Deutschland

Deutsche Wirtschaft kritisiert Große Koalition scharf

Lesezeit: 2 min
07.02.2018 11:45
Vertreter der deutschen Wirtschaft haben die zwischen Union und SPD getroffenen Vereinbarungen scharf kritisiert.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Politik  

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Der heute veröffentlichte Entwurf für einen Koalitionsvertrag bei den Verhandlungen von Union und SPD hat in der Wirtschaft durchwachsene Reaktionen ausgelöst. „In der Gesamtschau ist die deutsche Industrie mit dem Koalitionsvertrag unzufrieden“, erklärte der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Dieter Kempf. Beim Geldausgeben bestehe „eine klare Schieflage in Richtung Umverteilung anstatt in Zukunftssicherung“, kritisierte Kempf.

In der Steuerpolitik fehle trotz guter wirtschaftlicher Lage „der Mut zu spürbaren Entlastungen und zu Strukturreformen“, erklärte der BDI-Präsident. Deutschland müsse sich dringend dem internationalen Steuerwettbewerb stellen. „Wir vermissen ein klares Bekenntnis zur steuerlichen Förderung von Forschung und Entwicklung“, fügte der BDI-Präsident hinzu. Die steuerlichen Anreize für die Gebäudesanierung seien „kraftlos und zu wenig substanziell“. Auch in der Digitalisierung sei „der große Wurf nicht erkennbar“.

Zuletzt hatte sich der Wirtschaftsrat der CDU in einem offenen Brief sehr kritisch zur europapolitischen Ausrichtung der Parteispitze geäußert.Die CDU sei dabei, unter Bundeskanzlerin Merkel zentrale Kernelemente wie das Bekenntnis zur Subsidiarität, Eigenverantwortung und das Pochen auf Einhaltung wichtiger Ordnungselemente aufzugeben.

Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Eric Schweitzer, erklärte, dass er sich im Sinne der deutschen Wirtschaft „mutigere Entscheidungen“ gewünscht hätte. Die Wirtschaft freue sich zwar über „einige gute Zukunftsinvestitionen“, ein großer Schwachpunkt sei aber der Verzicht auf Steuerentlastungen – „und das zu einem Zeitpunkt, an dem wichtige Standortkonkurrenten die Steuern senken“, kritisierte Schweitzer.

Nach einem rund 24-stündigen Verhandlungsmarathon war Union und SPD bei den Gesprächen am Mittwochmorgen ein Durchbruch gelungen. Zuvor hatte es stundenlang vor allem bei den Streitthemen in der Gesundheits- und Arbeitsmarktpolitik gehakt. Am frühen Nachmittag soll die große Verhandlungsrunde von CDU, CSU und SPD noch einmal zusammenkommen, um über das Ergebnis zu beraten.

Mittelstandspräsident Mario Ohoven verspricht sich für die deutsche Wirtschaft wenig von der sich offenbar anbahnenden Wiederauflage einer großen Koalition. „Der Entwurf des Koalitionsvertrages lässt mehr Fragen offen, als dass er Antworten gibt“, sagte der Präsident des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft (BVMW) am Dienstagabend der Nachrichtenagentur Reuters. An keiner Stelle des bereits bekanntgewordenen Vertragsentwurfs, der allerdings noch offene Punkte enthält und von den Parteispitzen noch nicht gebilligt wurde, werde erkennbar, wie Deutschland auf die Herausforderungen der Zukunft fit gemacht werden solle. „Die Abkürzung GroKo steht für große Kosten, wenig Zukunft und viel Vergangenheit“, kritisierte Ohoven den bisherigen Verhandlungsstand.

Er warf Schwarz-Rot vor, sich den Koalitionsfrieden mit viel Geld erkaufen zu wollen. Angesichts des wachsenden internationalen Steuerwettbewerbs zeichneten sich zudem gravierende Nachteile für die Betriebe des deutschen Mittelstands ab. Mit steuerlichen Entlastungen könne der trotz sprudelnder Steuerquellen kaum rechnen. Zugleich drohten wegen milliardenschwerer „Sozialgeschenke“ Gefahren für die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands. Im Vordergrund stehe bei den Unterhändlern das Verteilen des Erwirtschafteten. Die Frage, wie der Mittelstand gestärkt werde, bleibe unbeantwortet.


Mehr zum Thema:  

DWN
Politik
Politik Macht er Cash oder wird er Präsident? Donald Trumps Haltefrist bei Truth Social endet
19.09.2024

Truth Social ist vermutlich Donald Trumps beste Investition gewesen, seit Jahrzehnten - ever, ever! Besser als seine Hotels und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen ifo-Geschäftsklima: Konstanter Abwärtstrend auch für Selbstständige in Deutschland
19.09.2024

Die gesamtwirtschaftliche Lage ist schlecht, von Erholung nach der Sommerpause keine Spur: Auch das Geschäftsklima bei Selbstständigen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Demografie und Fachkräftemangel: Ältere länger im Job halten - eine Studie sieht Millionenpotenzial
19.09.2024

Weiterbeschäftigung statt Rente: Wer das Renteneintrittsalter erreicht hat, aber dennoch länger arbeitet, soll mehr Wertschätzung und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Handelsregistergebühren sollen kräftig steigen – eine weitere teure Belastung für Unternehmen!
19.09.2024

Das Bundesjustizministerium will die Gebühren für den Handelsregistereintrag um 50 Prozent erhöhen. Ein besserer Kostendeckungsgrad soll...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Wettlauf um Bodenschätze: Bundesregierung legt Rohstofffonds auf
19.09.2024

Deutschland ist ein rohstoffarmes Land. Unternehmen sind deshalb auf Lieferungen aus dem Ausland angewiesen. Mit einem Rohstofffonds der...

DWN
Politik
Politik Betriebliche Altersvorsorge soll attraktiver werden
19.09.2024

Bislang verfügt nur ein Teil der Beschäftigten in Deutschland über eine betriebliche Rente. Das soll sich nach dem Willen der...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Erste Lithium-Raffinerie: Wie Deutschland vom Ausland unabhängig und autark wird
19.09.2024

Reiner Haseloff, der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, hatte diese Woche dann doch Grund zum Feiern und Lächeln. In Bitterfeld-Wolfen...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Zwischen Macht und Verantwortung: Wie Gewerkschaften den deutschen Arbeitsmarkt beeinflussen
19.09.2024

Brauchen wir Gewerkschaften oder schaden sie der Volkswirtschaft? Hohe Lohnforderungen und Streikdrohungen könnten den deutschen...