland (Moskau), Weißrussland, Polen, Deutschland und die Niederlande (Rotterdam). Von Rotterdam aus verläuft die Route durch Österreich bis nach Italien (Venedig).

Die Seeroute beginnt im chinesischen Fuzhou und verläuft von da aus nach Jakarta. Ab Jakarta geht es weiter nach Colombo in Sri Lanka, Kolkata in Indien und von dort aus nach Nairobi in Äthiopien. Von Nairobi aus erstreckt sich der Seeweg über den Golf von Aden und den Suezkanal nach Athen und dann nach Italien. Die Seeroute endet in Venedig und trifft dort mit der Landroute der neuen Seidenstraße zusammen.

Für Deutschland verspricht die neue Seidenstraße lukrative kommerzielle Möglichkeiten.

„Das (die neue Seidenstraße, Anm. d. Red.) ist kein Werbegag und nicht symbolisch (...). Es ist getrieben von geostrategischen Gründen der chinesischen Regierung, ihren Einfluss in anderen Teilen der Welt zu vergrößern. Aber es bietet viele Möglichkeiten.”

Der Vorteil von Duisport besteht darin, dass es einen Zugang zum neuen europäischen Fertigungszentrum und zum Netzwerk deutscher Fabriken bietet, die mit Zulieferern und Montagewerken in ganz Mitteleuropa verbunden sind.

Staake sagt, dass die Duisburger Hafen AG im vergangenen Jahr einen Kooperationsvertrag mit dem Hafen von Triest unterzeichnet hat. Ihm geht es darum, die maritimen und Schienenwege der neuen Seidenstraße miteinander zu verbinden. Dadurch soll die Stellung Duisburgs gefestigt werden. Denn der Bau der Eisenbahnlinie zwischen Budapest und Belgrad, der auch von China unterstützt wird, könnte die Stellung Duisburgs im Rahmen der neuen Seidenstraße untergraben.

Chinas Interesse am Ausbau des Bahnnetzes auf der neuen Seidenstraße ist groß. „Der Grund dafür ist sehr einfach. Wir haben viel mehr Importvolumen aus China als Exportwert nach China”, so Staake.

Allerdings könnte sich das Handelsdefizit schließen, da chinesische Kunden vermehrt auf europäische Hersteller von Lebensmitteln setzen. China wurde bisher von mehreren Lebensmittelskandalen heimgesucht, was das Interesse von Chinesen an europäischen Herstellern von Milchpulver geweckt hat. Nach Angaben von Staake gebe es auch die Möglichkeit, die Eisenbahn für den Versand von E-Commerce-Waren und Autoteilen zu nutzen. Doch dazu müsse China weiterhin in die gesamte Strecke im Umfang von 12.000 Kilometern an Bahnverbindungen und Verkehrsknotenpunkten investieren.

Stimmen aus der Region

Metropole Ruhr berichtet: „Über die 11.000 km lange Zugverbindung zwischen Ostasien und Duisburg lassen sich Waren umweltfreundlich, schneller als mit Containerschiffen und kostengünstiger als per Luftfracht transportieren. Vom größten Binnenhafen der Welt können sie optimal innerhalb Europas verteilt werden. Und wenn der Export mal schneller gehen muss, sind auch die großen deutschen Flughäfen nicht weit entfernt. Duisburg liegt am Ende der neuen Seidenstraße und wird gerade das Eingangstor für chinesische Unternehmen, die sich für den Investitionsstandort Metropole Ruhr interessieren.”

Das Konfuzius-Institut Metropole Ruhr führt aus: „Durch die direkte Verbindung nach China hofft man im Ruhrgebiet auf chinesische Investitionen und Unternehmensansiedlungen, auf eine Vitalisierung der Industrie, der Dienstleistungen und des Arbeitsmarktes (beispielsweise durch den Ausbau des Logports). Längerfristig ist denkbar, dass Personenzüge die neue Strecke nutzen. Das könnte den kulturellen Austausch weiter beflügeln und den Ausbau des Tourismus voranbringen.”

Nach Angaben des China Business Network Duisburg (CBND) sollen bis 2020 jährlich 3.000 Züge zwischen Duisburg und der Hauptstadt der Provinz Sichuan verkehren.

Der Hauptgeschäftsführer der IHK Niederrhein, Dr. Stefan Dietzfelbinger, reiste im Dezember mit einer Delegation nach Peking. Dietzfelbinger sagte: „Die neue Seidenstraße eröffnet der Wirtschaft am Niederrhein hervorragende Kooperationsmöglichkeiten mit Unternehmen und Investoren in China. Durch diese Zugverbindung ist das Logistikdrehkreuz in Duisburg auch international in den Fokus gerückt.

China ist für Duisburg zu einem strategischen Markt geworden. „Der Yuxinou-Zug ist mehr als ein Zugsystem, er ist ein Symbol für eine neue Qualität in der Handelspartnerschaft unserer Länder“, zitiert das Duisport Magazin Staake.

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