Politik

Aktivisten gegen Schulz: Ungewöhnlich viele Neueintritte bei der SPD

Lesezeit: 2 min
24.01.2018 01:15
Die SPD registriert bundesweit eine ungewöhnlich hohe Zahl an Neueintritten. Es könnte sich um Aktivisten handeln, die die Koalition mit der Union verhindern wollen.
Aktivisten gegen Schulz: Ungewöhnlich viele Neueintritte bei der SPD

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Nach der knappen Niederlage der Koalitionsgegner in der SPD vom Sonntag verzeichnet Partei eine ungewöhnlich viele Neueintritte. Seit dem Sonderparteitag in Bonn am Sonntag wurden bislang rund 1700 Aufnahmeanträge registriert, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag ergab. Die Jusos als entschiedene Gegner einer Neuauflage der großen Koalition hatten dazu aufgerufen, in die SPD einzutreten. Denn über einen möglichen Koalitionsvertrag sollen am Ende alle der zuletzt mehr als 440.000 SPD-Mitglieder abstimmen. Sie haben damit das letzte Wort.

Die FT vermutet, es könne sich um "Aktivisten" handeln, die die Große Koalition zu Fall bringen wollten.

Die Stimmen der Neumitglieder könnten am Ende das Zünglein an der Waage sein. Die Mehrheit beim Parteitag für die Aufnahme von GroKo-Verhandlungen war derart knapp, dass der Ausgang dieser Mitgliederbefragung unberechenbarer ist denn je.

Ob die Neulinge aber auch tatsächlich abstimmen dürfen, steht noch nicht abschließend fest. Ein Sprecher der thüringischen SPD sagte, der SPD-Parteivorstand in Berlin müsse noch Zeitplan und Richtlinien für den Mitgliederentscheid festlegen. Darin werde auch definiert, wer stimmberechtigt sei und wie lange jemand Mitglied sein müsse, um mit über eine große Koalition abstimmen zu dürfen. Im Organisationsstatut der SPD heißt es allerdings, dass der zuständige Ortsvereinsvorstand über die Aufnahme neuer Mitglieder innerhalb eines Monats entscheiden muss. Spätestens am 23. Februar also müssten die bis Dienstag eingegangenen Eintrittsgesuche bearbeitet sein.

Derzeit ist allerdings auch noch unsicher, wann die Verhandlungen für die GroKo überhaupt starten – wahrscheinlich Ende dieser Woche. Wie lange sie dauern, kann niemand prognostizieren. Einen Abschluss nach zwei Wochen – wie von Unions-Politikern gewünscht – halten einige Genossen für ausgeschlossen. Ein Ergebnis würde also voraussichtlich frühestens in der zweiten Februarwoche erzielt werden können. Die Mitgliederabstimmung nach einer Einigung dauert dann noch mal drei Wochen. Demnach könnten die Neumitglieder – rein von den Fristen – mit abstimmen, da der Entscheid bis mindestens Ende Februar laufen müsste. Ihr Abstimmungsverhalten ist allerdings nicht prognostizierbar.

Bei fast allen Landesverbänden wurden bislang nur die Online-Anträge gezählt, die auf Papier noch gar nicht erfasst sind. Im mitgliederstärksten Verband der SPD wurden auch die meisten Neueintritte verzeichnet: Allein in Nordrhein-Westfalen seien bis Dienstagmorgen mehr als 520 Aufnahmeanträge online eingegangen, sagte ein Parteisprecher.

Neueintritte im dreistelligen Bereich verzeichneten seit Sonntag auch die SPD-Landesverbände in Hessen (190), Berlin (mehr als 170), Baden-Württemberg und Niedersachsen (je rund 150), Rheinland-Pfalz (mehr als 100), Bayern (100). Aber auch kleinere Landesverbände registrierten Eintritte in deutlich höherer Zahl als sonst üblich: So zählte Hamburg zwischen Sonntagabend und Dienstagmittag 67 Anträge, Schleswig-Holstein mehr als 60, Brandenburg registrierte 32 Eintrittsanträge, Sachsen mehr als 30, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern je 28, Sachsen-Anhalt 27, das Saarland 18 und Bremen 15.

Sprecher verschiedener Landesverbände teilten mit, die Zahl der Eintrittsanträge sei überdurchschnittlich und die Zahl der Austritte liege deutlich darunter. So sagte der Sprecher der sachsen-anhaltischen SPD: «Als kleiner Landesverband ist das für uns innerhalb von zwei Tagen exorbitant viel.» Der Generalsekretär der SPD Rheinland-Pfalz, Daniel Stich, meinte, der kräftige Mitgliederzuwachs in den vergangenen Tagen betreffe nicht nur Jusos, sondern Menschen aus allen Altersgruppen. Das bestätigten auch andere Landesverbände.

Derweil wandte sich der Sprecher der Parlamentarischen Linken der SPD-Bundestagsfraktion, Matthias Miersch, gegen Parteieintritte nur zum Zweck der Teilnahme am Mitgliederentscheid über eine große Koalition. «Probleme habe ich, wenn suggeriert wird: Tretet ein, und dann könnt ihr auch abstimmen, und dann könnt ihr wieder austreten», sagte Miersch in der ARD. Ähnlich äußerte sich auch einer der Hauptinitiatoren für Parteieintritte. Der Juso-Vorsitzende Kevin Kühnert sagte der «Rheinischen Post» (Mittwoch): «Wir wollen Neumitglieder werben, die aus Überzeugung in die SPD eintreten, weil sie unsere Grundwerte teilen.»

Die Jusos Nordrhein-Westfalen hatten dazu aufgerufen, schnell in die Partei einzutreten, um beim Mitgliederentscheid über den Koalitionsvertrag mit Nein zu stimmen. Die Junge Union Rheinland-Pfalz warf ihnen daraufhin per Twitter Sabotage der SPD vor. Neinsager gingen zu den Jusos, sie selbst suchten junge Menschen, die gestalten wollten. Aber auch bei den Jusos selbst sind sich längst nicht alle einig. So erklärten die Jusos Bottrop, sie lehnten die Mitgliederkampagne ab.

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